Todgesagte Leben länger. Manche macht es sogar unsterblich.

Kürzlich machte ich eine erfreuliche Entdeckung beim Sortieren meines Altpapiers. Zwischen dem Stapel, den ich eigentlich gerade wegwerfen wollte, lag ein Blatt mit einem aufgedruckten QRC Code. Als ich daneben die Worte “Mycelium Wallet Backup” sah, bekam ich einen Adrenalinschub. Die Mycelium Software dient dem Handel und der Lagerung von Bitcoin. Ich hatte es zwar längst vergessen, aber als ich vor ein paar Jahren noch im Bitcoin-Mining Geschäft war, speicherte ich meine Coins auf alle möglichen Arten - einen Teil davon über die Mycelium App auf diesem besagten Blatt Papier. Wieviele Coins, und wie hoch der Kurs damals war, hatte ich längst vergessen. Theoretisch kann man auf einem Blatt Papier, welches man in einem Buch in einer Bibliothek versteckt, Millionen von € lagern, ohne dass irgendjemand das sehen könnte. Der QRC Code alleine sagt nichts über die Menge an Bitcoins aus - er ermöglicht nur den Zugriff auf die digitale Geldbörse, welche tief in der Blockchain (Bitcoin Datenbank) verschlüsselt ist. Da stand ich nun, und starrte den QRC Code an. Der Bitcoin Wert hatte sich in der Zwischenzeit vervielfacht, was wiederum erklärte, weshalb mein Puls die aerobe Zone erreichte.

Für viele Leute sind Bitcoins nach wie vor dubios. Ein digitaler Ponzi Trick, ein betrügerisches Schneeballsystem. Mal abgesehen davon, dass es absolut nichts mit solch einem System zu tun hat, ist der Kreis der Skeptiker mittlerweile auch stark geschrumpft. In der Finanzwelt gilt die Währung längst als eine interessante Anlageform. Nachdem viele Investoren den Ärger verkraftet haben, nicht von Anfang an dabei gewesen zu sein, schielten sie langsam immer gieriger auf den Marktplatz, der bisher eher Nerds, Hackern und Kriminellen für ihre Aktivitäten im Dark Web vorbehalten war (siehe mein Beitrag in eMedia 10/16).

Wie schon ein paar mal davor, hat der Kurs Ende des Jahres 2016 einen Höchststand erreicht, um dann wieder drastisch zu sinken. Die Mehrheit der Medien berichtete über diese Entwicklung negativ. Absturz, Crash, Tod - angesichts der Wortwahl mancher Berichte verdrehten Blockchain Profis gelangweilt die Augen, und fragten sich, warum noch immer Leute über Kryptowährung schreiben dürfen, die noch nie einen Coin gekauft, geschweigedem gemined haben. Die starke Volatilität nannte man in der Szene lapidar “Jahresendzeitkursanstieg”, mit darauf folgenden Gewinnmitnahmen. Natürlich wurde in den nicht Bitcoin-affinen Medien auch die Tatsache erwähnt, dass es in China nun konkrete Regulierungen gibt, aber solche Meldungen sind im Bitcoin Universum längst zur Normalität geworden. In Wahrheit geht es Bitcoin besser denn je, und hier sind ein paar Gründe dafür:

Bitcoin ist etabliert: die Zeiten sind längst vorbei, als Bitcoins hauptsächlich verwendet wurden, um im Dark Web gutes Gras, LSD oder reines Koks zu kaufen. Die Horrorstories, dass man auf Silkroad auch Morde oder Kinderpornographie kaufen konnte, waren ohnehin immer genau das: Legenden. Ja, Waffenhandel findet im Darkweb statt. Er findet aber auch im Surface Web statt, wo jeder Bürger ohne Waffenschein eine Repetierbüchse kaufen kann, deren Munition viel tödlicher ist, als die einer halbautomatischen Glock 9mm. Die dubiosen Zeiten sind vorbei. Heutzutage sind längst seriöse Banken im BC Business tätig, und jene die als erstes eingestiegen sind, sind sehr froh darüber, sie befinden sich im digitalen Goldrausch.

Bitcoin ist zu sehr vernetzt: oft wird spekuliert, dass BC eines Tages verboten wird. Dabei haben jene Leute die von einer “Prohibition” reden, nicht unbedingt Ahnung von was sie reden, denn ein Verbot wäre schwerer durchzusetzen, als das Verbot von Torrent Software oder MP3 Tauschbörsen. Ausserdem ist BC bereits so populär, dass es mehr Befürworter als Gegner gibt.

