Die Freude vieler Politiker über die Niederlage der Rechtspopulisten in Österreich ist verfrüht. Denn die Krise der EU hat weniger mit rechtspopulistischen Parteien zu tun, die die Wähler aufhetzen und mit falschen Versprechungen erfolgreich verführen. Sie hat eher damit zu tun, dass eine verfehlte Wirtschaftspolitik gemacht wird.

Italiens Premier Renzi hat beim Referendum vielmehr die Quittung für seine erfolglose Wirtschafts- und Krisenpolitik bekommen. Die Wähler dort waren nicht bereit, ihn angesichts dessen mit noch mehr Macht auszustatten. Auch Frankreichs Präsident Francois Hollande hat die Konsequenz aus dem Scheitern seiner Wirtschafts- und Krisenpolitik ziehen müssen und tritt nicht mehr zur Wiederwahl an.

Was bei Wahlen und Referenden zählt:

Die individuelle wirtschaftliche Situation der Wähler, die Einschätzungen der Wähler bezüglich ihrer wirtschaftlichen Perspektiven und inwieweit sie einem Politiker bzw. einer Partei zutrauen, eine andere, erfolgreichere Politik zu machen, die sich auf ihre Situation und Zukunftsperspektiven positiv auswirken könnte.

So lange die Wirtschaftspolitik von Regierungen für die Mehrheit der Bürger noch aufgeht, wird es für populistische linke und rechte Protestparteien schwierig, Wahlen zu gewinnen.

Nicht nur bei der Präsidentenwahl in Österreich, sondern auch beim Referendum in Italien haben die Rechtspopulisten keinen Erfolg für sich verbuchen können. Die mit der Flüchtlingskrise verbundenen Erfolge der Rechtspopulisten reichen also offensichtlich nicht für eine realistische Machtperspektive in Europa aus.

Österreich ist noch kein Krisenland, Italien indes schon.

Frankreich steht auf der Kippe, Deutschland ist davon jedoch immer noch weit entfernt und wirtschaftlich stark.

Österreichs Wahlausgang ist kein Signal einer Entwarnung für Frankreich und für die EU. Jedoch jede politische Kraft, der eine leidende Mehrheit der Wähler in einem wirtschaftlich angeschlagenen Mitgliedsstaat der EU zutraut, eine bessere Wirtschaftspolitik zu machen, wird Wahlen gewinnen. Donald Trump ist dafür das beste Beispiel.

Frankreich ist bei den im Frühjahr 2017 anstehenden Präsidentschaftswahlen möglicherweise ein echter Wackelkandidat. Die ausländer- und europafeindlichen Rechtspopulisten sind zwar problematisch, aber ein Nebenschauplatz. Das eigentliche und für die EU wirklich Existenz bedrohende Thema ist und bleibt die wirtschaftlich schlechte Lage sehr vieler Europäer und die dadurch begründete, mithin weiter wachsende Wut und Ablehnung des bisherigen wirtschafts- und krisenpolitischen Kurses - sprich der derzeitige politische und wirtschaftliche Kurs der gesellschaftlichen Eliten - sofern man überhaupt von einem "Kurs" zu sprechen bereit ist.

Der Vulkan, auf dem die EU sitzt, setzt sich aus anhaltender Wirtschafts-und Wachstumsschwäche und einer steigenden Zahl wirtschaftlicher Verlierer infolge einer unfairen Verteilungspolitik mangels Besteuerung großer Vermögen.

Der Europäischen Union ist seit der Finanzmarktkrise die Wachstumsstory verloren gegangen und das nicht nur aus Sicht der noch geduldigeren Märkte, sondern ganz besonders aus Sicht eines wachsenden Heeres von ungeduldigeren Wählern, die nicht mehr lange zuschauen wollen.

