und was wir aus dem Gleichstellungsbericht 2017 noch lernen können...

Die SZ hat gerade das druckfrische Exemplar vom neuen Gleichstellungsbericht 2017 des „Ministerium für alle Geschlechter außer denen mit Penis(es sei den die fühlen sich als Frau)“ - kurz Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend - vorliegen.

Nachdem die SZ-RedakteurInnen bereit in der letzten Woche demonstriert haben wie wichtig Feminismus auch für Männer ist, indem sie recht despektierlich mit dem ganzen männlichen Gleichstellungsmimimi umgegangen sind und das Ganze mit einem Daumenlutschenden Bodybuilder abgerundet haben, ist der neue Gleichstellungsbericht ihnen natürlich auch gleich einen großen Onlineartikel wert.

Denn im Gegensatz zu den Problemen der Männer, die mit Themen wie dem dreimal höheren männlichen Anteil an Selbstmördern hauptsächlich selber Schuld an ihrem eigenen Elend sind, kann ein Opferstatus für das Scheitern an gesellschaftlichen Erwartungshaltungen natürlich nur Frauen zugestanden werden. Deshalb konzentriert sich der Gleichstellunsgbericht und seine Auswertung in der SZ auch auschließlich auf Themen, wo Frauen den Opferstatus guten Gewissens beanspruchen dürfen.

Familienrecht spielt da nur dann eine Rolle wenn der Unterhalt von Alleinerziehenden thematisiert wird. Ansonsten werden die üblichen verdächtigen durchs Dorf getrieben. Gender Pay Gap. Gender Pension Gap und neu hinzugekommen ist die Gender Time Gap, welche durch eine besondere Berücksichtigung der Gender Care Gap neue Aufwertung erfuhr.

„Frauen arbeiten mehr - und verdienen immer noch weniger“

Ich vermute ja eine solche Schlagzeile kann nur zustande kommen, weil etwas Wahres an dem Gerücht ist, dass Frauen es nicht so sehr mit der Mathematik haben. Vielleicht war Constanze von Bullion, das ganze Zahlenmaterial doch etwas zu kompliziert. Sonst hätte sie vermutlich eher einen einen ähnlichen Mimimi-Artikel über die weiblichen Befindlichkeiten geschrieben, wie ihre KollegInnen eine Woche zuvor über die männlichen Problemlagen. Aber vielleicht fehlte ihr als Feministin auch einfach nur die notwendige journalistischen Distanz, um die Zahlen des Frauenministeriums mal kritisch zu hinterfragen.

Ich will das gerne mal nachholen.

Arbeitszeit (Gender Time Gap)

Frauen arbeiten natürlich immer noch nicht mehr als Männer, sondern im Durchschnitt 8,2 Stunden pro Woche weniger als diese. Aufs Jahr hochgerechnet sind das immerhin 426 Stunden. In einer 40 Stunden Vollzeitbeschäftigung würden Frauen jedes Jahr immerhin 2,4 Monate weniger arbeiten. Damit hat sich die Gender Time Gap seit 2012 - wo Männer noch 9,3 Stunden mehr arbeiteten - zwar etwas verringert, aber „Mehr“ sieht doch irgendwie anders aus.

Freiwillige Pflegearbeit (Gender Care Gap)

Der Trick, wie man dieses Jahr versucht hat sogar auf ein faktisches „MEHR“ an Arbeit zu kommen, welches den SZ-Titel rechtfertigen könnte, ist ganz einfach. Im Gleichstellungsbericht wird das erste mal die Gender Care Gap errechnet, welche 52% beträgt.

Diesmal zu „Ungunsten“ der Männer.

In Zahlen heisst das: Weibliche Care Time und Work Time ergibt eine Stunde Pro pro Woche Mehrarbeit als die männliche Summe.

WOW.

Aber wieso wird da so getan wird, als wäre diese Tätigkeit unentgeltlich?

Ich weiß ja nicht wie andere Familien das handhaben, aber bei uns war es nicht so, dass meine ex-Frau ihr Netto (statistisch gesehen 917,50€) und ich mein Netto (statistisch 1557€) nach hause gebracht, gemeinsam zu gleichen Teilen unsere Fixkosten getragen und jeder seinen Rest dann selber verjuxt haben. In den meisten Fällen profitieren Frauen vom höheren Vollzeiteinkommen des Partners nicht weniger, als wenn sie selber arbeiten würden.

