Wie die Menschenrechte zu den Minderheitsrechten wurden

Nach der Katastrophe des zweiten Weltkrieges kamen viele Menschen zu dem Schluss, dass Regierungen nicht das Recht haben sollten mit der eigenen Bevölkerung zu tun was sie mit ihnen tun möchten, vor allem Deutschland stand in dieser Frage natürlich im Rampenlicht.

Die Menschenrechte von 1948 wurden daher ähnlich entworfen wie die Verfassungen in der angelsächsischen Sphäre: als Begrenzung der Macht des Staates. Wie wir alle wissen begrenzt das Gesetz was das Volk tun kann, die Handlungsfähigkeit der Regierung wird aber in den meisten Systemen durch Nichts beschränkt. Die Idee entsprechende Limitationen (Verfassungen) festzuhalten gab es in der Geschichte gelegentlich, die meisten Regierungen tun es aber nicht. Aus naheliegenden Gründen.

Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte sollte das ändern. Die Idee war die Menschenrechte universal zu formulieren und dann, mittels Verweis in Verfassungen, lokal umzusetzen.

Für Nationen die sich bereits an diesen Standard halbwegs hielten war das kein echtes Problem, für Nationen deren Regierungsform auf Terror und Angst basierte, also die Mehrheit aller Regierungen, waren die Menschenrechte ein Problem. Vor allem die Sowjetunion, die universale Menschenrechte toll fand, weil es einen universalen Menschen implizierte, konnten den Menschenrechten nicht den Rücken zukehren, das wäre ein PR Alptraum gewesen. Die Einschränkungen waren aber für die sozialistischen Regime untragbar.

In den folgenden Jahrzehnten arbeitete der Ostblock also fieberhaft daran die Menschenrechte auf den Kopf zu stellen und der Schlüssel dazu waren die Minderheitenrechte. Die ursprünglichen Menschenrechte waren defakto Rechte des Bürgers die die Handlungsfähigkeit der Regierung einschränkte. Die Idee war nun vorzuschlagen explizit auch Minderheiten zu schützen.

Das klang gut, auch in den Ohren des Westens.

Minderheitenschutz bedeutet aber eben eine Minderheit im Volk vor dem Volk zu schützen und der Einzige der das tun konnte war die Regierung.

Minderheitenrechte garantieren also der Regierung Sonderrechte wenn es darum ging für Minderheiten einzustehen. Man konnte also plötzlich Alles tun: Rede limitieren, Menschen inhaftieren, Ansichten oder politische Bewegungen verbieten, wenn man nur deklarierte dass das im Sinne einer Minderheit war. Und Minderheiten konnten eben alles sein, sogar Gruppen die mehr als die Hälfte der Bevölkerung umfassten.

Seither sehen wir einen gewissen Creep weg von Menschenrechten und hin zu Minderheitenrechte, vorwiegend weil absolut jede Regierung verstanden hat, dass dieses Werkzeug ihnen gestattet die verhassten Menschenrechte zu untergraben und wieder das zu tun was sie tun möchte: die Bürger dorthin zu führen wo man sie haben will, nicht dorthin wo die Bürger gern sein möchten.

Minderheiten werden, vor allem in demokratischen Systemen, als Stimmmultiplikator verwendet. Man kann Dinge gegen den Volkswillen durchbringen und dennoch als der Gute gelten. Die Minderheiten klatschen, verstehen aber nicht, dass im Kleingedruckten üblicherweise Dinge stehen die ihnen auch auf den Kopf fallen werden. Schlimmer noch, sie werden genau für diese Dinge dann zur Rechenschaft gezogen. Minderheiten werden also als Grund für die Einschränkungen der Bürgerrechte und dann später als Blitzableiter missbraucht und erkennen das üblicherweise erst wenn der Blitz eingeschlagen hat. Wenn überhaupt.

Das Problem hätte nun sein können, dass einem die Minderheiten ausgehen.

Die Lösung genau dafür ist mehr oder weniger jeden als Minderheit zu deklarieren, weil man so jeden im Volk, je nachdem wie er einem zu Gesicht steht, als Mehrheit oder Minderheit verwenden kann.

Minderheiten die das wollen was die Regierung will (üblicherweise mehr Macht und Geld für den Staat) werden gefördert und alle anderen werden als Mehrheitsgesellschaft bezeichnet und deklariert, dass ihre Stimmen weniger wert sein müssen als die Stimmen der armen, unterdrückten Minderheiten.

Fakt ist aber, dass die Minderheitenrechte schon durch die Menschenrechte abgedeckt sind. Die Minderheitenrechte stärken das Menschenrecht nicht, sondern schwächen es und das war vermutlich auch der Plan.

Gewisse Menschengruppen bewusst anders zu behandeln ist genau das was die Menschenrechte verhindern sollten und jetzt stehen wir wieder in etwa da wo wir standen bevor wir sie hatten.

Die deutsche Regierung kann wieder postulieren dass jemand in ihrem Land eine andere Gruppe ausbeutet und es daher ihre Aufgabe ist „den gerechten Zustand“ wieder herzustellen.

Wenn möglich mit Gewalt.

Das ist aber eine Ansicht die dem geschichtlich Interessierten die Gänsehaut über den Körper jagen sollte.

Die zentrale Wahrheit ist aber dass die kleinste und verwundbarste Minderheit im Staat der Einzelne ist und daher der Schutz jedes einzelnen, die Gleichbehandung aller, die ultimative Lösung darstellen würde, eine Lösung die aber eben nicht im Interesse der Führer liegt.

Die Minderheitsrechte sind, leider, nicht was sie vorgeben zu sein. Am Ende des Tages werden sie genauso benutzt wie Lenin seine nützlichen Idioten (Полезный идиот) missbrauchte, bewusst opferte oder gar entsorgte, wenn sie ihre Funktion erfüllt haben. Am Ende zahlen die Minderheiten den Preis für die Verbrechen der Führer und das ist eine Tragödie in beständiger Entwicklung.

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Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 26.01.2023 21:39:45

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