Nur noch kurze Zeit und die CSU steht vor dem Scherbenhaufen ihrer einstigen Erfolgsgeschichte. Ich denke, es gilt als gesichert, dass es die bayerische Staatspartei im freien Fall schafft unter 40 % auf den Boden der Tatsachen zu knallen.

FJS der CSU Übervater

Franz-Josef Strauß war der unübertroffene Übervater dieser ehemaligen landesspezifischen Volkspartei. Kein Wunder wurde er, vor allem in den Bierzelten, als König von Bayern gefeiert. Er nahm nie Blatt vor den Mund und schaffte sich dadurch natürlich genügend Feinde, aber auch große Bewunderung wurde ihm entgegengebracht. Vor 30 Jahren hat er die Bühne der Politik und des Lebens für immer verlassen. Für Strauß waren Affären selbstverständlich nichts Fremdes. Doch darauf, wie zum Beispiel die Flickaffäre, will ich hier nicht weiter eingehen. Es ist halt so eine Sache mit den Parteispenden. Da war Strauß ja immer in guter politischer Gesellschaft.

Ich gebe es offen zu. Mir hat Strauß gut gefallen. Schon allein seine Reden waren wie ein Rockkonzert, wo er Massen bewegen konnte. Einfach klasse und genial.

Sind wir doch einmal ganz ehrlich und lassen das Moralgefasel weg. Was will denn der „Normalbürger“? Politiker, die sagen was sie denken und machen, was sie sagen; einfach ausgedrückt.

Thematisch gesehen wollen sie Sicherheit und Wohlstand. Sicherheit gibt es oder gab es im funktionierenden demokratischen Rechtsstaat. Wer sich nicht an die Spielregeln hält, muss oder musste mit entsprechenden Konsequenzen rechnen. Wohlstand ist geknüpft an den sicheren Arbeitsplatz. Die Arbeitsleistung muss fair bezahlt werden, so dass der Arbeitnehmer mit einem Job seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Selbst mit dem Mindestlohn kann das inzwischen enorm kompliziert werden. Es gab sogar einmal Zeiten, wo sich Frauen für die Familie entscheiden konnten. Heute sieht es doch so aus, dass viele junge Familien gezwungen sind, dass die Frau mitarbeitet ohne dabei gleich Karrieregedanken im Kopf haben zu müssen. Es reicht finanziell einfach nicht mehr. Die Zeit ist im Umkehrschluss jedoch so fortschrittlich geworden, dass viele Frauen unabhängig sind und sich auf ihre Karriere konzentrieren können. Das soll jedem seine persönliche Entscheidungen bleiben. Hier geht es aber um die Rahmenbedingen die nicht einmal mehr ansatzweise stimmen.

Der Übervater vom Nachbarland

Ich komme aus dem Nachbarland von Bayern, Baden-Württemberg. Ähnlich wie Bayern FJS hatte, hatten wir unser Cleverle. Lothar Späth, alias Cleverle, verstand es, sich brillant aus dem Sumpf zu ziehen, wenn er darin steckte; darum wohl auch der Beiname Cleverle, was so viel bedeutet wie sehr sehr schlau.

Mit Cleverle hatte ich einige Begegnungen. Als junger Polizeibeamter, Anfang der 1980er Jahre, war es üblich, dass wir beim Personen- und Objektschutz in der Landeshauptstadt landeten. Auch ich durfte mich nach meiner Zeit in einer Einsatzabteilung, wo ich mit den Autonomen herumprügeln musste, gleich ins nächste Abenteuer stürzen. Damals war die RAF noch aktiv und es gab genügend Schutzpersonen, wie zum Beispiel der Ministerpräsident. Einige Zeit war ich direkt bei Cleverles wechselnder Personen- und Objektschutztruppe (POS genannt) eingesetzt. Zusätzlich hatte er noch feste Leibwächter, die ihn sozusagen auf Schritt und Tritt begleiteten. Zeitweise war ich auch bei der POS-Truppe von Edzard Reuter dem damaligen Daimlerboss. Die erfahrenen Kollegen (Kollegen deshalb weil es damals noch keine Frauen im Streifendienst gab) klärten uns „Junggemüse“ auf, welcher Wirtschaftsboss oder Einflussreiche gerade am Villator hereingelassen werden wollte, um zum Landesvater zu gelangen. Wenn ich dann in der Staatskanzlei war, wunderte ich mich immer, was Cleverle am Sonntagnachmittag dort wollte. Er und seine Begleiter sollten auch nicht durch Fußstreifen gestört werden. Ah klar, schnell wussten wir Bescheid, es war die Skatrunde.

