Im letzten Beitrag, der die Positionen der Bundespräsidentschafts-Kandidaten vergleichen sollte, ging es um Rudolf Hundstorfer. Heute werden wir uns mit Andreas Khol beschäftigen. Warum und wie ich das tue ist ebenfalls im letzten Beitrag zu finden. Die Voraussetzungen für diesen Vergleich sind für Andreas Khol durchaus ganz Andere als für Rudolf Hundstorfer. Während sich beispielsweise nahezu die gesamte Führungsriege der SPÖ für VdB ausspricht, sind von schwarzer Seite kaum solche Äußerungen zu vernehmen.

Zumindest in die andere Richtung gibt es Lorbeeren. Van der Bellen selbst scheint Khol nämlich sehr zu schätzen. 1998 sagte er einmal: „Den Andreas Khol schätze ich als Person sehr, weil er Eigenschaften hat, die man unter Politikern nicht gerade tausendfach findet, Witz, Intelligenz, Selbstironie.“ Wie sieht es abgesehen von diesem netten Sätzchen mit Übereinstimmungen zwischen diesen beiden Persönlichkeiten aus?

Eines sei wieder gleich gesagt: Ich persönlich werde am 22. Mai mein Kreuz für Van der Bellen machen. Deshalb schreibe ich diese Artikel klarerweise in Bezug auf ihn, aber nicht zwangsläufig rein für Ihn. Genauso werde ich Punkte ansprechen, welche die Kandidaten eher voneinander trennen. Prinzipiell sehe ich die Werte des Großteils jener Kandidaten, welche es nicht in die Stichwahl geschafft haben, aber doch stärker von Alexander Van der Bellen vertreten, als von Norbert Hofer (bei Herrn Lugner kann ich das nicht so genau sagen). Man kann es aber nicht oft genug sagen: Wem Sie am 22. Mai Ihr Kreuz geben, ist natürlich Ihre Sache.

Ich werde die Aufteilung diesmal ein wenig anders machen. Ich beginne mit dem Fazit und anschließend folgen die einzelnen Positionen und Einstellungen der Kandidaten zum genauen Nachlesen. Ich denken, das macht den Bericht deutlich lesbarer.

Fazit:

Ich gebe zu, dass ich damit gerechnet hatte, dass der Vergleich von Andreas Khol mit Alexander Van der Bellen sehr verschiedene Weltanschauungen hervorbringen würde. Nun, Asche über mein voreiliges Haupt - es waren doch sehr viele Wert- und Anschauungsübereinstimmungen zu finden. Beide Kandidaten sind erfahrene Amtsträger, sehen die Rolle des Bundespräsidenten als einen verbindenden Koordinator und bekennen sich klar zur europäischen Idee. Flüchtlingen müsse geholfen werden, doch kann Österreich diese Last nicht alleine tragen und auch die Asylwerber hätten sich an Regeln zu halten. Beide Kandidaten könnten sich vorstellen in Ausnahmesituationen die Regierung zu entlassen und würden auch klar verfassungswidrige Gesetze nicht unterschreiben.

Wo sehe ich Unterschiede?

Während Khol die Frage einer etwaigen Kürzung der Mindestsicherung den einzelnen Entscheidungsträgern überlassen möchte, ist es für Van der Bellen fraglich ob dies überhaupt rechtlich möglich sei – er lehnt diese Maßnahme eher ab. Ich konnte nicht ganz herauslesen wo Van der Bellen im Rahmen einer neuen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gerne mehr Macht hätte. Bei Khol ist dies eindeutig, er möchte die Länder stärken (ich vermute auch in einem stärkeren Ausmaß als andere Kandidaten).

Der größte Unterschied findet sich wie bei Rudolf Hundstorfer in 2 Punkten. Trotz der Tatsache, dass Andreas Khol gesagt hat, dass er eine Regierung nicht angeloben würden, wenn diese an "den Grundfesten des österreichischen Weges" rüttelt, würde er einen Bundeskanzler Strache angeloben. Das Alexander Van der Bellen das, bei der heutigen FPÖ-Einstellung, nicht machen würde ist hinlänglich bekannt (und für mich ein entscheidender Wahlgrund – ich mochte ja auch Frau Griss).

Der andere Grund ist die Parteiverankerung. Bei Rudolf Hundstorfer habe ich schon erwähnt, dass er mir persönlich zu sehr in den Betonschuhen der SPÖ steckt um wählbar zu sein. Einerseits ist natürlich auch Andreas Khol so schwarz wie man nur sein kann und tief im System der ÖVP verankert. Ich muss aber zugeben, dass ich trotzdem bei ihm (ähnlich wie bei VdB) die klarere Bereitschaft, sich auch gegen die eigene Partei zu stellen, orte.