Bitcoin als Zahlunsgmittel: Wer ein Steam Account hat, weiß es vielleicht schon. Der mit Abstand größte Software Online Shop der Welt, akzeptiert Bitcoin. Und der Gründer dahinter, Gabe Newell, hofft mit Sicherheit, dass möglichst viele Leute diesen Service nutzen. Als unbestrittenes Tech-Genie welches er ist, weiß er über das Potential bescheid. De facto gibt es kaum noch einen Bereich in dem man nicht mit Kryptowährung bezahlen kann, es gibt sogar Gemeinden in den USA, die ihre Angestellten in BC bezahlen. Einziges Problem - der Großteil der BC Besitzer glauben so stark an diese Währung, dass sie sie lieber als Anlage behalten, als damit zu bezahlen. Dennoch hat der Warenkauf extrem zugenommen.

Mythos als Mediengarant: Bitcoin wurde von Satoshi Nakamoto ins Netz gestellt. So die Legende. Seither haben etliche Leute behauptet, dieser ominöse Programmierer zu sein, etliche Zeitungen haben sich als Enthüller gefeiert. Niemand behielt bisher recht, der in den USA lebende Physiker Dorian Satoshi Nakamoto ging rechtlich gegen Newsweek vor, die eine “fulminante Enthüllungstory” über ihn schrieben - und offenbar total falsch lagen. Theoretisch könnte der echte Bitcoin Erfinder über die Blockchain den Beweis erbringen, dass er es ist - was jedoch noch nicht passiert ist. Das Mastermind hinter Bitcoin will nicht erkannt werden. Vielleicht sitzt er ja schon auf einer mit Bitcoin gekauften Insel in Fernost, ist wie ein Bond Bösewicht von exotischen Schönheiten umgeben, und trinkt geschüttelten Vodka Martini. So etwas ist der Stoff aus dem man heutzutage Science Fiction Romane schreiben würde, nur ist Bitcoin Realität. Diese Währung verdient die ganze Aufmerksamkeit also nicht zu unrecht.

Blockchain als Zukunft der Zahlunsmittel: Wer auch immer BC erfunden hat, er hat die Blockchain programmiert. Der Code ist Open-Source, also für jeden zugänglich. Längst sind unzählige neue Kryptowährungen entstanden - Etherum, Litecoin, Monero um ein paar zu nennen. Während Bitcoin auf einen Durchschnitt von 1.000 $ zusteuert, dümpeln die Ableger eher zwischen 5 und 15 $. Der Großteil verschwindet wieder von der Bildfläche. Was aber interessanter ist: so manche Banken und Großkonzerne wollen ebenfalls eigene Währungen starten, und greifen den Bitcoin als Goldstandard im Krypto-Currency Universum an. Sie sind auch bereit, dafür Kapital zu investieren, und arbeiten an verschiedenen Geschäftsmodellen. Für den Bitcoin sind das eher gute Nachrichten, würde es doch die Krypto-Währungen endgültig als seriös zementieren.

Bitcoin sind limitiert: von Beginn an, waren BC auf eine Zahl von 21.000.000 begrenzt. Niemand kann einfach welche “nachdrucken”. Die USA machen zum Beispiel genau das mit dem $, und kommen damit verrückterweise durch - bei einer Staatsverschuldung von fast 20 BILLIONEN (!!!) Dollar! . Der $ ist eigentlich an den Goldstandard gebunden. Aber das Gold in Fort Knox hat das letzte mal 1974 ein Journalist zu Gesicht bekommen, und da auch nur eine der 13 Kammern. Niemand weiß, ob in Fort Knox überhaupt noch Gold liegt. Bei Bitcoin ist jeden Transaktion über die Blockchain einzusehen. Jeder weiß was passiert. Mehr Transparenz gibt es nicht!

Es sind noch nicht einmal alle Bitcoins im Umlauf: zum derzeitigen Stand (24.01.2017) sind exakt 16.121.413 Coins im Umlauf. Bis die restlichen 5 Millionen von allen Bitcoin Minern aus dem Code geschürft werden, vergehen nach aktuellen Schätzungen noch über 10 Jahre. Der Prozessor der den letzten aus der digitalen Mine hackt, wird für heutige Verhältnisse eine gigantische Rechenleistung haben. Interessanter ist natürlich, was dieser Coin bis dahin wert sein wird.

Übrigens: auf meinem QRC Code war ein halber Bitcoin gespeichert. Nicht schlecht, wenn man bedenkt dass ich den Zettel im Altpapier entsorgen wollte...

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 24.01.2017 15:02:11

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