Ok, wir reden von Mundart.

Oder doch nicht?

Neulich fiel mir (vielleicht zum öpsundüpzigsten Mal) auf, wie meine junge Kollegin am Telefon sagte: Wegen dem ...

Hä?

Wegen ist immer Genitiv, zweiter Fall, und also "wegen des".

Klugscheißer, der ich zuweilen in Sachen Sprache bin, wies ich meine Kollegin nach etlichen, diesmal vergeblichem, Versuchen, das Thema zu ignorieren, nun doch darauf hin.

Was sie irritierte.

Ja, ehrlich?

Und wurde hernach der Problematik ansichtig, dass sie sich mehrfach verhedderte und ihren Sprachfluss im Sinnieren über ihre richtige oder falsche Grammatik verlor.

Ich schwöre: ICH MACHE DAS NIE WIEDER!

Es ist umso sinnloser, als man eben gerade diesen Fehler allerorten hört.

Und das, obwohl Bastian Sick schon vor weit mehr als zehn Jahren auf das Problem hinwies.

"Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" landete zwar in den Bestsellerlisten, hat aber das Klassenziel verpasst.

Inzwischen juckt es niemanden mehr, wenn selbst Nachrichtensprecher oder Journalisten diesen Fehler begehen.

Von Filmsynchronisationen gar nicht zu reden.

Und ich gebe zu, dass ich womöglich in dieser Sache reichlich pingelich, äh, pingelig bin. Und könnte gar nicht sagen, warum.

Weil es dermaleinst in der Schule so ein Kampf war, das Krams zu lernen?

Eigentlich musste man ja lernen, welche Präposition welchen Fall nach sich zieht.

Jede war anders und es gab kein Gesetz.

Man musste diesen Scheiß einfach lernen.

Wer viel gelesen hat, hatte Glück. Der lernte diese Dinge praktisch von allein im Sinne von "Tausend Mal gehört".

Denn damals gab´s noch Korrektoren, die ihr Handwerk beherrschten.

Gelesenes war zuverlässig.

Davon haben wir uns inzwischen aber sowas von ... entfernt.

Manche Fehler tauchen, auch in den Medien, so häufig auf, dass ich zuweilen an mir zweifle und dann schon noch mal nachschlage.

Schließlich komme ich langsam in das Alter, in dem mich gewisse Vergesslichkeiten und Co. ereilen.

Aber nein. Die Sprache ist im Wandel, ganz offenkundig. Nicht nur in der Grammatik, sondern auch in der Interpunktion (Was ist mit dem Infinitiv mit "zu"? Wo sind die Kommata, die früher obligatorisch waren?). Dass neuerdings jeder die Kommas setzt, wie es ihm beliebt, ohne auch nur den Hauch einer Erklärung dafür geben zu können, versuche ich geflissentlich zu übersehen, obwohl mich manches in diesem Zusammenhang nahezu schmerzt. Dass die neue Rechtschreibung mit ihrem Verzicht aufs "ß" beim dass mehr Verwirrung als Klarheit geschaffen hat, ist beinahe Gewohnheit. (Wer, der nicht jedes Mal fragen möchte, ob das DAS durch ein "jenes" oder "welches" ersetzbar ist, macht sich darüber noch Gedanken? Womit sich auch die Frage nach dem Komma vor dem DASS erledigt hat.)

Und all der Dinge mehr, die einem besonders im Blog- und Kommentarbereich der Social Media auffallen.

Manchmal frage ich mich da, ob dem Schreiber der Leser nicht so viel Respekt wert war, seinen Blog/ Kommentar vorm Absenden noch einmal durchzulesen.

Und manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass der Eifer so groß war, dass es unbedingt - und zwar jetzt, sofort - raus musste.

Egal, welche Fehler da drin sind. Die Hauptsache, man ist seine Meinung los.

Insofern ist das Kritisieren schlechter Orthographie beim Meinungsgegner natürlich(!) nur Schikane, die dessen Blödheit an den Pranger stellen soll. Quasi als Beweis der eigenen Klugheit. Eine Bedeutung hat all das keineswegs.

Aber eigentlich ist es wurscht, solange man einander versteht. Was schwer genug ist.

Und ja sowieso nur meine Meinung. Die vermutlich ein wenig überaltert ist.

Wie ich selbst vielleicht auch.

http://www.stehsatz.com/2012/11/exakte-schonschrift/

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gloriaviennae

gloriaviennae bewertete diesen Eintrag 21.01.2018 15:47:58

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