Was man über Griechenland wissen muss - in weniger als fünf Minuten

Es ist einfach zum Kotzen. Das Griechenland-Thema zieht sich durch die letzten Jahre in Form von Negativ-Schlagzeilen, mit denen niemand mehr was zu tun haben will. Als Politikwissenschafts-Student und hopefully Journalist hat man’s nicht leicht, wenn das eigene Umfeld bei dem Thema die Ohren zumacht und die Griechenland-Nachrichten meidet. Dabei wär’s doch irgendwie wichtig. In diesem Sinne hier das wichtigste, was man zu Griechenland wissen muss. Natürlich ist das alles stark vereinfacht – für Ausführungen und Fragen gibt es ja die Kommentar-Sektion.

Was bisher geschah

Die Griechenland-Krise kann man unter anderem darauf zurückführen, dass die griechischen Bilanzen beim EU-Beitritt so nicht ganz richtig waren. Die Staatsschulden sind waren und sind verdammt hoch. Deshalb muss Griechenland sparen – so haben das der IWF, die EZB und die EU-Kommission bestimmt. Früher nannte man die drei „Troika“, heute nur noch „Institutionen“.

Der Sparkurs in Griechenland hat zu extremem Leid geführt. Pensionen wurden gekürzt, im öffentlichen Sektor wurde gespart, viele können sich die Kosten für Krankenhäuser nicht mehr leisten. Im März 2015 war jeder vierte Grieche arbeitslos. Jeden Tag begehen zwei Menschen in Griechenland Selbstmord.

Dennoch ging es unter der letzten Regierung, Samaras, „bergauf“, wie manche argumentieren. Neben dem sozialen Leid wurde das wirtschaftliche vermindert, die ominösen „Finanzmärkte“ reagierten freundlich und der griechische Ausblick war auf lange Sicht wieder positiv. Davon hat das Volk allerdings nichts gespürt – und hat die linke „Syriza“-Partei in die Regierung gewählt, die den Samaras-Kurs umgekehrte und für einen „New Deal“ eintritt.

Was jetzt geschieht

Die neue griechische Regierung, in der übrigens auch Rechtsradikale sitzen, verhandelte nun über Finanzminister Yanis Varoufakis – den Spieltheoretiker und Marxisten mit der „Stinkefinger-Affäre“ – mit den EU-Spitzen. Nun hat sich auch Alexis Tsipras, der Ministerpräsident, eingeschalten.

Die Verhandlungen kommen allerdings auf keinen gemeinsamen Nenner. Die Institutionen wollen, dass mehr gespart wird – die griechische Regierung will ihrem Volk allerdings mehr Leid ersparen. So will Tsipras vor allem Vermögenssteuern – diese allerdings werden als „wachstumsschädlich“ abgelehnt, während Erhöhungen der Mehrwertsteuer oder der Steuern für Hotels natürlich klar gehen. An solchen Punkten scheitern die Verhandlungen.

Nun hat Alexis Tsipras eine Volksabstimmung ausgerufen, die nächsten Sonntag stattfinden soll. Sein Kalkül ist klar: Griechenland soll gegen den Sparkurs abstimmen, gleichzeitig aber ein Bekenntnis zum Euro abgeben. Damit hätte er ein starkes Verhandlungsmandat. Währenddessen reicht es der EU-Spitze – sie setzen ihre Deadline für einen weiteren Plan bis Dienstag, danach ist Griechenland pleite. Und zwar „pleite“ im Sinne von „nichts geht mehr“.

Was geschehen könnte

Die großen Fragen lauten momentan, worüber genau das griechische Volk nun am Wochenende abstimmen soll und wie die Institutionen darauf reagieren. Wenn die Verhandlungen wirklich nicht fortgeführt werden und es zu keinem „new deal“ für Griechenland kommt, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Tsipras verrät seine Werte, sein Programm und sein Volk und stimmt einem radikalen Sparkurs zu, oder wir müssen uns damit abfinden, dass Griechenland früher oder später aus dem Euro fliegt. Das wäre wiederum verheerend für den Gedanken eines vereinten Europas.

Warum uns das kümmern sollte

Fakt ist, dass Griechenland durch die Sparpolitik der letzten Jahre immenses Leid durchstehen müsste. Während die deutschsprachigen Boulevard-Zeitungen von den „faulen Pleite-Griechen“ schreiben und sich hinter die neoliberale Sparpolitik der EU stellen, hat Alexis Tsipras leider recht damit, dass dieser so nicht weitergehen kann.

Denn Fakt ist auch, dass die Politik der letzten Jahre vor allem für Konzerne gemacht wurde. Die Schulden Griechenlands wurden schön umverteilt, sodass nun private Gläubiger kaum mehr um ihr Geld fürchten müssen – europäische Staaten allerdings schon. Und damit ist dann im weiteren Sinne auch unser Steuergeld gemeint.

Viel wichtiger ist allerdings noch, dass Griechenland kein Einzelfall bleiben könnte. Die verheerende Sparpolitik der EU – deren Hintergedanken man anders als mit „wir schützen die Interessen der Reichen“ nicht mehr erklären kann – könnte einen gefährlichen Präzedenzfall für das zukünftige Europa schaffen. „Tut, was wir sagen, oder ihr fliegt“. In jedem Fall hätten wirtschaftlich geschädigte Staaten die Arschkarte – und griechische Zustände könnten zum regelmäßigen Fall werden. Auch in Österreich. Denn die nächste Krise kommt bestimmt.

Es bleibt zu hoffen, dass Tsipras weiß, was er tut – und dass sich der griechische „New Deal“ durchsetzt.

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