Manchmal zeigt sich Fortschritt nicht in großen Gesten, sondern in der stillen Beharrlichkeit der Vernunft. In einem Land, das gern auf Bewährtes schaut, war es Robert Habeck, der sich traute, vorwärtszudenken – und zwar dorthin, wo Zukunft tatsächlich stattfindet. Er hatte verstanden, dass der Wettlauf um saubere, sichere Energie längst global entschieden wird – nicht durch ideologische Lagerkämpfe, sondern durch Tempo, Technik und Innovationsmut.
Deutschland, so war seine Überzeugung, müsse jetzt in diesen Wettlauf investieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Während Amerika Milliarden in grüne Technologien pumpt, China zugleich die Lieferketten besetzt und selbst Osteuropa seine Energiepolitik neu justiert, ringt die Bundesrepublik seit Jahren mit der Angst vor Veränderung. Habeck sah diese Gefahr früh: Wer zu lange zögert, verliert nicht nur Zeit, sondern auch Souveränität.
Doch die neue Regierung unter Katharina Reiche hat genau das getan, wovor er gewarnt hatte. Sie hat gebremst, gezweifelt, verschoben – und im Zweifel lieber „prüfen“ lassen, bis die Uhr weitergelaufen ist. Das Beharren, das sich als Pragmatismus tarnt, ist nichts anderes als Selbstblockade. Der Wille, das Rad der Geschichte noch einmal zurückzudrehen, beraubt das Land seiner eigenen Chancen. Während andere Nationen längst neue Industrien aufbauen, diskutiert Deutschland immer noch über Heizungen und Gasreserven, als sei das die neue Leitwährung der Vernunft.
Reiche hätte die Gelegenheit gehabt, die vorgezeichnete Linie weiterzuführen und damit Verantwortung zu beweisen. Stattdessen versuchte sie, sich in Distanz zu ihrem Vorgänger zu profilieren – mit großspurigen Ankündigungen und aufgeschäumten Zahlen. Das Ergebnis: Zeitverlust, Unsicherheit und eine vertane Chance, die Energiewende europäisch einzubetten. Die EU hat ihr den gleichen Rahmen gesetzt, den Habeck bereits ausgehandelt hatte – 12,5 Gigawatt Reservekapazität, wasserstofffähig, zukunftsoffen. Mehr war nicht möglich, und weniger wäre töricht gewesen. Damit ist Reiches Politik nicht nur Rückschritt, sie ist auch ineffizient.
Dabei liegt das Prinzip von Fortschritt auf der Hand: Man investiert in Wandel, weil Stillstand teurer ist. Habeck hatte es verstanden, Reiche hat es verworfen. Der Versuch, mit Rückschritt Stabilität zu erzeugen, ist ein gefährlicher Irrtum. Denn Stabilität entsteht nicht aus dem Festhalten, sondern aus Anpassungsfähigkeit.
Während die Welt längst in erneuerbare Netze, Speichertechnologien und digitale Steuerungssysteme investiert, steht Deutschland auf der Bremse. Jeder verlorene Monat kostet Vertrauen, Investitionen und Innovationskraft. Die Blockadepolitik ist kein Schutz vor Wandel, sondern seine teuerste Form.
Die Vernunft, so zeigt sich jetzt, besteht nicht im Abwarten, sondern im Machen. Habeck hat in einer Phase massiver politischer Aggression den unbequemen, aber notwendigen Kurs eingeschlagen: raus aus der Selbsttäuschung, hinein in die Realität eines sich wandelnden Energiemarkts. Sein Ziel war nicht Ideologie, sondern Wettbewerbsfähigkeit – ein Land, das durch Technik, Wissen und Planungssicherheit bestehen kann.
Reiche dagegen hat Deutschland wertvolle Zeit und Glaubwürdigkeit gekostet. Ihr Zögern, ihre populistischen Schlenker, ihre demonstrative Abgrenzung von der Richtung, die längst notwendig ist – all das zieht Deutschland aus dem Takt. Der Fortschritt bleibt ein paar Züge voraus, und je länger man auf alte Parolen vertraut, desto schwieriger wird der Anschluss.
Es ist bezeichnend: Wo Habeck diese Republik langfristig sichern wollte, führt Reiches Kurs in die Rückversicherung des Gestern. Das mag politisch bequemer wirken, ist aber ökonomisch brandgefährlich. Die Zukunft fragt nicht, wer recht behalten wollte – sie belohnt, wer gehandelt hat.
Nun liegt es an der Vernunft, sich wieder Gehör zu verschaffen. Denn Fortschritt ist keine Richtung, die man wählt – er ist die einzige, die bleibt.