Die Sprengsätze der EU sind nicht entschärft:

Die verantwortlichen Akteure in den Regierungszentralen der Mitgliedsaaten und auf europäischer Ebene haben es in all den Jahren nicht geschafft, eine schlüssige und aus Wählersicht erfolgreiche Lösung für dieses Problem zu liefern. Darum haben sich die Briten für den Brexit entschieden. Darum war Frankreichs Präsident Francois Hollande jetzt dazu gezwungen, von einer erneuten Kandidatur Abstand zu nehmen. Darum ist Matteo Renzi mit seinem Verfassungsreferendum in Italien gescheitert. Darum steht Mariano Rajoys´ konservative Minderheitsregierung in Spanien auf Abruf. Darum wird auch die amtierende griechische Regierung von Alexis Tsipras, die einst als Protestpartei reüssierte, abgewählt werden. Und darin liegt die Sprengkraft für die EU. Italien und auch der skandalöse Zustand seiner Banken ist ein weiterer großer Stein, der aus der EU-Mauer zu brechen beginnt.

Was tut die EU dagegen? Im Falle Großbritanniens hat sie schließlich nur zugeschaut und die Wiederwahl Merkels ist für mich ein Garant, dass sich nichts ändern wird, alles beim Alten bleibt, insbesondere auch das bei der Mehrheit des Volkes verhasste Elitensystem.

Die Rechtspopulisten sind nicht die Ursache, sondern ein Symptom der schlechten europäischen Politik. Die Rechtspopulisten sind nicht verantwortlich für das Kernproblem der Europäischen Union. Das Problem sind die wirtschaftspolitische Orientierungslosigkeit der amtierenden Regierungen in der EU und deren vielfach verloren gegangene Fähigkeit, die Probleme der Menschen in ihrem Land wahr- und ernst zu nehmen. Sie haben die Nähe zu den Bürgern verloren, was insbesondere für die Brüsseler Eurokraten gilt.

Das Votum der Italiener ist nach dem Brexit-Referendum ein neues Alarmsignal für die EU und eine eindringliche Warnung für diejenigen, die über den Kurs der EU beraten und entscheiden, endlich ihre wirtschaftspolitischen Hausaufgaben zu machen. Das werden sie auch von Donald Trump zu hören bekommen.

Dabei sind keine weiteren, neoliberalen Reformen gefragt. Davon haben die EU-Bürger genug. Diese neoliberalen Versatzstücke können die Probleme der Zukunft und digitalen Transformation nicht mehr lösen. Die Märkte sind vielfach ausgereift und gesättigt und befinden sich daher im Stagnations-Modus und das Lied von der Alternativelosigkeit ist in Europa ebenfalls längst ausgesungen.

Worum es geht, ist positive wirtschaftliche Zukunftsperspektiven zu schaffen und den Kampf gegen eine Politik anzusagen, die von Lobbyisten geformt, für Konzerne gemacht wird und deren fragwürdige „Erfolge“ (Miniwachstum oder Stagnation, steigende Staatsschulden) von den europäischen Bürgern teuer bezahlt werden muss. Europa zehrt seine Substanz auf.

Seit 2009 schwächelt Europas Wirtschaftswachstum und die Steuerzahler bezahlen für die Bankenrettung, die erfolglose EZB-Nullzinspolitik Politik Draghis, die einer sukzessiven Enteignung der Sparer gleichkommt und für erfolglosen Versuche einer Wirtschaftsstabilisierung und steigenden Staatsschulden.

Die Folgen dieser erfolglosen EU-Politik sind daher eine anhaltend schlechte wirtschaftliche Lage verbunden mit Arbeitslosigkeit, Pensions- und Einkommensverlusten und prekären Verhältnissen für eine zunehmende Zahl von Menschen sowie höhere Steuern in Italien, Griechenland, Spanien, Frankreich und anderswo.

Besserung ist nicht in Sicht und das steigert den Druck im Kessel, der sich irgendwo ein Ventil sucht. Europa sitzt auf einem Vulkan, der irgendwann eruptieren wird!

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Heribert

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Dieter Knoflach

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Matt Elger

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