Die Angst des Grautons vor der Farbe

Diese unbeugsamen Ritter des Abendlandes, bewaffnet mit Facebook-Kommentaren, schlecht kopierten Verschwörungstheorien und dem festen Glauben, dass man „das ja wohl noch sagen dürfen darf“. Sie, die sich im intellektuellen Niemandsland zwischen Telegram-Gruppe und Stammtisch verirrt haben, glauben allen Ernstes, sie wären die letzte Bastion der Wahrheit – dabei sind sie oft nur die Lautesten im leeren Raum der Ahnungslosigkeit.

Wie fühlt es sich eigentlich an, sich täglich vom eigenen Weltbild den IQ wegätzen zu lassen? Man wacht morgens auf, reibt sich die Augen und denkt: „Heute verteidige ich Deutschland – gegen Gendersternchen, Fahrradwege und Fakten.“ Und dann klickt man sich durch dubiose Blogs, teilt ein Video von einem selbsternannten „Experten“ namens Uwe, der mit ernstem Blick und acht Rechtschreibfehlern pro Satz erklärt, dass die „globalen Eliten“ unsere Kinder in Windkraftanlagen verwandeln wollen.

Ihr wollt zurück zu „echten deutschen Werten“? Welche meint ihr? Kartoffelsuppe und Kinderklaps? Oder das nostalgische Kribbeln, wenn ihr an Zäune, Uniformen und die gute alte Zeit denkt, als alles noch „seinen Platz hatte“ – vorzugsweise hinter Mauern oder in Lagern? Eure Vorstellung von Freiheit endet genau da, wo sie für andere beginnt. Eure Idee von Meinungsfreiheit ist die Garantie, dass niemand eure menschenverachtenden Parolen kritisieren darf. Spoiler: So funktioniert das nicht. Demokratie bedeutet nicht, dass man euch ungestraft hetzen lassen muss. Sie bedeutet, dass ihr sagen dürft, was ihr denkt – und dass wir alle sagen dürfen, wie unglaublich dumm, gefährlich und peinlich das ist.

Eure „Besorgtheit“? Eine Ausrede. Eure „Heimatliebe“? Nichts als der romantisierte Selbsthass eines Lebens, das zu kompliziert ist, um sich selbst zu hinterfragen. Statt euch mit echter Politik, komplexen Themen oder gar Mitgefühl zu beschäftigen, suhlt ihr euch lieber im Morast eurer selbstgemachten Opferrolle – als patriotische Märtyrer, die niemals wirklich Opfer waren. Eure Angst vor Vielfalt ist die Angst des Grautons vor der Farbe. Und am Ende steht ihr da, schwenkt eure schwarz-weiß-rote Nostalgie und merkt nicht mal, dass euch die Demokratie, die ihr angeblich verteidigt, längst den Mittelfinger zeigt.

Also, macht ruhig weiter mit euren Wutbürgerparaden, euren Tweets im Großbuchstaben-Modus und euren drolligen Reichsbürger-Fantasien. Die Geschichte hat noch nie auf die gehört, die brüllen, weil sie nichts zu sagen haben. Ihr seid laut – aber ihr seid auch vorbei.

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