Sind mutmaßliche deutsche Kriegsverbrechen in Afghanistan mitschuld an Afghanen-Gewalt in D und Ö ?

Zwischen 2001 und 2022 waren ja nach einen UNO-Sicherheitsratsbeschluss überwiegend westliche Truppen in Afghanistan und haben dort oftmals ziemlich grausam agiert, auch mutmaßlich übertriebene Gewalt angewandt, auch in Situationen massive Gewalt angewandt, in denen klar war, dass auch eine große Zahl von Zivilisten (Frauen und Kinder) getötet oder verletzt werden würde.

Dennoch muss man sagen, dass die Präsenz westlicher Truppen (auch Deutscher) in Afghanistan weniger grausam war als der Afghanistan-Krieg der 1980er Jahre, hauptsächlich zwischen der Sowjetunion/der roten Armee und der Kommunistischen Partei Afghanistans einerseits und der islamisch-westlichen Allianz, also den Modjaheddin (also den afghanischen Kämpfern) und USA/Westen andererseits.

Und man muss auch dazusagen, dass der russische Präsident Putin, bzw. sein Vertreter im UNO-Sicherheitsrat damals für die Intervention westlicher Truppen in Afghanistan war, während Putin heute so tut, als wäre er immer schon dagegen gewesen.

Man kann annehmen, dass diese mutmaßlichen deutschen Kriegsverbrechen in Afghanistan zwischen 2001 und 2022 heute einerseits dazu beitragen, dass deutsche Touristen in Afghanistan betrogen und bestohlen werden, und auch, dass in Deutschland und Österreich, das oftmals mit einem geringen, aber doch existenten Recht als ein Teil Deutschland oder als eine Art mit Deutschland eng verbundener Staat gesehen wird, diese deutschen Kriegsverbrechen in Afghanistan zu Gewalt und Kriminalität von Afghanen in D und Ö beitragen. Das soll jetzt nicht heissen, dass es der einzige Faktor ist, der einzige Aspekt und der einzige Einfluss, aber doch ein existenter.

Soweit ich das erkennen kann, wurden diese mutmaßlichen deutschen Kriegsverbrechen in Afghanistan von deutschen und österreichischen Gerichten nicht als mildernder Umstand bei Afghanen-Kriminalität gewertet, obwohl sie vielleicht als mildernder Umstand für Afghanen-Gewalt gewertet hätten werden können oder müssen.

Zur Erklärung des mildernden Umstands, um Mißverständnissen und rechtsextremen Verfälschungen vorzubeugen: ein mildernder Umstand ist kein Freispruch. Ein mildernder Umstand bedeutet zum Beispiel, dass ein Strafausmaß von 16 Jahren unbedingte Haft gesenkt wird auf ein Strafausmaß von 14 Jahren unbedingte Haft, und dass der mildernde Umstand im Gerichtsurteil erwähnt wird. Ich finde, solcherartige mildernde Umstände hätten schon längst in Gerichtsurteilen vorkommen und erwähnt werden sollen. Das hätte auch zu Völkerverständigung und Frieden und Kriminalitätsverringerung beigetragen. Aber Gerichte sind oft dominiert von heimischen Juristen und Juristinnen, die nur wenig Blick auf aussenpolitische Prozesse haben, aber vermutlich immer noch weit mehr als große Teile der Bevölkerung, die mit der Rechten oder der extremen Rechten sympathisieren.

Es geht bei einem mildernden Umstand, wie von mir in die Debatte eingeführt, nicht um Rechtfertigung oder Entschuldigung der Tat als solcher, sondern um die Wertung der Tat als ein-bißchen-weniger-verwerflich aufgrund der Begleit-Umstände.

Wir leben in einem Zeitalter der globalen Medien, des Internets und der Globalisierung: Kriegsverbrechen westlicher Truppen während des Afghanistan-Kriegs zwischen 2001 und 2022 wirkten natürlich über diese globalen und schnellen Medien schnell und sofort über Kontinente hinweg auf Europa zurück, und falls nicht aufgearbeitet, können sie Sicherheit und Frieden gefährden. Wir leben so gesehen mehr in einer Zeit der Weltinnenpolitik als jemals zuvor, mehr in einer Zeit der Weltinnenpolitik, als Vielen bewusst ist, die aus Festungs-Mentalität und Nationalismus und Campanilismus heraus sich nur für die eigene Nation interessieren, aber nicht für das Ausland.

