Warum Österreich? Teil neun einer Fluchtgeschichte

… Nach ungefähr zwei Stunden wachte ich auf. Nach einer weiteren Stunde erreichten wir eine verlassene Gegend. Wir stiegen aus, und die drei Männer sagten zu uns: „Wir bringen euch in ein sicheres Haus, dort bleibt ihr einige Tage. Dann bereiten wir alles vor, um euch sicher außer Landes zu bringen.“ Wir konnten sie kaum verstehen, weil ihr Englisch sehr schlecht war. Wir stapften etwa zwei Stunden durch den Schnee - ohne Essen, nur mit etwas Wasser, das vom Vortag übrig geblieben war. Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir eine von hohen Schneewächten umgebene Holzhütte mitten im dichten Wald. Es war unglaublich kalt…

Wir betraten dieses „Haus“- dort gab es nur zwei Zimmer ohne fließendes Wasser, ohne Toilette. In einem der Räume sollten wir schlafen, der andere sah einer „Küche“ ähnlich, mit einem Tisch, Holzstühlen und einem kleinen Petroleumofen, der aber nicht funktionierte- ohne Strom… Im „Schlafzimmer“ standen ein großes Holzbett, das ziemlich demoliert war und ein total verdrecktes Sofa, dessen Matratzen ebenfalls schmutzig und zerrissen waren. Der Geruch war schrecklich- eine Mischung aus Schmutz und Exkrementen. In dieser Behausung gab es nur zwei Fenster und eine Tür, innen war es zwar gleich kalt wie draußen, aber wenigstens schneefrei… Es dauerte nur einige Augenblicke, bis ich einen Eindruck von dieser Umgebung gewonnen hatte und meine Gedanken RABENSCHWARZ wurden… All meine Hoffnungen, an einen besseren Platz zu kommen, waren verschwunden, und in meinem Inneren breitete sich eine schreckliche Leere aus. Ich sagte KEIN Wort- ich bemerkte nur, dass die Männer mit Adnan und Ali Z. sprachen und sie aufforderten, einige Dinge hereinzubringen.

Ich versuchte mich zu sammeln, war einerseits wütend, andererseits enttäuscht und hoffnungslos. Ich drehte mich zu dem Mann, der ein wenig Englisch sprach und stellte ihm einige Fragen: „Ist das ein Platz für Menschen? Wie können wir hier bleiben, ohne Toilette, ohne Wasser? Wie sollen wir schlafen, in dieser furchtbaren Kälte, in diesem schrecklichen Gestank, der uns kaum atmen lässt? Wie lange müssen wir hier aushalten? Gibt es Essen für uns? Kennt Moosadak unsere Situation? Ich habe dafür bezahlt, in ein sicheres Land zu gelangen und auf der Flucht wie ein menschliches Wesen behandelt zu werden.“ Ich bemühte mich sehr, ihm meine Riesenwut nicht zu zeigen, es fiel mir unendlich schwer. Er antwortete mir sehr bestimmt: „Natürlich weiß Moosadak Bescheid, wir kommen ja von ihm. Ihr müsst nur drei Tage hier bleiben, geht aber nicht hinaus, denn die Polizei ist auf der Suche nach Flüchtlingen, und viele eurer Kollegen sind schon verhaftet worden. Ihr dürft auch kein Feuer machen, es besteht die Gefahr, entdeckt zu werden. Ihr bekommt Essen für euren Aufenthalt…“ Und dann sagte er noch einmal: „Es dauert nur drei Tage…“ Danach erhielten wir unsere Essensration- einen großen Sack mit Brot, Würsten und einem gebratenen Huhn. Zum Trinken bekamen wir zwei Flaschen Cola und eine große Kanne mit Wasser.

Und dann… Die Männer verließen das Haus und sperrten die Tür von außen zu- wir waren gefangen…

