Man selbst zu sein ist gar nicht so einfach

Die Millennials sind gelöst von früheren extrem autoritären Erziehungsmaßnahmen und endlos beschränkten Klassensystemen. Heute wird einem die Freiheit des Ichs förmlich in die Wiege gelegt. Jeder kann sein wie er will, Toleranz und Diversity sind die Schlagworte. Eine breite Masse an unterschiedlichen Persönlichkeiten mit eigenen Standpunkten und Vorstellungen ist das, womit sich meine Generation schmückt. Mittlerweile scheint es so, als müsse jeder sein Ich definieren und auch darstellen - ob auf sozialen Netzwerken oder im Smalltalk. Die Selbstdarstellung auf sozialen Netzwerken fällt besonders den Identitätslosen immer schwerer und zwingt sie zu Helfern, die das eigene Ich optimieren: bespielsweise Facetune oder gekaufte Follower. Man selbst sein: so leicht dahingesagt, so schwer mit der Realität zu verknüpfen. Wenn man sich so umsieht, kann man nämlich beobachten, dass die Freiheit besonders innerhalb der wichtigen Lebensfragen, vielen Menschen zu schaffen macht. Denn viele sind in erster Linie überhaupt nicht fähig sich selbst zu reflektieren. Wie sollen diese dann überhaupt wissen, wer sie eigentlich sind? Andere passen sich einer gewissen Gesellschaftsschicht, für welche sie eine gewisse Bewunderung hegen, an. In der Hoffnung "du wirst, mit wem du dich umgibst" bewahrheite sich irgendwann. Dass die Freiheit unseres Willens nur Illusion ist, hat Freud bereits ausführlich postuliert, doch auch die Freiheit wir selbst zu sein ist in vielen Fällen nicht nur Illusion, sondern auch eine große Bürde der jungen Generationen. Während anderen Generationen alles vorgeschrieben wurde und ihre berufliche Laufbahn bereits durch die Herkunft festgesetzt war, leiden wir an Identitätsfragen.

Wenn man sich allein die Unschlüssigkeit bei der Berufswahl der Abiturienten ansieht, kann einem die Generation wirklich leidtun. Wir beginnen ein Studium - nach etlichen Berufseignungstests und Studienrichtungsanalysen - und fragen uns nach der Entscheidung weiterhin: ist das das, wo ich hinwill? Will ich überhaupt wer sein? Und was, wenn nicht? Wie soll man sich in diesem breiten Spektrum an Möglichkeiten selbst wiederfinden? Arbeitlose Hochschulabsolventen auf der einen Seite, auf der anderen Seite ein Mangel an Akademikern. Frauen, die Karriere machen wollen, müssen sich rechtfertigen, Frauen, die Hausfrau und Mutter sein möchten, müssen sich rechtfertigen. Andererseits gibt es viele, die gar nicht ideal in dem angefangenen Studium aufgehoben sind und womöglich in einer Ausbildung glücklicher gewesen wären. Und dieses, durch das Fehldeuten der Identität, entstandene Unglück ist dann womöglich wieder ein Trigger für die Volkskrankheit Depression. Sieht man sich das Ausmaß solcher psychischen Erkrankungen an, erscheint einem das Wirkungsmodell im Zusammenhang mit den Identifizierungsproblemen ziemlich schlüssig.

Alles sein zu können, scheint eben doch nicht so einfach zu sein, wie es beim Aussprechen klingt. Denn die Freiheit zerfrisst uns mit all ihren Möglichkeiten - und das nicht nur im Rahmen der Beschleunigung. Die Last der Freiheit ist ein Problem, welches uns aber sicher nicht für immer so verunsichern wird. Schon jetzt hilft uns nämlich die Technik, wie etwa Amazon oder Netflix, indem sie uns Dinge vorschlagen, welche uns aus dem Sammelsurium an Angeboten gefallen könnten. Und wer weiß, ob sie uns nicht in ein paar Jahren mit unserem Ich helfen kann. Somit ist die Suche nach Identität nicht nur eine Last, sonden auch Charaktereigenschaft unserer Generation, welche uns von anderen unterscheidet und definiert... ;)

satyatiwari/pixabay

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Margaretha G

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