Mein Leben an der Seite eines psychisch Kranken (4)

Ist man krank, weil man seinen psychisch kranken Partner nicht verläßt?

Eigentlich wollte ich ja zuerst meine Geschichte weitererzählen, aber manche Kommentare auf meine bisherigen Beiträge haben mich veranlaßt, auf diese Frage näher einzugehen.

„Sofort verlassen!“ und „beide krank“ waren manche Anmerkungen, die ich gelesen habe. Vielleicht haben die, die das geschrieben haben, schon eine ähnliche Erfahrung gemacht und wissen deshalb so genau, wie man mit so einer Situation umgeht. Und wenn ich ehrlich bin, ja, ich würde wahrscheinlich sofort die Flucht ergreifen, käme ich wieder in eine ähnliche Situation. Jeder muss selbst wissen, was er sich zumuten kann. Ich würde es mir vermutlich nicht mehr zumuten, aber wer weiss schon, wo die Liebe hinfällt?

Und genau darum geht es. Üblicherweise hat man seinen Partner ja aus Liebe gewählt, das heißt vielleicht will man ihm ja auch aus Liebe beistehen und ihm helfen, mit seiner Krankheit umzugehen. Das ist enorm schwierig und immer wieder auch gar nicht möglich. Aber es muss demjenigen selbst überlassen werden.

Ich bin mit Sicherheit nicht krank, aber ich war überfordert mit dieser neuen Situation, in die ich geraten bin. Ich habe es erlaubt, dass jemand meine Grenzen überschreitet und ich habe mich hinunterziehen lassen und mir die Kraft rauben lassen. Aber man fällt so tief, bis zum Grund, um sich dort abzustoßen und wieder nach oben zu kommen.

Ich schreibe über ein Thema, das sehr viele Leute kennen. Das sind vielleicht nicht unbedingt die, die hier Kommentare abgeben, weil ihnen ihre Situation und die des Angehörigen peinlich ist, weil sie Angst haben, in der Öffentlichkeit auf Unverständnis zu stoßen. Es ist wie mit den Kinderschändern, es gibt eine Unzahl von ihnen, aber keiner von uns kennt einen, wir verschließen die Augen. Haben wir uns schon gefragt, warum der Nachbar, ein junger Bursch, nie aus dem Haus geht und nicht arbeitet? Vielleicht ist er doch nicht nur faul, sondern psychsich schwer beeinträchtigt. Warum ist der Arbeitskollege so ein I-Tüpferl-Reiter? Will er nur die anderen quälen, oder hat er vielleicht einen Kontrollzwang? Warum kommt eine Freundin immer zu spät? Läßt sie vielleicht die Depression nicht aus dem Bett? Und warum benehmen sich manche Angehörige so komisch? Sie wollen helfen, sie leiden, und sie schotten sich oft nach außen ab.

Urteilt nicht, das (meist negative) Bewerten ist eine Spezialität vieler psychisch Kranker, das kennen wir schon zur Genüge. Lest einfach weiter und versucht zu verstehen, was hinter den Fassaden vieler Menschen vor sich geht.

7
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Bluesanne

Bluesanne bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:08

Jürgen Heimlich

Jürgen Heimlich bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:08

Herbert Erregger

Herbert Erregger bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:08

irmi

irmi bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:08

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:08

Susannah Winter

Susannah Winter bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:08

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:08

34 Kommentare

Mehr von starkefrau