Die "Kleine Zeitung Graz" bringt heute ein Interview mit Verteidigungsminister Doskozil, in dem er einen Asylstopp im Herbst – also, genau wenn der zweite Wahlgang der Bundespräsidentenwahl wegen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) wiederholt wird – in den Raum stellt.
(Das Interview in der Langversion gibt´s nur in der Printversion; in der Überschrift findet sich ein kleiner Fehler: "30.000" statt "37.500")
Nachdem Kern, Kurz und Glawischnig einen Abbruch der angeblichen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gefordert hatten, möglicherweise, um einen Wahlsieg von Norbert Hofer (FPÖ) bei der Bundespräsidentenwahl zu verhindern, verwundert dieser Vorstoß von Doskozil auch nicht mehr wirklich.
Die 37.500er-Marke, von der ganz Österreich seit Monaten rätselt, ob sie denn eine harte Grenze oder ein weicher Richtwert sei, stellt sich nach der Darstellung von Doskozil in diesem Interview nun doch wieder als ziemlich harte Grenze heraus:
Eine Ausnahme will Doskozil nur für diejenigen machen, die bereits Verwandte in Österreich haben.
Was die Frage nach der rechtlichen Haltbarkeit aufwirft: meiner Einschätzung nach hat jeder oder jede Asylsuchende, der als 37.501ster einen Asylantrag stellen will, aber keinen stellen darf und gleichzeitig wirklich gute Asylgründe hat, aber keine Verwandten in Österreich wirklich gute Chancen, von Ljubljana, Budapest, Turin oder Bozen aus ein Verfahren beim EuGH oder beim EGMR einzuleiten und ein etwaiges österreichisches Asylsystem, das eine harte oder relativ harte 37.500er-Marke enthält, zu kippen.
Also, wieso machen Politiker und -innen so was? Stellen etwas in den Raum, von dessen rechtlicher Unhaltbarkeit sie eigentlich überzeugt sein müßten ?
Möglichkeit a) man hofft, dass die Sprachkenntnisse bei Asylsuchenden zu schlecht für ein Verfahren sind oder die Kosten eines Verfahrens zu hoch oder ähnliches.
Möglichkeit b) es geht gar nicht um das Asylsystem, sondern um die Auswirkungen des Asylsystems auf die Wählerschaft bei den Bundespräsidentenwahlen, die erstens - Bingo! - zeitgleich mit dem angekündigten Asylstopp stattfinden, und bei denen zweitens sich durch die islamistischen Terroranschläge seit der aufgehobenen Wahl die Chancen für Hofer sich verbessert haben dürften, wobei dazuzusagen ist, dass die Wahl schon beim letzten Mal extrem knapp war, was auch zu der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof beigetragen hat.
Zurück zu den angeblichen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, deren Beendigung Kern, Kurz und Glawischnig gefordert hatten: diese sind höchstwahrscheinlich gar keine Verhandlungen, sondern ein Beitrittsprozess mit unverhandelbaren Bedingungen bzw. Kriterien, nämlich den Kopenhagener Kriterien: