Neuerdings wird so ja so oft über den Umgang miteinander gesprochen und geschrieben. Wir merken es im Netz und wir merken es auch draußen im realen Leben: Der Ton ist härter geworden.
Und seit geraumer Zeit geht es nicht mehr nur um die Frage , wie gut oder schlecht man mit anderen Meinungen umgehen kann. Oft, draußen, kommt es gar nicht mehr zum Meinungsaustausch, sondern da sind die Meinungen schon fertig (das allerdings erlebt man hier auch). Der oder die gehört in dieses oder jenes Schubfach und ist folglich so oder so zu bewerten und, schlimmer noch, so oder so zu behandeln. Wobei immer öfter das, was wir so stolz als "Zivilisation" in unserer Gesellschaft ansehen, abhanden kommt.
Überbordende Verbalattacken jenseits des guten Geschmacks treffen auf überbordende (und oft vollkommen ursachenfreie) körperliche Attacken im wahren Leben. Polizisten, Rettungskräfte, Busfahrer und sogar Schiedsrichter auf dem Fußballplatz sind damit konfrontiert, dass sie per sé als Feind angesehen und auch so behandelt werden. Mit allen harten Konsequenzen.
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Zunehmend berichten die Betroffenen, dass aus kleinen Sachen wie z.B. einer Polizeikontrolle plötzlich ein Massenangriff auf ein paar Polizisten wird.
Fotografen, die so etwas bildlich festgehalten haben, zeigen erstaunt auf ihre Fotos: "Das sind Menschen wie du und ich. Die haben sich nicht verabredet, die gehören gar nicht zusammen."
Der Psychologe fasst das Phänomen in griffige Worte: Gewalt als Event. Denn: "Gewalt macht auch Vergnügen." Und er sagt auch: Dass gemeinsam verübte Gewalt so eine Art Kitt ist, der vollkommen fremde Menschen auf eine merkwürdige Art zusammenschweißt. Und das gilt wohl ebenso verbal wie physiologisch.
Suchen die vereinsamten Menschen von heute nach Zusammenhalt und einer neuen Form der Unterhaltung?
Oder ist der Frust so groß, dass man sich über alle Schranken hinweg mit Menschen zusammentun möchte, die ähnlich zu empfinden scheinen.
Und woher kommt er, dieser Frust?
Es sind ja nicht nur die Benachteiligten, Abgehängten in unserer Gesellschaft, die übergriffig werden. Sondern in steigendem Maße beteiligen sich auch die früher gutbürgerlich Genannten, wenn es darum geht, auf der Straße das Filmen von Unfalltoten zu verhindern. Oder wenn auf dem Fußballplatz die gegnerische Mannschaft gewonnen hat und die Eltern der kleinen Fußballspieler den oft jugendlichen Schiedsrichter und einander angreifen.
Der Psychologe sagt: Der Mensch kommt als gewaltbereites Wesen auf die Welt. Fähigkeiten wie Mitgefühl, Hilfsbereitschaft, gewaltfreie Konfliktlösung muss er erst lernen.
Wo haben diese Defizite begonnen? Und warum ziehen Eltern und Lehrer (auch die inzwischen beliebte Opfer von Angriffen sowohl durch Schüler, als auch Eltern) nicht mehr an einem Strang? Ist der viel gepriesene Individualismus, den uns das letzte Jahrhundert einbrachte, mehr Hemmschuh als Befreiungsschlag?
Braucht eine funktionierende Gesellschaft nicht ein Minimum an Zusammenhalt, statt eine Herde von Leistungsmenschen heran zu züchten, die auf Sieg um jeden Preis "getrimmt" werden?
Wie auch immer die Antwort auf diese Fragen aussehen wird: Wir werden das Maß zwischen einer weichgespülten Gesellschaft, die lauter zart besaitete, gleichwohl gewaltbereite Mitglieder hervorbringt, überdenken und ein gesundes Maß zwischen "die andere Wange hinhalten" und "gleich draufhauen" finden müssen.
Denn endlose Deeskaltionstrainings der betroffenen Berufsgruppen, zu denen womöglich jeder irgendwann gehören kann, werden nicht die Lösung sein.
Wenn heute Abend im Report Mainz über die Gegenseite der Medaille, nämlich unverhältnismäßige Polizeigewalt, berichtet wird, mag jeder sich überlegen, ob das Eine nicht vom Anderen kommt.
Wenn Polizisten bei ganz normalen Einsätzen mehrfach in der Woche verbal und regelmäßig auch körperlich angegriffen werden, muss man sich womöglich nicht wundern, wenn ihre Wehrhaftigkeit steigt.
Youtube Screenshot Raubtier Zorn https://www.youtube.com/watch?v=swtPVeyDJII
