Meine Verbindung zu Thomas Bernhard; der Kunstmaler Strauch, alias Rudolf Holz

Ich bin nicht mit Thomas Bernhard verwandt und zähle auch nicht, wie meine Mutter zum Verehrer-Kreis. Bernhard hat mich persönlich in meiner Gymnasiumzeit mit geschätzten drei, gelben Reclam-Büchern begleitet, obwohl zu Hause seine Werke in gebunden Ausgaben im Bücherregal standen. Ich habe niemals Zugang zu seinem Schreibstil und auch nicht zu seinen Inhalten gefunden. Natürlich erinnere ich an manche Skandale, die damals in den 80ern durch den heimischen Blätterwald rauschten. Die Licht-aus-Aktion um Der Theatermacher und das Stück Heldenplatz sind mir immer noch geläufig.

Ich stamme mütterlicherseits aus einer bürgerlichen Beamtenfamilie. Angesehen Menschen in ihrem kleinen Kosmos, die meisten meiner Vorfahren waren Lehrer, oft auch Schuldirektoren oder Finanzbeamte. Ich erinnere mich noch gut an die Verwandtenbesuche in meiner Kindheit. Die Großonkeln und -tanten mit gängigen Namen wie Hans, Herbert, Robert oder Mitzi. Und dann gab es noch einen Bruder meines Großvaters, Rudolf, den ich nie persönlich kennenlernte, der aber trotzdem irgendwie präsent war. Der Kontakt wurde wohl irgendwann in den 40ern des vorigen Jahrhunderts abgebrochen. Es gibt die kleine Geschichte, dass besagter Großonkel in den 50ern an der Haustür meines Großvaters stand und dieser ihn nicht wiedererkannte. Das Schicksal dieses Verwandten war ziemlich tragisch. Er war künstlerisch sehr begabt, aber aus welchen Gründen auch immer in ein normales bürgerliches Leben nicht integrierbar. Das klassische schwarze Schaf der Familie. Lange Zeit lebte er bei und vom Vater, um letztlich viele Jahre mittelos bis zu seinem Tod im Jahr 1981 im Armenhaus und späteren Pflegeheim in Sankt Veit im Pongau zu verbringen. Während einer seiner Brüder als Volksschuldirektor im Ort großes Ansehen genoss. Seinen kärglichen Unterhalt bestritt er durch Auftragsarbeiten. Gerüchte besagen, es gäbe kein Haus in Sankt Veit in dem nicht ein Rudolf Holz an der Wand hängen würde. Der Lohn floss meistens umgehend in den Ankauf von Alkohol. Rudolf war im Ort als liebenswerter Einzelgänger bekannt. Dies kann man zahlreichen Niederschriften die sich im Seelacken-Museum in Sankt Veit befinden, entnehmen.

Das Seelacken-Museum ist der Ort, der zu Thomas Bernhard überleitet. Das Museum widmet sich vor allem der Person Thomas Bernhard. Daneben erhält man auch einen Einblick auf die Geschichte von Sankt Veit und es beherbergt einen großen Teil des Werkes von Rudolf Holz. Bernhard war in seinen jungen Jahren schwer an der Lunge erkrankt und verbrachte viele Monate in der Lungenheilanstalt Grafenhof in Sankt Veit. Während seiner langen Aufenthalte machte er nicht nur Bekanntschaft mit seinem späteren Lebensmenschen, Hedwig Stavianicek, sondern auch mit meinem Großonkel Rudolf Holz. Rudolf wurde mit seinen Erzählungen und seinen Lebensansichten zur Romanfigur Kunstmaler Strauch im ersten Roman von Thomas Bernhard, Frost. Es ist kaum bekannt, dass dieser Romanfigur eine reale Person zu Grunde liegt.

Auf diese Erkenntnis stieß meine Mutter  erst vor wenigen Jahren durch eine Bernhard-Biografie, und im Weiteren auf das Seelacken-Museum. Wir sind seither in sehr losem Kontakt mit dem Museumsverein. Es war beim ersten Besuch wirklich berührend die wenigen Habseligkeiten zu entdecken. Neben unzähligen Bildern, befindet sich auch die hölzerne Soldatenholzkiste aus dem ersten Weltkrieg im Besitz des Museums. Auch das Grab wird bis heute vom Verein gepflegt.

Ich möchte mich auf diesem Weg auch sehr herzlich für das Andenken an meinen Großonkel, den ich nie persönlich traf und der trotzdem immer so präsent war, bedanken.

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