Kissinger zur neuen "Weltunordnung"; neues Jahr, neue Kriegsfront - Iran (Schiiten) gegen Saudis (Sunniten)?.

Kissinger gab dem Deutschen Handelsblatt am 30.12.15 ein ausführliches Interview zur neuen WELTUNORDNUNG, eine Zunahme an Komplexität der zu lösenden Probleme. Merkel müsse zwischen Flüchtlingsleid und Grenzöffnung das richtige Maß finden und sich bewusst sein, dass mit dem Flüchtlingsstrom ein gesellschaftlicher Transformationsprozess mit Gruppen beginnt, die die grundlegenden Werte der demokratisch westlichen Gesellschaft nicht akzeptieren.

Terror, Krieg, Flüchtlingschaos hat unsere liberale Weltordnung erschüttert. Ein neue globaler Entwurf ist nicht erkennbar und der Kampf alter Ideologien ist wieder aufgeflammt. Der Gedanke, dass es eine globale Weltordnung nach universalen Prinzipien geben sollte, wird weder von Peking noch von Moskau geteilt.

Die Anschläge auf „Charlie Hebdo“ galten der Meinungsfreiheit und auf den Pariser Musikclub „Bataclan“ mit 130 Toten und vielen Verletzten mit dem vermutlichen Motiv des Hasses auf den Westen und der ungelösten Probleme und Zustände in den Pariser Banlieus.

Andere Bilder existieren von Panzern in der Ukraine, wo Putin die Weltordnung mit Füßen tritt und der Bombenhagel, den Massenmörder Assad auf die syrische Stadt Aleppo veranstaltete.

Aus der europ. Wertegemeinschaft ist ein Haufen egoistischer Nationalstaaten übriggebieben. Schuldenberge mit Grexit , Finanzkrise und Arbeitsmarktfolgen durch die digitale Revolution müssen gelöst werden.

Kissinger schrieb in seinem Buch „World Order“ (Weltordnung), das Konzept der bisherigen Weltordnung befindet sich in der Krise. Die UNO lehnte sich bei der Gründung 1945 stark an westlich amerikanische Werte an.

Mit dem Mauerfall glaubte der Westen den Kommunismus endgültig besiegt zu haben und Demokratie, Freiheit und Marktwirtschaft schien als Weltordnung nichts mehr im Wege zu stehen.

USA als Weltpolizist. („Pax Americana“). IWF, Weltbank und „Washingtoner Consensus“ waren Handlanger des Markliberalismus. Dann kam der 9/11 Schock mit dem islamischen Terror in NY mit dem Einsturz des World Trade Centers. Für Chinas Präsidenten geht Ordnung vor Freiheit, daher auch die Firewall und Zensur im Internet. Die Islamisten glauben wieder an eine Scharia-Weltordnung.

Die Finanzkrise 2008 hat erstmals Zweifel an der Führungsrolle der USA ausgelöst. Zugleich kam der wirtschaftliche Aufschwung Chinas und neue, imperialistische Putin-Gelüste mit der Ukraine und Syrien. In Syrien tobt der Bürgerkrieg und der IS-Terror breitet sich weiter aus. Russische Putin-Separatisten halten den Osten der Ukraine weiterhin völkerrechtswidrig besetzt, weshalb die Beziehungen EU/Moskau schwer belastet sind.

Mit der Griechenlandkrise begann auch der EURO zu wackeln. Das ungelöste Flüchtlingsproblem und Geschacher mit den Quoten gab Europa den Rest. Weitere Belastung die Brexit-Diskussion mit GB und Volksabstimmung 2017. Seit wenigen Tagen sind massive Spannungen zwischen Iran und Saudiarabien aufgetreten mit Stürmung der saudischen Botschaft. Afghanistan wurde erneut zu einem terroristischem Rückzugsgebiet nach weitgehenden Abzug der Amerikaner.

Die USA wirkt außenpolitisch unentschlossen und beschäftigt sich mehr mit sich selbst – US Präsidentschaftswahl Herbst 2016. Trump, ein wahnwitziger Poltergeist wäre das Letzte, was die Welt noch braucht. Die aufstrebenden Emerging-Markest sind inzwischen wieder Problemfälle geworden (Südamerika, Afrika).

Kissinger schlägt eine Neuauflage der Regeln des Westfälischen Friednes nach 30 Jahgren Religionskrieg in Europa vor, wo die Bevölkerung auf die Hälfte dezimiert wurde. Es geht um die Herstellung eines feinjustierten, multipolaren Machtgleichgewichtes. Mit Ende des Kalten Krieges endete ja nauch das „bipolare Gleichgewicht“ des Schreckens wegen des atomaren Rüstungswettlaufes. Kissinger setzt auf Zeit, damit sich eine neue Weltordnung vielleicht doch noch bilden kann und nicht nur ein Nebeneinander verschiedener Ordnungen bzw. Unordnungen.