Nach der Allensbacher Familienstudie von 2014, sind die meisten Frauen ganz dankbar, dass der Mann ihnen diesen Freiraum finanziert.

Erziehungsarbeit ist also mitnichten unbezahlt. Auch wenn es dafür keine Gehaltsabrechnung gibt.

Selbst wenn das Paar getrennt ist, empfängt die Frau, welche die Kinder bei sich hat von einem zahlungsfähigen Mann in der Regel Unterhalt. Auf Basis der statistischen Mittelwerte die zur GAP-Berechnung herangezogen werden sieht das dann so aus:

Und wenn das Frauenministerium sich beklagen möchte, dass die Frau dann zu wenig Zeit zu hat, um dann selber Geld zu verdienen, kann ich seiner Ministerin nur größeres Engagement für das Wechselmodell empfehlen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass damit vollzeitnahe Arbeit durchaus realistisch ist, wenn man denn will. Aber komischerweise findet man diesen Begriff im ganzen Bericht nur einmal in einer Fußnote in der es um den Unterhalt von Alleinerziehenden geht.

Das größte Problem an der Care-Gap ist, dass in der Regel keine Frauen durch Diskriminierung oder das Patriarchat gezwungen diese Lebensentscheidung zu ergreifen. Und wenn bei Männern das Unterwerfen unter gesellschaftliche Rollenerwartung in der Süddeutschen Zeitung zum Fazit "Wir sind Opfer unser selbst" führt, frage ich mich, warum wir die SZ so sexistisch ist, Frauen hier anders zu bewerten. Wenn man sich das Gejammer der Mütterlobby zur Gleichstellung im Familienrecht via Wechselmodell ansieht und die Vehemenz mit der das Frauenministerium diese Gleichstellung im Familienrecht ignoriert, kann man nur vermuten, dass die Gender Care Gap zu einem großen Teil selbstverschuldetes Elend ist.

Einkommen (Gender Pay Gap)

Auch hier wird im Gleichstellungsbericht mal wieder das Augenmerk auf die unbereinigten Zahlen gelegt. Die 21% unbereinigte Lohnlücke klingen halt dramtischer als 7% bereinigte Lücke, aber sie vergleichen halt nicht gleiche Arbeit, um sich gerechtfertig über ungleichen Lohn zu beklagen. Wenn die Teilzeit arbeitende Kassierin im Supermarkt mit dem 50 Wochenstunden arbeitenden Karrieristen (bei dem Überstunden zur Wahrung des Arbeitszeitgesetzes im Grundlohn mit eingepreist sind) in einen Topf geworfen wird, wundere ich mich nur, dass die Lücke nicht höher ist.

Gerade ein Blick auf die ostdeutschen Zahlen zeigt recht deutlich, dass die „Benachteiligung“, die diesen Gaps zugrunde liegt, eher ein Problem der persönlichen Lebensentscheidungen ist.

In Ostdeutschland sind nach 2 Jahren Babypause 55% der Frauen wieder erwerbstätig, in Westdeutschland nur 35 % und siehe da: Die unbereinigte Gender Pay Gap ist im Osten nur 8% in Westdeutschland 23%. Wer neugierig ist, warum er in den Zeitungen nie einen bereinigten Pay Gap präsentiert bekommt, wenn die Lücke für den Osten und den Westen getrennt berechnet wird, dem sei die sehr detailierte Aufbereitung des Statistischen Bundesamtes von 2006 zur Lektüre empfohlen.

da stehen so faszinierende Dinge drin wie:

"Dies bedeutet, dass weibliche Arbeitnehmer auch unter der Voraussetzung, dass Männer und Frauen

-die gleiche Tätigkeit ausübten ƒ

-über einen äquivalenten Ausbildungshintergrund verfügten

-in einem vergleichbar großen privaten bzw. öffentlichen Unternehmen tätig wären, das auch regional ähnlich zu verortet ist (Ost/West; Ballungsraum/kein Ballungsraum),