Wir drei schauten einander an und schwiegen eine Weile. Dann sagte ich meinen Freunden, wie wir weitermachen würden: „Wir müssen unser Essen für die nächsten Tage gut einteilen. Die Getränke sind für den großen Durst- weil wir nur auf die „Toilette“ gehen können, wenn es sehr dringend ist.“ Adnan und Ali Z. waren einverstanden und dann aßen wir sofort das Hühnchen, weil wir sehr hungrig waren. Anschließend stopften wir einige umherliegende Zeitungen in die Löcher der Holzmauer und bereiteten unseren Schlafplatz so gut wie möglich vor. Mein Platz war am Sofa- allein… Vor dem Einschlafen dachte ich über viele Dinge nach… Ich zwang mich sehr, nicht über meine Misere nachzudenken, sondern lenkte meine Gedanken auf alles, was ich jemals gelernt und studiert hatte, wie man solch schrecklichen Situationen begegnen und sie überwinden kann. Ich erinnerte mich an Filme, in denen derartige Themen behandelt und Lösungen geboten wurden. Es fiel mir schwer, nicht total wütend auf diese Männerzu werden, die uns eingesperrt hatten. Ich sagte zu mir selbst, dass sie ja nur „Handlanger“ seien, die keinerlei Entscheidungsmöglichkeit hätten. So konnte ich mich einigermaßen beruhigen.

Zufälligerweise hatten wir zwei Decken gefunden, mit denen wir uns zudecken konnten. Allerdings mussten wir unsere Nasen mit Kleidungsstücken verschließen, denn der Geruch war unbeschreiblich… Dann fiel ich in einen unruhigen Schlaf…

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fror ich fürchterlich und konnte mich kaum bewegen- ich war völlig starr vor Kälte. Ich stand auf und wollte unsere „Erd- Toilette“ benutzen, doch es war mir nicht möglich- ein beißender Gestank fuhr in meine Nase. Deshalb entschieden wir uns, unsere Notdurft nicht mehr im „Haus“ zu verrichten. Doch welche Möglichkeit hatten wir? Ich bemerkte, dass eines der Fenster nicht total verschlossen war. Adnan, der ein ausgezeichneter Mechaniker ist und sehr ruhig und besonnen reagiert, egal wie schwierig sich die Situation auch darstellt, fand eine Lösung, das Fenster zu öffnen, sodass wir hinaussteigen konnten. Ich hatte die Idee, uns eine „Outdoor- Toilette“ vor einem riesigen Baum, der in einiger Entfernung zur Hütte stand, zu machen. Wir durften auf keinen Fall bemerkt werden. Auch diese „Toilette“ stellte eine große Herausforderung dar, denn es schneite stark und war extrem kalt. Aber immerhin war es noch besser als drinnen. Und ich trug meinen Freunden auf, unsere Spuren sofort zu verwischen, bevor wir wieder ins Haus zurückgingen. In der Hütte fand ich einen großen Topf, den ich mit Schnee füllte und den Vorschlag machte, uns mit dem geschmolzenen Schnee notdürftig zu waschen. Wir saßen den ganzen Tag herum, besprachen unsere Lage und machten Späße über die vergangenen Tage, einfach um uns abzulenken und nicht verrückt zu werden. Am Abend hörte der Schneefall auf und es wurde sehr windig. Die Kälte wurde schlimmer und schlimmer. Wir aßen etwas von unserem Essen- wir entschlossen uns dazu, nur noch zweimal am Tag zu essen, damit die Lebensmittel reichen würden. Danach wollten wir schlafen, doch es war nicht möglich. Die Kälte war fast nicht ertragen. Wir zogen uns alle Kleidungsstücke an, die wir mitgebracht hatten, aber auch das nützte nur wenig. Während der Nacht hörten wir Tierstimmen- wir vermuteten Wölfe- und fürchteten uns sehr. Wir unterhielten uns darüber, was wir tun könnten, wenn die Tiere unsere Hütte erreichten und das „Menschenfleisch“ riechen würden. Wir sammelten die trockensten Dinge, die wir finden konnten, um sofort ein Feuer zu machen, sollte ein Tier unsere „Herberge“ erreichen. Im Besonderen fürchteten wir uns vor den Wölfen, die bekanntlicherweise sehr aggressiv reagieren, wenn sie hungrig sind. Aber das Glück war auf unserer Seite- es passierte nichts, und die beiden nächsten Tage vergingen ohne besondere Vorkommnisse. Nur die fast tödliche Kälte blieb…

Der dritte Tag brach an- wir warteten auf die Männer, die uns abholen sollten. Und ein Fünkchen Hoffnung flammte in meinem Inneren auf…

Fortsetzung folgt…

Why Austria?... episode 9

… After about two hours I awaked. It took us one hour more, then we reached an isolated area. We got out of the car and the three men told us, “We walk to a safe house and you wait there for some days. We will arrange everything to bring you safely out of this country.” We could hardly understand them, because their English really was bad.