Zusammenfassend unterscheiden sich Khol und Van der Bellen nicht so sehr, wie ich geglaubt hätte, als ich angefangen habe für diesen Artikel zu recherchieren. Beide vertreten in vielen Punkten ähnliche Werte. Wer in Khol einen proeuropäischen Koordinator gesucht hat, der sich im Hintergrund hält und im Notfall als Schmiermittel der Regierung funktioniert, wird auch mit Van der Bellen glücklich werden. Wer sich aber für ihn entschieden hat, weil er ein ÖVP-Urgestein ist (Stammwählerschaft bei der ÖVP war ja hier ein bestimmendes Wahlmotiv) oder weil er einen Bundeskanzler Strache angeloben würde, wird diese Punkte bei Alexander Van der Bellen nicht finden.

Konkrete Meinungen und Positionen

Alle Informationen stammen von Aussagen der Kandidaten selbst oder Aussagen auf deren Homepage, siehe Quellen.

Die Rolle des Bundespräsidenten

Für Andreas Khol ist ein guter Bundespräsident jener, welcher dem Land nach außen hin Ehre verschafft und nach innen hin Mehrheiten im Parlament und der Regierung so koordinieren kann, dass diese gut zusammenarbeiten. Auch die Nähe zu den Bürgern ist ihm besonders wichtig. Für Van der Bellen ist der Bundespräsident eine Stimme der Vernunft. Der Amtsinhaber solle sich nicht als Besserwisser gebärden und zum Moralapostel und Oberlehrer aufspielen. Wie wir beim Punkt der Angelobung noch sehen werden, würde er bei wahrgenommener Gefahr aber durchaus sehr aktiv eingreifen. Generell sieht er es als Aufgabe des Bundespräsidenten für eine Machtbalance im Staat zu sorgen. Der Präsident sollte die Parteien dabei unterstützen gemeinsam für Österreich zu arbeiten.

Die Europäische Union

Andreas Kohl gibt auf seiner Wahlkampfwebsite an, dass er sich „unermüdlich für die europäische Union eingesetzt hat“, womit man ihm wohl eine durchwegs hohe Affinität zum Projekt Europa nachsagen kann. Wenn man zum Beispiel in der Flüchtlingsfrage etwas bewegen wolle, könne man das, so seine Meinung, nur gemeinsam in Europa tun. Auch Van der Bellen ist der Ansicht, dass ein Europa, welches gemeinsam zusammenarbeitet, sowohl aus friedenspolitischen, als auch aus machtpolitischen Gründen, wichtig sei. Es gebe an der EU zwar viel zu kritisieren, aber die großen Fragen von Klimaschutz bis sozialem Zusammenhalt können nur auf EU-Ebene gelöst werden, nicht von Nationalstaaten alleine.

TTIP

Obwohl Kohl grundsätzlich Anhänger des Freihandels ist, rechtfertigte der damalige Verhandlungsstand (vor der Wahl) für ihn keine Unterschrift. Ein fundamentaler Mangel war für ihn beispielsweise das "Right to Regulate" in Bereichen wie Sozial- und Umweltstandards. Auch Alexander Van der Bellen steht TTIP, entgegen anderer Vermutungen, insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit, aber auch bei anderen Standards wie z. B. Gesundheits- oder Arbeitsschutzrechten äußerst skeptisch gegenüber. Hier dürfe es zu keinen Verschlechterungen kommen. Die im Rahmen von TTIP diskutierten Schiedsgerichte lehnt er ab. Die österreichischen und europäischen Rechtsnormen seien ausreichend.

Flüchtlingsfrage

Andreas Khol hat hier eine sehr klare Meinung: "Ich bin weder bei den Hetzern, die sagen, das Boot sei voll. Noch bei den Träumern, die meinen, man könnte alle aufnehmen" (Anmerkung: das ist auch genau meine Position) Für ihn haben Kriegsflüchtlinge Anrecht auf Sympathie, Empathie und Solidarität, unendliche Mittel bestehen aber nicht. Wenn man in dieser Frage wirklich etwas bewirken wolle, könne man das nur gemeinsam in Europa schaffen. Auch Alexander Van der Bellen gibt an, dass es auf Dauer nicht möglich sein wird, dass Schweden, Deutschland und Österreich die Hauptverantwortung für die Flüchtlingsversorgung allein übernehmen – eine gesamteuropäische Lösung müsse gefunden werden. Für Wirtschaftsflüchtlinge sei bei aktuell 500.00 Arbeitslosen aber kein Platz.

Integrationsbemühungen

Auf die Frage ob Flüchtlinge auf Integrationswillen und Integrationsfähigkeit geprüft werden sollen, antwortet Andreas Khol schlicht mit „Ja“. Alexander Van der Bellen erwähnt in einer Diskussion, dass es natürlich Menschenrechte gäbe, allerdings genauso auch Menschenpflichten. Dazu gehören das Akzeptieren hiesiger Werte und natürlich die absolute Ablehnung von sexueller Belästigung und Gewalt.

Kürzung der Mindestsicherung für Flüchtlinge

Andreas Khol ist der Meinung, dass es ein neues System der Mindestsicherung braucht, welches Missbrauch vorbeugt und die Anreize zur Arbeitsaufnahme verstärkt. Auch zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten solle unterschieden werden. Konkrete Vorschläge fand ich nicht. Näheres müssen Bund und Länder vereinbaren. Van der Bellen ist der Ansicht, dass eine solche Regelung vermutlich verfassungswidrig wäre. Stattdessen sollte es unser Bemühen sein anerkannte Flüchtlinge sozial zu integrieren.

