Wie der Kostendruck garantiert gut gesenkt wird

Haben Sie nicht auch den Eindruck, dass alles irgendwie immer teurer wird? Dass von dem abgehobenen Hunderter beim Einkaufen immer weniger übrig bleibt? Dann kann ich Ihnen helfen.

Die Zauberwörter heißen „Kostendruck senken“. Manche sagen auch Rationalisierung oder Einsparung dazu. Oder „Kosten optimieren“. Das klingt alles ganz wunderbar! Schauen Sie, sollten Sie zufällig meine handgemachte Schokolade sehr gern haben, aber sie ist Ihnen mit drei Euro die Tafel zu teuer, dann habe ich da ein paar Vorschläge. Sie können hier auch so gut wie jedes andere Produkt mit einem gewissen qualitativen Anspruch einsetzen. Also lesen Sie bitte auch dann weiter, wenn Sie meine Schokolade nicht gut finden!

Fangen wir an. Ich könnte meinen Kakaobauern in Nicaragua einfach mal weniger zahlen. Dann könnte ich statt fixen Mitarbeitern bei mir in der Zentrale beispielsweise Leiharbeitskräfte anheuern. Oder statt Arbeitsverträgen Werkverträge ohne Krankenversicherung. Und die so sehr prekär arbeitenden Menschen mit überhöhten Stückzahlvorgaben pro Schicht noch einmal schön unter Druck setzen. Dann, ja dann kriegen'S um drei Euro zwei Riegel. Oder drei. Super, oder?

Gut, der Bauer in Nicaragua wird auf seine hohen Standards pfeifen, um annähernd so viel Geld wie bisher zu bekommen und Pestizide und nicht nachhaltige Rohdungen einsetzen, damit er seine Familie erhalten kann. Meine Mitarbeiter hier gehen dann öfters in den Krankenstand, weil sie sich kaputt hackeln. Aber wurscht. Kein Vertrag, also einfach bei der Leiharbeitsfirma neue holen. Ich zahle ja die Stundenanzahl, nicht den Menschen. Oder mich einfach mit prekären Arbeitsverträgen am Arbeitslosenmarkt bedienen. Gibt doch eh genug! Dass die Allgemeinheit meine widerlichen Geschäftspraktiken zahlen müsste, nehm ich halt in Kauf. Ist ja nicht mein Geld!

Achja: Wollen Sie überhaupt drei Riegel? Schmeckt Qualitätsarbeit überhaupt, wenn man sie im Überfluss genießen kann? Champagner bis zum Abwinken schmeckt irgendwann auch wie billiger Prosecco. Und jeden Tag ein viertel Kilo Kaviar verursacht mit der Zeit eine Eiweißvergiftung. Das nur nebenbei...

Manche Dinge kosten halt, was sie kosten und um sie zu produzieren, braucht es ein soziales Gewissen und eben mehr Geld als bei der Diskontschokolade. Ich kann mir echt nicht vorstellen, dass es in diesen unzähligen Produktionshallen für Billigfutter besser ist, als in den Fabriken von vor hundert Jahren oder gar in Arbeitslagern. Und ich denke auch, dass wir kurz davor stehen, dass unser ganzes „Du musst konsumieren“-System zusammen bricht. Weil, um ein anderes Beispiel zu nennen, ein Schweinsschnitzerl aus Bioproduktion um deutlich mehr als 1,99 das Kilo, wie man es im Supermarkt bekommt, einmal in der Woche besser schmeckt, als es sich jeden Tag reinzupfeffern.

Genau diesen Punkt verstehen in meinen Augen immer mehr Leute. Wir müssen weg vom Konsumieren, hin zum Genuss. Dann schmeißen wir auch weniger Lebensmittel weg und es bleibt mehr für alle übrig.

Ich will Ihnen ja auch gar nicht einreden, voll viel von meiner Schoki zu kaufen. Gönnen Sie sie sich halt einmal in der Woche - oder im Monat. Da schmeckt's dann viel besser!

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Petra vom Frankenwald

Petra vom Frankenwald bewertete diesen Eintrag 22.03.2016 09:18:57

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