Stellen Sie sich vor, Sie leben in einem Land, in dem jedes Jahr der Preis von Leberkäsesemmeln neu festgelegt wird. Die Verhandlungen führen Tarifpartner. Die Gewerkschaften wollen sicherstellen, dass die Leberkässemmel auch in Zukunft für jedermann leistbar ist. Die Arbeitgebervertreter interessiert, dass die österreichischen Unternehmen mit Leberkässemmeln eine möglichst hohe Rendite erzielen.

Sie glauben, das ist weit hergeholt? Nein, ist es nicht. Jedes Jahr verhandeln Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter Löhne und Gehälter. Das ist ziemlich dasselbe.

Der Preis für Leberkässemmeln, Butter, Fahrräder, Smartphones oder Einfamilienhäuser muss nicht verhandelt werden. Er entsteht frei am Markt als Resultat von Angebot und Nachfrage. Dasselbe gilt für den Preis einer Arbeitskraft. Also, weshalb werden dann pauschal Gehaltsvorrückungen für alle festgelegt? Und sogar zwangsweise?

Nehmen wir beispielsweise das Metallergewerbe. Die ausverhandelten Lohnerhöhungen gelten für Elektriker genauso wie für Installateure oder Kfz-Techniker. Sie gelten für jeden Betrieb der betroffenen Branchen, unabhängig davon, ob der einen Lohnkostenanteil von 15% oder von 50% aufweist. Sie gelten für den Vorarlberger, wie für den Burgenländer. Sie gelten für den florierenden Betrieb, genauso wie für denjenigen, der nicht weiß, ob er das kommende Quartal noch überstehen kann. Sie gelten für den fleißigen Mitarbeiter - den der Unternehmer sowieso stärker entlohnen muss, um dessen Wechsel zum Mitbewerber zuvorzukommen - wie für den Faulen, der sich keine Gehaltserhöhung verdient hat.Drängen sich da nicht wage Zweifel auf, ob eine über alle und jeden oktroyierte Lohnerhöhung sich am Ende besonders segensreich auswirkt?

Es kommt aber noch schräger. Die jährlichen Vorrückungen bei den Istlöhnen führen dazu, dass langjährige Mitarbeiter bei einem Jobwechsel in der Regel zu einem deutlich niedrigeren Gehalt wieder einsteigen müssen. Sprich, üblicherweise werden die Älteren überbezahlt, und zwar auf Kosten der Jüngeren. Das ist schlecht für den Jungen, schlecht für den Unternehmer, und am Ende auch schlecht für den älteren Mitarbeiter, der sich ab 50 an seinen Job klammert, weil ein Wechsel mit finanziellen Nachteilen verbunden ist. (Der Unternehmer kann dieses Problem nur lösen, indem er dem langjährigen Mitarbeiter kündigt und mit niedrigerem Gehalt wieder einstellt. Aber wer macht das schon gerne mit langjährigen Mitarbeitern?)

Offen gestanden, ich drücke meiner Gewerkschaft ja auch immer fest die Daumen beim Verhandeln. Aber eigentlich ist das zu kurz gedacht. In Wahrheit werden durch dieses System alle über einen Kamm geschoren, ob sie wollen oder nicht. Leistungsgerechte Entlohnung sieht anders aus. Der Arbeitsmarkt wird dadurch rigide und das führt zu weniger Beschäftigung. Ein hoher Preis, zu zahlen von einer Minderheit, die gerade im Begriff ist, zu wachsen. Das ist hoffentlich jedem klar!

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Herbert Erregger

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Indianerin

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Bernhard Juranek

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