(Der Begriff Campanilismus, von italienisch: Campanile=Kirchturm, bezeichnet eine Denkweise, die sich nur für das Gebiet interessiert, das vom eigenen Kirchturm aus überblickbar ist, aber nicht für weiter entfernte Gebiete)

Der frühere deutsche Verteidigungsminister Peter Struck prägte den Satz "Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch, also in Afghanistan, verteidigt".

Damit hatte er einerseits recht, dass globale Zusammenhänge (hier zwischen Deutschland und Afghanistan) bestehen, er hatte aber unrecht, zu glauben, dass das nur in eine positive Richtung gehen könne.

Aus heutiger Sicht hätte er vielleicht eher sagen müssen: "Die Sicherheit Deutschland und Österreichs wird durch deutsche Truppen am Hindukusch, in Afghanistan verringert".

Als Kriegsverbrechen definiert ist z.B. absichtliche Tötung von Zivilisten (also zum Beispiel Kindern, Frauen, Männer), die keine Kombattanten sind, also nicht an Kämpfen teilnehmen oder teilnehmen wollen.

Gerade bei den komplizierten Situationen in der Realität können Grenzfälle auftreten, in denen schwer beurteilbar ist, ob es sich noch um gerechtfertigte, militärische Gewalt gegen militärische Ziele mit einer vertretbaren Zahl von Zivilisten als Opfern (den sogenannten Kollateralschäden) handelt, oder ob es sich bereits um kriegsverbrecherische militärische Gewalt mit einer übertriebenen Zahl an zivilen Opfern handelt.

Dabei spielt auch der bedingte Vorsatz hinein, d.h. die billigende Inkaufnahme.

Wenn/falls ein Soldat (z.B.ein deutscher Soldat im Afghanistankrieg zwischen 2001 und 2022) es als gerechtfertigt betrachtete, ca. 20 Zivilisten zu töten, um eine Chance zu haben, einen einzigen afghanisch-islamischen Kämpfer zu töten, dann kann man das durchaus als exzessive, übertriebene Gewaltanwendung und als Kriegsverbrechen werten.

Die Frage, ob potenzielle deutsche Kriegsverbrechen in Afghanistan zu Afghanen-Gewalt in D und Ö beigetragen haben könnten, wurde von den Medien im deutschsprachigen Raum viele Jahre- bzw. Jahrzehnte-lang nicht oder zuwenig erwähnt, nicht oder zuwenig erwogen, bzw. vielleicht sogar von manchen Medien absichtlich vertuscht, um rechte oder rechtsextreme Wahlsiege zu erreichen.

Der Einsatz in Afghanistan wurde argumentiert als Bündnisfall gemäß NATO-Vertrag, als Reaktion auf die 9-11-Terroranschläge von Osama Bin Laden, der sich in Afghanistan versteckt hatte ein Zeitlang, bzw. als Reaktion darauf, dass die Taliban buddhistische Kulturdenkmäler zerstörten.

Allerdings ist fraglich, ob diese Berufung auf den NATO-Vertrag korrekt war. Zahlreiche Völkerrechtler vertreten die Auffassung, dass der NATO-Vertrag nur für die Verteidigung nach einem Angriff durch einen regulären Staat gelte, aber nicht für die Verteidigung gegen eine kleine Terrororganisation wie die Osama Bin Ladens.

https://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriff_bei_Kundus

https://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-nato-toetet-bei-hochzeitsfeier-viele-frauen-und-kinder-a-837349.html

Der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt meinte schon im Jahr 2010, der Afghanistan-Krieg sei nicht zu gewinnen.

https://www.zeit.de/2010/05/Afghanistan

12 Jahr später gab US-Präsident Biden ihm mit einem chaotischen Abzug recht.

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