FJS wie auch Cleverle verstanden sich mit den Wirtschaftsbossen. Die Wirtschaftsbosse hingegen müssen auch verstanden haben, dass dies keine Politkasper waren, die gerade in Regierungsverantwortung waren. Keiner nahm irgendwie Schaden an diesen Beziehungsgeflechten. Klar, Unrecht kann nicht hingenommen werden. Ich glaube, es interessierte aber auch groß niemand, wer mit wem und was, solange es einem arbeitsplatztechnisch gut ging und im Umfeld soweit alles stimmte.

Ich hatte damals das Gefühl, dass man auch als Fabrikarbeiter angemessen verdiente und sich sein Leben gut leisten konnte. Wenn es mehr gab, mehrte sich auch der Luxus.

Von seinen persönlichen Leibwächtern haben wir heimlich erfahren, was Edzard Reuter damals als Daimlerboss verdiente. Um die 180.000 DM, im Jahr dachte ich zuerst. Nein, im Monat. Im Jahr um 2 Mio. DM, also 1 Mio. Euro. Und jetzt was „verdient“ der bald scheidende Herr Zetsche, fast das Neunfache. Das im Zeitraum von etwa 3 Jahrzehnten. Das nur am Rande bemerkt.

Zurück zur Bevölkerung. Ob die Politiker nun Skat spielen, oder wie Strauß mit Leuten wie Flick einen Rundflug machten und dabei Parteispenden einflogen oder dergleichen ist doch der Masse der Leuten irgendwie egal. Wie gesagt, Hauptsache in ihrem Umfeld stimmt es einigermaßen mit den Lebensgrundlagen wie Arbeit, Sicherheit, Wohnen, medizinische Versorgung und nicht zu vergessen, dass das Gerechtigkeitsgefühl einigermaßen im Lot gehalten werden kann.

Foto: Norbert Zerr

Als ich politisch aktiver wurde, traf ich Cleverle mehrmals. Ein unvergessenes Zusammentreffen kam in Brüssel zustande, wo ich zum CDU Wirtschaftsrat eingeladen war. Ich saß damals in der EU-Landesvertretung Baden-Württemberg bei Cleverle beim gemeinsamen Abendessen. Natürlich war er auch ein Machtmensch, der über Leichen gehen konnte. Das Land wurde damals bereits von Günther Oettinger, dem unliebsamen Nachfolger Erwin Teufels, geführt. Erwin Teufel, war wie man vernehmen konnte, wohl auch nicht der Cleverle-Nachfolge würdig. Ich persönlich halte von Erwin Teufel so viel wie von Seehofer, mehr will ich dazu aber nicht sagen.

Wie es mir schon oft passierte ging mein Temperament mit mir durch. Ich sagte Cleverle so sinngemäß, ich glaube die CDU entwickelt sich zu einem richtigen schlappen unterwürfigen Sauhaufen, also schon etwas richtig schwäbisch derb. Merkel war damals schon Kanzlerin. Für mich war das bereits der Anfang vom Ende. Wie konnte man so eine DDR-geprägte Frau ungehindert durchmarschieren lassen.

Das was mir Cleverle darauf entgegnete hat sich in mein Gedächtnis eingeprägt wie Pferden ein Brandzeichen. Cleverle schaute mich mit einem stechenden Blick und seinen dünnen Lippen fast schon drohend an. Oh, dachte ich, jetzt drischt er sicher verbal auf mich ein. Kurz und knapp entgegnete er mir: Das ist nicht mehr meine CDU. Das war wie ein K.O.-Schlag und unser Gespräch war beendet. Nachdenklich schaute er an die Decke.

Zum Tode von Lotahr Späth

Wahrscheinlich würde Franz-Josef Strauß das heute auch über seine CSU sagen.

Es blieb ihm erspart erleben zu müssen, was eine Kanzlerin Merkel aus der Schwesterpartei gemacht hat und seine Erben aus seiner CSU.

Die CSU-Strauß-Erben

Mit Stoiber der in zehn Minuten über den Bahnhof zum Flughafen fliegt fing es schon an. Die Steigerung sind Söder und Seehofer. Hätte man sich so ein Theater, das Seehofer in letzter Zeit vorführte bei Strauß vorstellen können?

Oder einer wie Söder oder Ilse Aigner. Das sind doch keine Repräsentanten einer ehemals blühenden Strauß-Partei.

Rein in die Kartoffeln raus aus den Kartoffeln. Obergrenze mit oder ohne Deckel. Grenzschutz, Transitzentren und so weiter und sofort. Nach den seehoferischen Drohgebärden nimmt er stets immer wieder brav auf Muttis Schoß Platz. Mutti indessen murkst weiter an irgendeiner nie funktionierenden europäischen Lösung weiter. Hätte man sich so etwas bei Strauß vorstellen können? Und das ist nicht einmal Satire.

Es wäre ein Genuss und vielleicht wieder eine Richtung, wenn Strauß oder Helmut Schmidt, den ich auch sehr verehre, heute noch in politischer Verantwortung wären und sich mit solch einer Kanzlerin auseinandersetzen würden. Da wäre Politik wieder spannend, lebendig und die AfD müsste nicht ständig die Wiederbeatmung des Parlaments übernehmen.

