Facebook-Metadatenanalyse: Potenzial für Arbeitgeber und Unternehmer

In diesem Beitrag skizziere ich die Nutzungsmöglichkeiten von Metadaten für Unternehmer und potenzielle Arbeitgeber, denn das Interesse daran, was Profiler/Schnüffler aus den über mich/von mir veröffentlichten Daten herauslesen können ist enorm (siehe auch WhatsApp-Analyse[1]) – ich bin mir sicher, dass diese Analyse-Tools in wenigen Jahren als Entscheidungsgrundlage für Arbeits- und Kaufverträge dienen werden. Das hier genutzte Tool Wolfram Alpha[2] ist in der Basisversion kostenlos verfügbar und für jedermann zugänglich (man muss einen Facebookaccount besitzen und den Zugang gewähren). Mit den Suchworten „facebook report“ erfährt man zunächst Details über sein eigenes virtuelles Abbild, mit „facebook friends“ werden von meinen Freunden freigegebene Daten verknüpft.[3]

Diese Analyse ist mit dem Hintergrundwissen zu genießen, dass ich einerseits selbst zu Datensparsamkeit neige, andererseits wenig Wert auf Verknüpfungen durch soziale Netzwerke lege (wenn nur 15% meiner Bekanntschaften Alter und Beziehungsstatus angeben, ist das noch nicht besonders aussagekräftig!). Das Durchschnittsalter meiner Facebookfreunde liegt bei knapp 24 Jahren – wenn man bedenkt, dass viele davon Klassenkameraden, Studienkollegen oder Mitarbeiter sind, dann werde ich selbst auch in diese Altersgruppe hineinfallen. Bei älteren Nutzern sind die Altersangaben der Nutzer breiter verteilt und konzentrieren sich nicht so stark um den eigenen Jahrgang herum.

Zuckerbergs Vision bei der Gründung von Facebook war angeblich, dass seine Kommilitonen nie wieder zurückgewiesen werden, weil sie den Beziehungsstatus der/des Angebeteten nicht kennen. Ich verstehe bis heute den Reiz nicht an der schlichten Information, ob jemand verheiratet ist, noch bei seinen Eltern lebt, Polygamie bevorzugt oder gerne den Abend im Rotlichtmilieu verbringt. Für Firmen ist das natürlich schon wissenswert – weil man so die Zielgruppe genauer definieren kann und beispielsweise Angebote für Eheringe nur Personen mit dem Status „verliebt“ einspielen kann (anstatt „verheiratet“). Ebenso interessant für zukünftige Arbeitgeber sind Informationen hinsichtlich des „Gesundheitsstatus“ (häufig im Krankenstand, suchtgefährdet, zu welchen Uhrzeiten online erreichbar), der Auskunft über physisches und psychisches Wohlbefinden gibt.

Die Standort-Bestimmung ist, sofern sie der aktuellen Wirklichkeit entspricht, ein durchaus nützliches Tool – so kann der Verfassungsschutz rasch ermitteln, ob ich Freunde in Syrien oder im Irak habe, mit denen ich regen Austausch zu religiösen Ansichten pflege. Scherz beiseite – wenn nahezu die Hälfte aller Bekanntschaften in den fünf österreichischen Großstädten beheimatet sind, werde ich meinen Lebensmittelpunkt in Österreich haben (wie sollte ich hier so viele Leute kennen lernen, ohne jemals hier gewesen zu sein?). Ich bin überrascht, wie offen die junge Generation mittlerweile mit Standortinformationen umgeht – bis vor wenigen Jahren wäre es im Hinblick auf Seiten wie pleaserobme.com undenkbar gewesen, in Echtzeit Positionswechsel mitzuteilen. Weiteres Einsatzgebiet (langfristig gesehen) sind Migrationsbewegungen, anhand derer man beispielsweise zusätzliche Sprachkurse anbieten kann (Universität) oder Hauptreiserouten definiert (Fernreiseverkehr).