KISSINGER (92) spricht von einer neuen Stufe der Komplexität, was die Probleme der Welt betrifft und er empfindet auch Mitgefühl für Merkel. Erst im November war Kissinger wieder bei Xi JinPing in Peking. Zum ersten Mal würden mehrere Probleme und Ereignisse auf der Welt gleichzeitig entstehen. Fundamentale Umwälzungen finden statt ohne gemeinsame Charakteristiken, was eine Lösung um so schwieriger macht. Die größten Sorgen bereitet Kissinger der Nahe Osten, ein schwelender Dauerkonflikt zwischen Staaten, Religionen und Ethnien – also vielschichtig.

China erhebt sich und wird immer mächtiger, die Gewichte verteilen sich neu in der Welt. Putin drängt zurück auf die Weltbühne trotz massiver wirtschaftlicher Probleme.

Europa hat es bis heute nicht geschafft, politisch geeinigt auf der Weltbühne aufzutreten und hat auch eine Führungs-und Strategieschwäche. Die Summe all dieser Probleme haben zu einer neuen Stufe der Komplexität geführt und die Welt dadurch unsicherer gemacht. Das Internet hat das Wissen unmittelbar und schnelllebig auf Kosten nachhaltiger Reflexion über die Probleme gemacht. Das Wissen ist durch das Internet emotionaler und unmittelbarer geworden. Die Vielzahl der Fakten im Internet lässt den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkennen. Auch die Politiker reagieren viel zu sehr auf die Stimmung des Momentes. Die heutige Welt ist nicht unbedingt schlechter, aber jedenfalls anders geworden.

Mit dem IS sieht Kissinger keine diplomatische Lösung, er muss deshalb besiegt werden. Mit den anderen Nahoststaaten sieht er Verhandlungschancen. Auch Russland muss einbezogen werden in Verhandlungslösungen.

In der Ukraine-Krise hat Merkel eine gute Figur gemacht und mit Putin zumindest die Minsker Vereinbarungen aushandeln können, die wesentlich zur Entspannung un Deeskalation beigetragen haben. Kissinger war kein Ideal- sondern Realpolitiker. Westliche Werte lassen sich nicht immer mit Realpolitik vereinbaren, jedoch zur Herstellung von Stabilität oft notwendig als Basis für die westlichen Werte wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit Frauengleichberechtigung.

Flüchtlingsproblem:

Kissinger beobachtet in Europa ein seltsames Ereignis, wo eine Region ihre Außengrenzen nicht mehr verteidigt, stattdessen öffnet. Das hat es seit einigen tausend Jahren nicht mehr gegeben. Bei allen humanitären Erwägungen sollten dabei jedoch die weiteren Folgen nicht übersehen werden.

Wenn sich durch die Flüchtlingswelle die Zusammensetzung der Gesellschaft dramatisch zu verändern beginnt, dann hat das historische Folgen. Auch das damit ausgelöste Anwachsen populistischer Parteien darf nicht übersehen werden.

Merkel muss sich bewusst sein, dass mit dem Flüchtlingsstrom ein Transformationsprozess beginnt mit Gruppen, die die grundlegenden Werte der westlichen Gesellschaft nicht akzeptieren. Merkel muss zwischen dem Leid der Flüchtlinge und politischen Folgen offener Grenzen abwägen.

Die USA könnte mehr tun, hat aber in 5 Kriegen interveniert und nirgendst eindeutige Ziele erreicht, das waren Korea, Vietnam, Irak, Afghanistan, Libyen. Weitere Interventionen stoßen auf innenpolitisch zunehmend ablehnenden Boden in den USA. Trump wird auch von Kissinger klar abgelehnt.

Abschlusswunsch Kissingers ist es , dass die transatlantische Gemeinschaft eine gemeinsame Antwort auf ihre Rolle in der Welt wiederfindet.

2016 scheint mit einem neuen Krieg zwischen Schiiten (Iraner) und Sunniten (Saudis) zu beginnen, die Zeichen stehen auf Sturm:

Die beiden großen Glaubensrichtungen des Islams haben sich nichts mehr zu sagen, seit im sunnitischen Königreich Saudi-Arabien ein schiitischer Oppositionsführer hingerichtet wurde. Iran erklärt dem Nachbarn de facto den Krieg.

Dabei hatte der Papst in seiner Weihnachtsbotschaft noch zu erhöhter Friedfertigkeit aufgerufen: "Wo Gott geboren wird, da blüht Barmherzigkeit.“ Doch auch rund um Nazareth blüht die Gewalt.

In Europa laufen derweil die Vorbereitungen auf ein militärisches Eingreifen in Syrien. 1.200 deutsche Soldaten stürzen sich in ein neuerliches Abenteuer. Niemand in Berlin kann erklären, warum dieser Einsatz mehr Erfolg bringen soll als die Ausflüge westlicher Militärs nach Irak, Afghanistan, Pakistan und Libyen. Doch Selbstzweifel gelten als Ruhestörung.

„Der Wahnsinn, wenn er epidemisch wird, heißt Vernunft.“

(Henryk Broder)

Man wünschte, das neue Jahr hätte sich von seiner freundlicheren Seite gezeigt. Unser Optimismus, dass sich die Menschheit in die richtige Richtung bewegt, wird herausgefordert. "Ein großer Teil des Fortschritts besteht bloß darin, dass wir fortschreiten wollen.“ (Seneca)

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Kraut

Kraut bewertete diesen Eintrag 05.01.2016 19:52:45

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