We tramped about two hours through the snow- we didn´t have any food, just a bit water from the day before. It was about sunset, when we arrived at a wooden hut surrounded by high snow heaps in the middle of a thick forest. It was incredible cold…

We entered this “house”- there only were two rooms without any fluent water, without a toilet. One of these rooms was for sleeping, the other looked like a “kitchen”, with table, wooden chairs and a small paraffin-heater that didn`t work… no electricity. In the “sleeping room” there were a big wooden bed, badly damaged and a totally dirty sofa- the mattresses were tattered and old. The smell was terrible- a mixture of dirt and excrement.There only were two windows and one door in this “house”,and inside it was as cold as outside- very, very cold … The only differencewas the missing snow. It took me only two minutes to get an impression of this place and all my thoughts turned to BLACK! All my hopes coming to a better place vanished and I felt totally empty inside myself. I didn`t say any word- I only realized that the men spoke with Adnan and Ali Z. and ordered them to bring some things inside.

I tried to gather myself, was angry on one hand, disappointed and hopeless on the other one. I turned to the man who spoke a very little English and asked him some questions. “Is this a place for humans? How can we stay here without a toilet, without any water? How shall we sleep in this unbearable cold, in this terrible smell, where we can hardly breathe? How long will it take us to stay? Is there any food for us? Does Moosadak know our situation? I paid money to get in a safe country and be treated like a human during this trip.” I tried hard not to show him my big anger, it nearly was impossible… He resolutely answered me, “We are coming from Moosadak, and he knows everything. You have to stay here for three daysonly, but don`t get out, because the police is searching for refugees, and many of your collegues were captured by them. You are not allowed to start a fire, because you could be noticed. You´ll get food for the stay here…” And he told me again, “It`s for three days only …” Then we got food- a big sack with bread, sausages and one fried chicken. For drinking we had two bottles of Cola and a big jugof water.

And then… They got out and locked the door from outside. We were captured…

We three looked to each other and stayed silent for a while. Then I told my friends how to manage ourselves, “We have to divide our food for these three days. The drinking is for the big thirst- we have to portion it, because we can only go to the “toilet”, if it`s very urgent.” Adnan and Ali Z. agreed with this, and we immediately ate the chicken, because we were very hungry. Then we put some papers into the holes of the wooden house and prepared our place for sleeping as well as possible. My place was on the sofa- alone… And before I slept I thought about many things… l forced myself not to think about this miserable situation, I thought about everything I learned and studied how to pass such bad things. I remembered films showing how to behave and pass great misery. I tried hard not to get angry about these men who locked us. I said to myself that they were employees without any decision. So I could convince myself better… By chance we found two blankets to cover us, but we had to close our noses not to smell them- the smell was indescribable… Then I fell into a fitful sleep…

On the next morning I awoke, I felt myself very very cold and my bones were totally inflexible. I got up and wanted to go to our “earth toilet”, but it was terrible- an awful smell came into my nose, and so we decided not to do our “duties” inside anymore. I noticed that one of the windows was not totally fixed, so I asked Adnan, who is a very good mechanic and a man who always can manage a situation, no matter of the difficulty, if we can do something with this window to get out. He found a solution and we could get out. An idea came to my mind…I wanted to make our “outdoor-toilet” in front of a huge tree far away from the house, by no means to be noticed. But this toilet was a big challenge for us, too, because it was heavily snowing and very cold. But we did, because it was better than inside. And I told them always to cover our tracks, before we came back to the house. Then I found a big pot, put snow inside and suggested them to wash with the melted snow. The whole day we sat, spoke about our situation and made some jokes about the passing days only to distract ourselves and don`t get crazy… In the evening the snowfall stopped and the wind began to blow. It was getting colder and colder. We ate some of the food- we decided to make just two meals a day to safe the things. We wanted to sleep, but we couldn`t. The cold was hardly to stand. We wore all our clothes we had taken with us, but they didn`t really warm us well. During the night we heard voices of animals- we thought wolves- and were afraid. We spoke about the situation,what we should do, if one of the animals reached our hut and smelt the “human meat”. We gathered the driest things to start a fire very quickly if one animal came. We were especially afraid of the wolves, because we knew that they are very aggressive when they feel hungry. But the luck was with us- nothing happened and the next two days passed without any dangerous situation anymore.The deadly cold stayed...

The third day came… We waited for the men to come for us…And a modicum of hope budded inside myself…

Tobecontinued…

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robby

robby bewertete diesen Eintrag 15.07.2016 22:21:12

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