Eine IT-Kollegin hat mir geflüstert, dass es bald möglich sein wird, über die Bewegungsprofile Fahrgemeinschaften (Carsharing) zu bilden oder mit den Zeitstempeln weitere Tools (etwa Staubildung) zu entwickeln. Das funktioniert deswegen so gut, weil 98% der Zielgruppe (erwerbstätig, mobil, kreditwürdig) zumindest über ein mobiles Gerät (Smartphone, Tablet, Smartwatch) verfügt, das die Standortdaten in Echtzeit übertragen kann. Dann kann ich dem, der gerade von meiner Schaufensterkamera (Eyetracking-Technologie) erfasst wurde und über ein entsprechend gutes Bonitäts-Scoring (geringe Umtauschquote, keine Zahlungsausfälle) verfügt, gerne auch mal einen besonderen Rabatt anbieten.

Die wordcloud kann man sich auch nach Sprachen getrennt anzeigen lassen, ich merke an dieser Auswertung, dass ich auch einige englischsprachige Konversationen führe und kaum Mundartbegriffe nutze. Begriffe wie „EuGH“, „Bank“ oder „lernen“ lassen einen Rückschluss auf meine universitären Tätigkeiten zu, anhand der Komplexität der Worte (mehrsilbig, Variation, sachlich) lässt sich etwas über meinen Bildungsgrad sagen (es könnten ja auch Worte wie „Nazi“, „chillen“ oder „Stoff“ häufig vorkommen, ohne dass ich den Nutzern dieser Worte zu nahe treten möchte). Weitere Analysemöglichkeit: wie positiv sind meine Formulierungen gewählt? Ich nutze „Idee“, „erleben“, „bitte“, „hoffentlich“, „danke“, „wollen“, „Freude“ – das sieht mir nach einem sehr starken Lebenswillen aus, obwohl man ja bekanntlich auch diese Begriffe manipulieren kann, wie Facebook vor einiger Zeit bewies.[4] Gefühle, Gedanken, Kommentare – Firmen stürzen sich auf persönliche emotionale Hinweise, wie sie uns (in unseren eigenen Formulierungen) deren Produkte & Dienstleistungen näher bringen können (Pacing-Effekt, ich spiegle das Verhalten meines Gegenübers durch Nachahmung und wirke ihm dadurch sympathischer). Angeblich kann man aus so einer wordcloud auch ableiten, wie egoistisch jemand ist – weil diese Personen häufiger „ich“, „mich“ und so weiter verwenden (Egoismus ist ein wunderbares Kaufargument, wenn man die Einzigartigkeit des Produkts vermitteln kann – „limited edition“, „Unikat“, „handgefertigt“).

Ich nutze offensichtlich zwischen zwei und sechs Uhr morgens sowie am Wochenende kaum soziale Medien, meine Hauptnutzungsphasen liegen am späten Vormittag und abends. Spätabends beschäftige ich mich vermehrt mit Fotos und Statusmeldungen, untertags teile ich häufiger Links. Dass ich damit nicht alleine bin, beschreibt Dan Zarella[5]: Facebook wird häufig am Vormittag und in den Abendstunden genutzt, die meisten retweets werden am Nachmittag registriert. Daraus ergibt sich, dass meine möglichen Kanäle zu verschiedenen Zeiten genutzt werden – aber wann ist nun der beste Zeitpunkt für die Veröffentlichung meines Beitrages? Für mich ergaben sich keine markanten Unterschiede (hinsichtlich der Seitenaufrufe), egal ob ich nun wochentags, am Wochenende, am Feiertag, morgens, mittags oder abends postete – der Veröffentlichungszeitpunkt hat bloß Einfluss auf meine persönliche Empfindung (ich möchte rasch Feedback von der Community bekommen und kann mich auf mein nächstes Thema einstellen). Ich schreibe aktuell am liebsten in der Nacht, lese mir am nächsten Morgen den Text nochmals durch und lade ihn dann hoch. Sandra Holze[6] meint, dass eine Hubspot-Studie[7] als optimalen Veröffentlichungszeitpunkt montags und donnerstags vor dem Frühstück nennt, da sind die Leser am ehesten interessiert und aufnahmefähig. Daneben gibt es auch Tools wie Buffer[8] oder Hootsuite[9], um die Posts nach einem Zeitplan zu gestalten.

