Das Verhandeln um die Steuerreform wird mehr und mehr zum Drama. Neueste Wendung: Eva Glawischnig, die Bundessprecherin der Grünen, will aus SPÖ- und ÖVP-Kreisen wissen, dass die Sozialdemokraten sich (nun auch in der Steuerreform-Debatte) komplett aufgegeben haben. Das Entlastungsvolumen soll statt der vereinbarten fünf nur noch drei Milliarden Euro ausmachen.

Zudem berichtet Glawischnig dem "Kurier", die Entlastung für höhere Einkommen würde mehr ausmachen als für die untersten Einkommensschichten. Außerdem seien Erbschafts-, Vermögens- und Schenkungssteuern vom Tisch. Warum die SPÖ (schon wieder) ihre sozialdemokratischen Prinzipien wegwirft? Weil sie etwaige Neuwahlen nicht überleben würde. Das nutze die ÖVP in den Verhandlungen aus.

Also die x-te schlechte Nachricht bei der Steuerreform. Mein Vorschlag zur Güte: Lassen wir's.

Ohne Scheiß, lassen wir's einfach. Die Steuerreform, die jetzt noch verhandelt wird, ist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wird. Mit einem Entlastungsvolumen von drei Milliarden kommt am Ende immer noch weniger bei den Menschen an - denn die kalte Progression nimmt laut IHS jährlich etwa fünf Milliarden Euro weg. Im Endeffekt wäre dieser Effekt ein halbes Jahr verhindert - und dann hätten wir höhere Steuern als vorher.

Gerade mich als Studenten trifft das. Denn ich hätte genau gar nichts von der Steuerreform. Das Geld, mit dem ich mir das Studium finanziere, bekomme ich von meinen Eltern direkt oder indirekt in Form von Sozialleistungen - Fisch+Fleisch ist das Einzige, was ich selbst verdiene. Mich trifft eine Entlastung der Lohnsteuer nicht - was nichts daran ändert, dass ich sie für notwendig halte. Mich trifft aber sehr wohl eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Personentransport.

Dazu war gestern, Sonntag, Erwin Pröll in der ORF-Pressestunde. Alexandra Föderl-Schmid, Chefredakteurin des "Standard" hat ihn dabei auf die Möglichkeit angesprochen, eine Steuerreform über mehrere Etappen durchzuführen.

Ein großartiger Vorschlag! Und auch der beste für die Österreicher, die sich ihre Steuerreform nicht selbst zahlen wollen! Was also tun? Wie geht eine Steuerreform, die keinem weh tut?

Gehen wir aus naheliegenden Gründen mal davon aus, dass "Entlastung" bedeutet, dass man Steuern nicht erhöhen darf. Das ist zwar gegen alle österreichischen Prinzipien - denn auch "Sparen" bedeutet hierzulande "Steuern erhöhen" -, aber rein hypothetisch. Ausgearbeitete Konzepte und Maßnahmen, wie der Staat zu weniger Ausgaben kommen könnte, gibt es zum Beispiel bei der Verwaltungsreform und der Streichung von Förderungen.

Wenn wir also jetzt dem Finanzminister Schelling Zeit geben, den "Förderdschungel" zu durchforsten, finden wir vermutlich so einige Förderungen, die entbehrlich sind oder gesenkt werden können, ohne jemandem wehzutun. Ich selbst kenne einige Beispiele dafür. Diese Förderungen langfristig zu senken oder zu streichen sorgt auf Dauer dafür, dass ab dem Zeitpunkt - beispielsweise 2016 - der Umsetzung mehr Geld frei wird. Gleichzeitig könnte man sich endlich an den Rechnungshof wenden, der - wie viele andere Institutionen, Parteien und unabhängige Stellen - eine Verwaltungsreform voll ausgearbeitet vorgelegt hat. Und diese umsetzen.

Die Politik könnte auch bei sich selbst sparen. Ich schätze den Beruf des Politikers und glaube, sie verdienen (zumindest theoretisch, nur bei einigen auch praktisch) ein überdurchschnittliches Gehalt - aber eine Senkung könnte man diskutieren. Auch leistet sich Österreich eine der höchsten Parteienförderungen der Welt - und das, obwohl gerade die Regierungsparteien schon so verwurzelt in Österreichs Sozialpartnerschaft sind, dass sie das wirklich nicht mehr nötig hätten.

Und das sind nur einige Maßnahmen. Man muss dafür nicht mal Wirtschafts- oder Politikwissenschaft studieren, um darauf zu kommen - denn genau solche Lösungsansätze stehen in allen Parteiprogrammen. Sogar die Programme von SPÖ und ÖVP lesen sich progressiv und ideenreich! Allein die Praxis lässt zu wünschen übrig.

In diesem Sinne plädiere ich mittlerweile dafür, die Steuerreform vorerst auszusetzen. Ich bin sicher nicht der einzige Österreicher, der sich diese sogenannte "Entlastung" nicht selber zahlen und am Ende schlechter aussteigen will. Ich wünsche mir eine Steuerreform, die diesen Namen verdient und die nachhaltig etwas bringt. Bindet die Opposition ein, greift andere Ideen auf - aber hört endlich auf mit diesem parteipolitischen Hin und Her, von dem am Ende keiner profitiert. Aber das, was ihr, liebe Roten und Schwarzen, im Moment verhandelt, ist ungenügend.

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