Plus Size Fashion Days – so kleidet man Kurven

Gäbe es das Internet nicht, wäre ich nackt. Oder um einiges schlechter gekleidet, und sehr, sehr unglücklich. Warum? Weil ich in ganz Wien und Umgebung gerade mal in einer Handvoll Läden einkaufen kann, und selbst in diesen ausgewählten Shops nur selten Mode finde, die mir passt und auch gefällt.

Gestatten: Rhea, Plussi, also Plus-Size-Tussi – Fashionista mit einer Kleidergröße jenseits von 44/46. Oh, doch, es gibt uns. Und zwar mehr, als man denkt.

Auch Plus-Bloggerinnen können nicht ohne die obligatorischen Selfies leben …

Dass junge, modebewusste Plus-Size-Frauen wie ich von den Mainstream-Medien in der Regel ignoriert werden, ist fragwürdig genug. Noch unverständlicher ist aber, wie sehr der Handel immer noch nicht wahrhaben will, dass wir Geld haben uns es auch gerne bei ihnen loswerden wollen. Während sich die Situation in den USA und England langsam bessert (Modcloth.com z.B. haben vor kurzem eine Plus-Abteilung zu ihrem Angebot hinzugefügt – mit großem Erfolg), ist Mitteleuropa in Sachen Plus-Shopping immer noch Wüste zum Quadrat. Wenn Modeketten überhaupt große Größen führen, werden sie in die Regel in die Shops an die Peripherie verbannt (Sie wollen einen Spitzenrock in Größe 50/52 und wohnen nicht beim Friedhof der Namenlosen? Pech gehabt). Die meisten Boutiquen haben sich auf ältere, konservativere Kundinnen spezialisiert, die immer noch in Kategorien wie „Problemzonenkaschierung“ zu denken scheinen. Mir und meinen modischen Schwestern im Geiste bleibt nur der Griff zum Laptop, uns mit Versankosten und langen Lieferzeiten herumärgern, und raten, wie denn die Tops und Röcke an unseren Körpern aussehen werden – die Plus-Models, die die Outfits vorführen, sind zwar wunderschön, aber selten üppiger als Größe 42. Auch wenn die Auswahl in den Onlineshops von Monat zu Monat wächst, fällt es schwer, nicht dem letzen London- oder NY-Trip nachzuweinen, wo man tatsächlich in einen echten Laden gehen und dutzende Kleidungsstücke in einer echten Umkleidekabine anprobieren konnte …

Red Carpet: Veranstalterin Tanja Marfo (li.) mit Bloggerin Gaelle aus Paris

Dass es auch anders geht, zeigte letztes Wochenende die deutsche Bloggerin Tanja Marfo, die zu den Plus Size Fashion Days nach Hamburg lud. Was letztes Jahr mit einer Modeschau begann, entwickelte sich zu einem zweitägigen Event in den mondänen Mozartsälen in Alsternähe. Tag eins widmete sich Workshops zum Thema Blogging, der Zukunft der Plus-Size-Industrie und Tipps in Sachen Make-up. Die meisten Besucherinnen der Workshops waren Bloggerinnen – in Österreich gibt es noch kein halbes Dutzend von uns, in Deutschland gibt es inzwischen eine richtige Szene, die ihre Kleiderschänke und Shopping-Schnäppchen online präsentiert. Zu zwei der Workshops luden die Modehäuser Evans und Ulla Popken – wie mehr und mehr Fashion-Firmen erkennen sie, wie wichtig runde Modebloggerinnen sind, wenn das Thema Plus Size in den Medien nur ganz am Rande vorkommt.

Am zweiten Tag konnte eingekauft werden, und dass man Mode von Labels wie Sheego oder Zizi oder Junarose, die man in Österreich nur online bekommt, gleich anprobieren (und mitnehmen) konnte, war einer meiner persönlichen Höhepunkte der Fashion Days.

Das Event endete mit einer mehrstündigen Modegala, und die hatte es in sich. Nicht nur, dass die Veranstalterin Plus-Models wie Fluvia Lacerda und Tinder Badesha aus den USA einfliegen ließ und auch diverse deutsche Modelprofis engagierte. Schon vor Monaten waren Tanja Marfo und ihr Team durch Deutschland getourt, um bei Castings Modelnachwuchs für die Modeschau zu finden. Das Besondere: im Gegensatz zur Curvy is sexy-Fachmesse in Berlin, wo die meisten Models kaum Größe 42 hatten, ließ Tanja die ganze Bandbreite von Plus-Frauen über den Laufsteg tanzen – vor 44 bis 54 und mehr. Profis und Amateurinnen – professionell gestylt und gecoacht – führten Sportmode und City Chic vor, Dessous und Abendkleider und Designermodelle von Anna Scholz und Adam Brody. Die Vielfalt der Körpertypen spiegelte die Diversität im Publikum wieder. Wir Bloggerinnen waren uns einig: Schön, dass wir bei einer Modeschau endlich mal sehen konnten und nicht immer nur raten mussten, wie Mode an uns selbst aussieht.

Plus Size am Laufsteg – Foto (c) Belmondo Photography

Wer jetzt immer noch behauptet, dass Mode nur an Schlanken schön und elegant aussieht, sollte sich nächstes Jahr ein Flugticket nach Hamburg besorgen, damit er eines besseren belehrt wird …

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