Ich bin der Meinung, dass man sich vor der Themenauswahl intensiv mit seinem langfristigen Wunsch-Zielpublikum auseinandersetzen will, nach dem Motto „für wen schreibe ich eigentlich?“. Als Ziele könnte man ansehen: ich will über selbst Erlebtes schreiben/ich will meinen Wissensstand im öffentlichen Diskurs erweitern/ich will erheitern/ich will individuelle moralische Aspekte erörtern – und so weiter. Will ich häufig geteilt und gelesen werden? Recherchiere ich gerne ausführlich und bleibe sachlich? Überlege ich mir eine „catchy headline“, nur damit mein Beitrag häufiger angeklickt wird? Will ich als Experte wahrgenommen werden? Will ich mir eine Stammleserschaft aufbauen? Will ich herausstechen aus der Masse an Bloggern und Meinungsbildnern?

Alle hier verwendeten Grafiken beziehen sich auf meine persönliche Nutzung – ich habe lange überlegt, ob ich diese letzte Klassifizierung auch beschreiben soll. Wenn das jemandem nicht recht ist, werde ich das gerne abändern – mein Freundeskreis lässt selbstverständlich Rückschlüsse auf meine persönlichen ideologischen oder politischen Ansichten zu. Welche Rolle spielen meine Bekanntschaften im Netzwerk? Dass zwei Politiker unter den „social gateways“ und zwei außergewöhnlich talentierte Menschen bei den „social insiders“ zu finden sind, erstaunt mich nicht. Vielmehr ist diese Netzwerkaufschlüsselung für diejenigen hilfreich, die sich gut bezahlte Praktika (etwa bei Red Bull oder BMW) beschaffen wollen und dazu die entsprechenden Freunde ansprechen sollten. Ich habe eine Idee, wie der Palo Alto-Konzern, der erst kürzlich in sein neues Headquarter umgezogen ist, diese Klassifizierungen trifft – aber die Details würden mich schon stark interessieren. Mit meiner Mitgliedschaft bei der studentischen Unternehmensberatung icons haben wir die Facebook-Algorithmen ein wenig durcheinandergewirbelt. Alle in der Kategorie „top social insiders“ gelisteten Personen sind oder waren in der Führungsriege von icons tätig – und kennen daher selbstverständlich Firmenchefs und herausragende Persönlichkeiten, aber nicht unbedingt aufgrund individueller sozialer Kompetenzen, sondern aufgrund der icons-internen Hierarchie. Worauf ich hinaus will: um von Facebook in einer positiv besetzten „top social …“-Kategorie gelistet zu werden, braucht man selbst nicht notwendigerweise perfekte soziale Kompetenzen – sondern lediglich gute Beziehungen zu einflussreichen und erfolgreichen Personen. Gerade diese Inhaber von „dooropener“-Positionen (Headhunter, bekannte Blogger[10], Nachwuchspolitiker) sind für werbetreibende Unternehmer von Interesse – denn diese haben in der Regel einen hervorragenden Ruf, was ihre Spürnase für gewinnträchtige Geschäftsideen betrifft. Wenn es mir gelingt, diese als Werbebotschafter einzusetzen, habe ich es so gut wie geschafft …

Mein Fazit: es lässt sich mit dem virtuellen Ich eine faszinierende Metadaten-Analyse durchführen, auf den verschiedensten Plattformen. Ich habe bereits den nächsten Konzern – Google – im Visier, mal sehen, was etwa die verwendeten Suchwörter über meinen IQ aussagen. Wie kommt Google zur Annahme, mir schon nach wenigen Buchstaben das komplette Wort vorschlagen zu können? Was macht Google so erfolgreich, dass sie einen eigenen Duden-Eintrag bekommen haben? Mir wird erst nach und nach das Ausmaß der weltweiten Überwachung klar – und ich habe bereits für mich beschlossen, mehr Informationen darüber zu sammeln, was man daraus ableiten kann, die Wahrheit müssen wir selbst erforschen – die wird man nicht in der Google-Suchmaschine finden.

Der Entwickler Stephan Wolfram über seine Erfindung: Youtube-Video[11], Spiegel-Artikel[12].

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Herbert Erregger

Herbert Erregger bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:06

Silvia Jelincic

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Bernhard Juranek

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fischundfleisch

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