ƒ- einer vergleichbaren Leistungsgruppe angehörten,

ƒ- einem ähnlich ausgestalteten Arbeitsvertrag (befristet/unbefristet; mit/ohne Tarifbindung, Altersteilzeit ja/nein, Zulagen ja/nein) unterlägen

- eine Beschäftigung vergleichbaren Umfangs (Vollzeit/Teilzeit) nachgingen,

- das gleiche Dienstalter und die gleiche potenzielle Berufserfahrung aufwiesen sowie ƒ

- eine Beschäftigung vergleichbaren Umfangs (Vollzeit/Teilzeit) nachgingen

acht Prozent weniger als Männer verdienten(heute wären es nur noch knapp 7 %).

Der bereinigte Gender Pay Gap würde jedoch möglicherweise geringer ausfallen, wenn weitere lohnrelevante Eigenschaften im Rahmen der Analysen hätten berücksichtigt werden können"

Des weiteren kann man da nachlesen, dass der erklärbare Teil des Pay Gaps im Osten größer ist das der Pay Gap selber.

Ich weiß nicht wie vielen Statistikern dieses Phänomen bereits eine Erwähnung wert war, und leider hat den Autoren des Berichts das rechnen mit negativen Vorzeichen offenbar komplett überfordert, aber im Endeffekt heisst das „Frauen bekommen im Osten mehr Geld als Männer, wenn man die Qualifikation mit in Betracht zieht“.

Kein Wunder, dass man in keiner Zeitung bei der bereinigten Pay Gap eine eine Ost/West-Aufteilung findet. Sondern nur jene zahlen, nach denen die ostdeutschen Putzfrau 8% weniger verdient als der ostdeutsche Ingenieur. Das erweckt doch mehr Mitleid, für die arme patriarchatsgebeutelte Frau.

Altersarmut (Gender Pension GAP)

Beim Gender Pension GAP treffen gleich zwei problematische Aspekte zusammen. Erstens werden wieder unbereinigt alle Renten miteinander verglichen, egal ob die Frau Reinigungsfachkraft und der Mann Atomphysiker war.

Das zweite, viel gravierendere Problem, ist das demographische. Jene, die HEUTE Rente kassieren, und dafür sorgen dass die Gender Pension Gap so erschreckend hoch ist, haben ihre Sozialisierung meist vor den Errungenschaften der 2. Welle des Feminimus erfahren. Bevor die arbeitsrechtlichen Diskriminierungen Ende der 70er beseitigt waren, haben die meisten der heutigen Rentnerinnen die Weichenstellung ihrer Erwerbsbiographie schon abgeschlossen. Von der Bildungsgleichberechtigung welche Anfang der siebziger hochkam und dafür sorgte dass seit 1995 mehr Frauen Abitur machen, haben sie noch gar nicht profitiert. Die weiblichen Abiturientinnen meines Jahrganges, denen bereits in den 80ern vorgebetet wurde, dass sie alles genausogut können wie die Männer, sind noch nicht annähernd im Rentenalter.

Jede Arbeitspolitische Entscheidung, welche dafür sorgt, das Frauen mehr Gelegenheit haben, für ihre eigene Altersvorsorge einzuzahlen, wird sich auf die Gender Pension Gap erst in Jahrzehnten auswirken.

Das ist zwar auch schon ein Problem, welches die Gender Pay Gap beeinträchtigt, aber bei der kann man zum Beispiel einfach mal das Einkommen von Menschen vor dem 29 Jebensjahr vergleichen (wo Frauen statistsisch gesehen ihr erstes Kind bekommen) und man stellt fest: Hey, bevor sie ein Kind bekommen gibt es kaum einen Gehaltsunterschied.

destatis https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/VerdiensteArbeitskosten/Verdienstunterschiede/VerdienstunterschiedeMannFrau5621001069004.pdf?__blob=publicationFile

Bis zum 24. Lebensjahr liegt der Unterschied im Bereich der statistischen Ungenauigkeit. Bis zum 29. Lebensjahr ist selbst die unbereinigte Pay Gap nur knapp 8,5% und eigentlich schlägt der Lohnunterschied erst zu, wenn die Gender Care Gap relevant wird.

Diese Möglichkeit einer solchen Einschränkung hat man bei der Gender Pension Gap kaum.