CSU-Trauerspiel

Bayern geht es im Vergleich mit anderen Ländern wirklich blendend. Das ist zweifelsfrei ein Verdienst der alten CSU. Aber wer weiß, vielleicht steht den Bayern noch bevor, was wir hier im ehemaligen Cleverleland schon hinter uns haben. Eine CDU, die grün umlackiert wurde. Vermutlich bleibt der CSU das totale Dilemma erspart. Zusammen mit der FDP und den Freien Wählern müsste Söder nicht um seinen ehrgeizig erkämpften Thron bangen. Darum geht es ja, um die Macht und nicht das Volk. Trotz des wahrscheinlichen Machterhalts wurde die Partei in ihren Grundfesten enorm beschädigt.

Treffend für die Situation sind die Worte eines ehemaligen Wegbegleiters von Franz-Josef Strauß, Wilfried Scharnagl, Ex-Journalist und EX-CSU-Politiker bringt es in einem Spiegelbericht (Spiegel Nr. 41) auf den Punkt. Das Land steht hervorragend da und wurde unter Einsatz seines Freundes Strauß vom Agrarstaat zum attraktiven und wohlhabenden Industrieland umgeformt. Für diesen jahrzehntelangen Einsatz wird Scharnagls geliebte CSU nun abgestraft am Sonntag abgestraft und gedemütigt. So kann man die weiteren Worte Scharnagls interpretieren. Seinem Parteifreund Seehofer gab Scharnagl Recht als dieser sagte die Migrationsfrage ist die Mutter aller Probleme. Doch Merkel, die Scharnagl in dem Spiegelbeitrag als Unglück der Union bezeichnet wird das nie begreifen. Weiter beklagt er, dass seine Partei gefügig geworden ist.

In seinem Buch, das vor ein paar Jahren erschienen ist schreibt Scharnagl, dass Bayern es auch allein kann. Was so zu verstehen sein dürfte, dass Bayern ein eigenständiges Land wie Österreich sein könnte. Von der Einwohnerzahl her allemal, oder ein Zusammenschluss mit Baden-Württemberg, wäre vielleicht auch eine Variante. Da könnte man die Zahlungen für den Länderfinanzausgleich sicher besser verwenden wie eine sexy Bundeshauptstadt zu subventionieren.

Das wäre wohl zu weit gegriffen und schwer umsetzbar, doch die Trennung von der Schwesterpartei, wäre die logische Konsequenz gewesen, wenn ich Scharnagl richtig verstanden habe. Aber selbst dazu sind sie zu feige, die Straußserben. Wie Scharnagl denken sicher viele Bayern, die wahrscheinlich aus Frust am Absturz der CSU mitwirken werden.

Strauß und die AfD

Hätte Strauß nun die AfD gewählt? Tochter Hohlmeier ist sich sicher, niemals hätte er das gemacht. Die Straußkinder sind empört, dass ihr verstorbener Vater als AfD-Wähler instrumentalisiert wurde.

Aber warum die Empörung? Natürlich hätte Strauß die AfD nicht gewählt. Gäbe es noch einen wie Strauß und den harten Kern seiner Mannschaft, dann gäbe es zumindest in Bayern bestimmt kein Einzug der AfD in das Bayernparlament. Denn wie der ehemalige CSU-König einmal sagte, rechts neben der CSU ist kein Platz für eine andere Partei. Wahrscheinlich hätte Strauß Merkel und ihre nicht nachvollziehbare Politik mit allen Mitteln seiner Macht bekämpft. Möglicherweise auch in Kooperation mit Helmut Schmidt. Dann wäre Merkel vielleicht schon im Nirwana der Politik verschwunden und die AfD wäre nie ein Thema gewesen. Politiker wie Schmidt und Strauß wird es bedauerlicherweise nicht mehr geben.

Es wird den „Anständigen“ auf die Dauer nichts mehr nützen, auf die verhassten „Naziparlamentarierer“ unter Mitwirkung der Leitmedien einzuknüppeln und den Wählern ein schlechtes braunes Gewissen einzureden.

Sie müssen wieder gerechte und nachvollziehbare Politik für das Volk das sie gewählt hat machen. Dabei kann eine vertretbare und realistische Migrationspolitik problemlos mitgetragen werden und uns bleiben endlich die ständigen nervenden Populismus Diskussionen erspart.

Es reicht nicht mehr zu sagen, wir haben verstanden wir müssen die Menschen ernst nehmen. Ungebremst geht es nach diesen Phrasen weiter so.

Es würde mich nicht wundern, wenn Seehofer diese Phrasen wieder als Kommentierung des mit Spannung erwarteten CSU-Ergebnisses mit einer 3+? Von sich gibt.

Das was wir jetzt in der Politik erleben ist das Bekämpfen eines Feuers mit Benzin.

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