Ich bin Schuhhändler und ich liebe meinen Job. Der Kontakt zu Menschen ist etwas, das ich nicht missen würde, er ist mir wichtig uns bereichert mein Leben. Ich verkaufe seit 35 Jahren Schuhe und mache, dank schlanker Firmenstruktur und dem was andere Selbstausbeutung nennen, in all den Jahren bescheidene Gewinne, die ein weitgehend selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Ich ärgere mich über Schikanen und bürokratische Belastungen und spare jedes Monat die ersten 14 Tage für die Zahlungen an das Finanzamt, Krankenkassen und Kommunen und bin froh wenn am Monatsende für die engagierten und hochqualifizierten Mitarbeiter auch genug Geld da ist. Als das vor 20 Jahren mal eng war, gab es eine handlungsfähige Bankbetreuerin, die mich mit einem 700000 Schilling Scheck heimschickte und meinte: "Wir kennen uns so lange, Sie schaffen das schon" – und sie behielt recht.
Und dann kommen Anbieter wie Zalando. Es ist nicht der Wettbewerb, der mich sorgt, den gab es immer. Es ist die Art des Wettbewerbs. Zalando ist ein großes Unternehmen, ein Unternehmen, das jüngst seine Zahlen veröffentlichte, wo sich zeigte: Sie schreiben noch immer Verluste. Natürlich hatte man vor dem Börsegang -die Zahlenspielertricks kennt man ja-mal ein kurzlebiges kleines Plus vermeldet, um die Anlegerkuh melken zu können. Also: Zalando erwirtschaftet keinen Gewinn, zahlt zumindest hierzulande keine Steuern, von den Bedingungen für Mitarbeiter hört man nichts Gutes und es geht in Wahrheit darum, Marktanteile zu erobern. Dazu finden sich Investoren, die hoffen, dass bei entsprechender Marktbeherrschung die Bedingungen so geändert werden können, dass es auch Profite und entsprechende Shareholder Erträge gibt. Denn eines ist klar-so wie das Modell jetzt läuft, geht sich das nicht aus.
Der Schuhhandel ist keine einfache Sache, die Vorlaufzeiten in der Produktion betragen ein halbes Jahr und was der Händler im August bestellt, sollte dann im Frühling zu mindestens 75% zu regulären Preisen verkäuflich sein, sonst rechnet sich das nicht. Schwierig ist das für einen Versender, der mitunter 11 Paar Schuhe von 12 Versendeten zurückbekommt.
Schuhe sind noch dazu ein sehr sensibles Produkt und sollten eigentlich nur im Fachhandel verkauft werden. Es geht um Passform, Gesundheit und Wohlbefinden. Keine Schuhmarke wird sich am Markt ohne Fachhandel etablieren können, nur die einzelnen Händler sind zu wenig organisiert, um den Produzenten ihre Stärke spüren zu lassen und nur einige wenige Markenanbieter können den Verlockungen der grossen Einkaufsmenge eines Anbieters wie Zalando widerstehen.
Aber gerade weil sich in den Vorstadteinkaufsburgen die Diskonter mit asiatischer Billigware nicht unbeträchtliche Marktanteile sichern, braucht das Produkt Schuh den Fachhandel, einen Ort der Beratung und der Begegnung. Und wir brauchen auch lebendige Stadtkerne mit ortsansässigen Wirtschaftstreibenden und humanen Arbeitsplätzen.
Mitbewerb ist gut und wichtig, aber während Firmen wie Amazon und Zalando steuerrechtlich, sozialrechtlich und in punkto Kapitalbeschaffung und Risiko ganz andere Voraussetzungen haben, kämpfen die kleinen Händler mit immer mehr Schikanen und Bürokratie. Ich wurde z.b. als Geschäftsführer vor kurzem mit bis zu 10000 euro Strafe bedroht, weil ich einer in Wien studierenden, kroatischen Studentin 180 Euro angemeldetes Gehalt ausbezahlt hatte, nicht wissend dass ich mich dabei illegaler Ausländerbeschäftigung schuldig machte, Ausgang des Verfahrens noch ungewiss.
Liebe Leute, Ihr müsst nicht eure Schuhe bei uns kaufen, aber kauft sie im guten Fachhandel, damit es den morgen noch gibt.
Erich Schlagitweit, Chef von Vega Nova, einer kleinen Gruppe von Schuhfachhändlern, welche europäische Schuhe auf ergonomischen und ökologischen Grundlagen anbietet und 10 Läden in Österreich betreibt.