Allerdings zeigt sich am Ost/West-Vergleich, hier noch eklatanter, dass auch diese Gap eher ein Produkt individueller Lebensentscheidungen ist, als das einer einer Unterdrückung durch das böse böse Patriarchat:

Während Frauen im Westen nur 57% der männlichen Rente erhalten (583€ statt 1014€) erhalten Frauen im Osten immerhin 88% der männlichen Rente, denn in Ostdeutschland haben Frauen durchschnittlich 43,8 Versicherungsjahre, während sie im Westen nur 30,1 Versicherungsjahre haben. Während Frauen im Osten also nur 1% weniger Lebensarbeitszeit vorweisen können, sind es im Westen 27%. Wundert sich da ernsthaft jeman wenn die Rentenlücke da Größer ausfällt?

Eine andere Frage ist: Berechnet eigentlich irgendwer, dass Frauen in der Regel ein paar Jahre länger leben und in dieser Zeit einen großen Teil der Rentenansprüche ihres verschiedenen Partner ebenfalls zur Verügung haben? Wenn ich mir ansehe was meine Schwiegermutter aufgrund dieses Umstandes als Witwe jeden Monat zur Verfügung hat, dann werden einige Familien die heute für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen echt neidisch.

https://scontent-frt3-1.xx.fbcdn.net/hphotos-xpl1/v/t1.0-9/12239566_505434746304198_6049565821403525120_n.jpg?oh=ac223d9cbedd4c505765ac66a87fd6dc&oe=57208BD2

Nichts neues an der Geschlechterfront

Als ich neulich mal wieder die Kommentarspalten eines feministischen Blogs im SPD-Parteiblatt Vorwärts zur Bagatelisierung von Männerproblemen las, stolperte ich über eine wahre Perle des feministischen Selbstverständisses:

"Das Schlimme am Feminismus ist, dass er einfach nichts mehr bewirkt. Die frühen Feministinnen hatten etwas konkretes, wogegen sie kämpfen konnten. Heute kämpfen sie nur noch gegen Windmühlen." Als ehemaliger Student der Literaturwissenschaften vermutet man im ersten Moment tatsächlich eine kritische Auseinandersetzung mit dem sogenannten 3rd Wave-Feminismus, doch belehrt uns der nächste Satz eines Besseren: "Die Benachteiligung von Frauen ist noch lange nicht vorbei. Frauen werden für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt, auch heute noch, obwohl man es schon lange weiß, um 1/5 schlechter."

Tja, ist halt nicht so einfach mit den literarischen Verweisen. Schade eigentlich. Denn das Bild der Windmühlen ist eigentlich ein sehr schönes um das Hauptproblem, des Modernen Feminismus zu verdeutlichen. Windmühlen sind halt keine bekämpfenswerten vierarmigen Riesen, für die der geistig etwas verwirrte Don Quijote, sie gehalten hat. Ebenso wie ein beliebiges, in Ziffern fassbares Merkmal welches die - teilweise halt doch recht unterschiedlichen - Lebenskonzepte von Männern und Frauen veranschaulichen, halt nicht immer der Ausdruck einer gewollten Benachteiligung und Diskriminierung sind.

Letztendlich ist das was der Gleichstellungsbericht macht FakeNews vom Feinsten, Denn hier wird versucht ein Diskriminierungsproblem abzuleiten, damit auch die NachfolgerIn von Manuela Schwesig ihre Existenzgrundlage hat. Da muss man dann schon den weiblichen Opfernarativ Pflegen. DAS hat die Süddeutsche Zeitung zu Mindestens ganz gut beschrieben: "wie so oft, wenn es Probleme gibt, muss jemand schuld sein. Im Idealfall nicht man selbst. Deshalb ist die Interpretation dieser Zahlen - das, was der Problemfall selbst aus ihnen herausliest - so interessant. Etwas verkürzt lautet die Interpretation: Der Mann ist jetzt Opfer"

Ach nein, das war ja aus dem Männermimimi-Artikel von Julian Dörr. Schade. hätte so gut gepasst, wenn er geendet hätte "Die Frau ist immer noch Opfer."

Naja vielleicht das nächste mal.

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