Das Thema Freundschaft gerade zu Allerseelen bewegt mich. Noch bin ich zwar nicht in einem Alter, in dem man zahllose Freunde an den Tod verloren hat. Doch es gibt zwei Menschen, die mir immer fehlen werden: Thomas und Leo.

Die Erinnerungen an Leo sind noch frischer. Er war vielleicht der introvertierteste Mensch, den ich je gekannt habe. Ein Künstler, der langsam daran zerbrach, dass der nüchterne und kalte Prozess der Marktwirtschaft seine Kunst immer weniger brauchte. Er gravierte Waffen. Seine Einlegearbeiten sind unübertroffen. Er liebte wie ich das Segeln und war auf zahlreichen meiner Törns unser Smutje. Er war aufmerksam, hilfsbereit, einfach ein Herz von einem Menschen. Ich bin froh, dass wir uns gekannt haben. Es macht mich unendlich traurig zu wissen, dass wir nie mehr gemeinsam den Wind in den Haaren spüren werden und die Gischt spritzen sehen. Er verstarb genau heute vor einem Jahr im LKH Salzburg an Leberversagen. Mast und Schotbruch, mein Freund, und immer einen handbreit Wasser unter dem Kiel.

Thomas habe ich während des Studiums kennengelernt. Er war und ist mein Bundesbruder in unserer Studentenverbindung. Wir haben, gelernt, gelacht, getrunken, geliebt und geweint. Wir haben gemeinsam die Welt erobert, während wir bei einem Glas Bier saßen. Wir haben gefeiert als ob es kein Morgen gäbe. Wir waren Brüder. Und irgendwann habe ich geheiratet. Ich habe eine Familie gegründet. Ich habe ein Unternehmen aufgebaut. Ich hatte kaum noch Zeit. Und eines Vormittags erreicht mich der Anruf: "Thomas hat sich erhängt." Ich weiß nicht wie viele Male ich mich seither gefragt habe, was gewesen wäre, wenn ich ein besserer Freund gewesen wäre, mir Zeit genommen hätte, gemerkt hätte wie schlecht es ihm geht wegen seiner Trennung. Fiducit toter Bruder!

Wahre Freundschaft soll nicht wanken,

wenn sie gleich entfernet ist;

lebet fort noch in Gedanken

und der Treue nicht vergisst.

Keine Ader soll mir schlagen,

wo ich nicht an dich gedacht;

ich will für dich Sorge tragen

bis zur späten Mitternacht.

Wenn der Mühlstein traget Reben

und daraus fließt kühler Wein,

wenn der Tod mir nimmt das Leben,

hör’ ich auf, getreu zu sein.

Meine Freunde ihr seid vorausgegangen. Wir werden uns wiedersehen!

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