Die Länder

Laut Andreas Khol haben die Bundesländer einen Sitz im Leben der Menschen. Im Österreich-Konvent habe er eine eine zeitgemäße Kompetenzverteilung vorgelegt, die die Länder stärkt und die Gemeinden als Ort der Freiheit noch mehr fördert. Auch Van der Bellen möchte die Bundesländer beibehalten. Er möchte aber eine Reform der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, da die derzeitige Zersplitterung der Gesetzgebungs- und Vollzugszuständigkeiten klare politische Gestaltung und Verantwortlichkeit verhindert.

Frauenquoten

Andreas Khol wollte sich als Bundespräsident darum bemühen, überall dort, wo Frauen nicht gleichberechtigt sind, die Gleichberechtigung herzustellen und vor allem die zahlreichen Personalentscheidungen im Geiste der Gleichbehandlung zu entscheiden. Van der Bellen meint, dass Quoten hier einen Beitrag leisten können. Mittelfristig solle es aber ganz normal werden, dass Frauen und Männer auch ohne Quoten gleichberechtigt sind.

Berufsheer oder Wehrpflicht

Khol ist gegen das Berufsheer und gelernter Anhänger der Wehrpflicht. Der Zilk-Platter-Plan und die Reformvorschläge nach der Bestätigung der Wehrpflicht in der Volksbefragung müssen endlich umgesetzt werden. Für Van der Bellen stellt sich diese Frage gerade gar nicht, da erst vor Kurzem eine Volksbefragung zu diesem Thema stattgefunden hat.

Das Entlassen der Regierung – Rote Linien

Für Andreas Khol gibt es einige (aber wenige) Punkte bei deren Verletzung er aktiv einschreiten würde um z.B die Regierung zu entlassen. Darunter fällt beispielsweise „die Zugehörigkeit zur Europäischen Union und in der europäischen Werte- und Schicksalsgemeinschaft.“ Für Alexander Van der Bellen ist das Entlassen der Regierung ebenfalls nur in Ausnahmefällen angezeigt, dies war seit 1929 nie der Fall. Da müsste schon etwas sehr Gravierendes passieren. Er hoffe, dass er nie vor so eine Entscheidung gestellt werde.

Nicht-Angeloben

Andreas Khol hätte eine Regierung nur in Ausnahmefällen nicht angelobt. Da wären schon schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken oder das Rütteln an Grundfesten des österreichischen Weges nötig. Wie wir wohl alle zu Genüge wissen, steht Alexander Van der Bellen ganz klar dazu, dass er Parteien mit gewissen politischen Positionen nicht angeloben würde. Eine Partei, die Europa ruinieren statt fördern will hat, so wie er (und zugegeben auch ich) findet, in der Bundesregierung nichts zu suchen.

Verweigerung der Unterschrift für Gesetze

Andreas Khol würde nur in Ausnahmefällen Gesetze nicht unterschreiben, nämlich wenn diese offenkundig verfassungswidrig sind. Als Beispiel nennt er die Entmachtung des Verfassungsgerichtshofes in Polen. Auch Van der Bellen würde hier nur dann eingreifen, wenn sich ein Gesetz als verfassungswidrig herausstellen sollte.

Abschließend: Erfahrung

Was die beiden Kandidaten natürlich stark vereint ist das unfassbare Ausmaß an Erfahrung, die die Beiden vorweisen können. Beide sind mehr als Politik-erfahren und haben auch akademisch einiges an Referenzen vorzuweisen. Wem dieser Wert also bei Andreas Khol wichtig war, der wird diesen wohl auch bei Alexander Van der Bellen finden. Die Rolle eines integren Staatsmannes wie jene von Heinz Fischer könnten wohl beide ausfüllen.

Quellen:

http://derstandard.at/2000033569234/Bundespraesidentschaftswahl-Acht-Fragen-an-die-Kandidaten

http://tvthek.orf.at/program/ORF-III-Spezial-Klartext-Hofer-und-Van-der-Bellen/12550387/ORF-III-Spezial-Klartext-Hofer-und-Van-der-Bellen/12558126

http://www.noen.at/nachrichten/noe/politik-bildung/Andreas-Khol-Rochade-hilft-mir;art79519,730191

https://neuwal.com/2016/03/16/transkript-andreas-khol-in-der-zib2-bei-armin-wolf-bpw16/

https://neuwal.com/2016/04/02/andreas-khol-im-neuwal-barometer-bpw16/

https://neuwal.com/2016/04/07/alexander-van-der-bellen-im-neuwal-barometer-bpw16/

https://www.gruene.at/themen/demokratie-verfassung/alexander-van-der-bellen-im-interview

https://www.vanderbellen.at/ziele-inhalte/

kurier.at/politik/inland/khol-ich-wuerde-strache-als-kanzler-angeloben/174.498.771

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