Napoleon der Große? (zum 200. Todestag ein paar Dinge die man wissen sollte, wenn man verstehen will, wie es zu dem heutigen Europa kam)

Repose en paix, empereur des Français. (Hoffe das ist korrektes französisch 😁)

Ich versuche mich kurz zu halten, aber wer eine der bedeutendsten Veränderungen am Weg zum heutigen Europa verstehen will, der sollte sich dieser Dinge bewusst sein. 😉

Heute ist der 200. Todestag eines wahrlich faszinierenden Menschen, der Europa so nachhaltig verändert und geprägt hat, wie kaum ein anderer. Dass er mit der Gründung des Rheinbund das Ende des habsburgerisch geführten Heiligen Römischen Reichs herbeiführte, wohl nicht unwesentlich mitverantwortlich war für die spätere Formierung der geeinten Deutschen Nation und eine generelle Neuordnung Europas am Wiener Kongress nötig machte, sind nicht mal die wichtigsten Dinge zu erwähnen. Die Rede ist natürlich von:

NAPOLEON BONAPARTE (der große?) - Kaiser der Franzosen.

Die geschichtliche Betrachtung hat sich mittlerweile verändert und rückt ihn in ein akkurateres Licht, die breite öffentliche Wahrnehmung muss vielleicht noch folgen. Denn es gibt natürlich viel negatives über Napoleon zu sagen, andererseits aber sehr viel positives (die moderne Rechtsprechung lässt grüßen). Auf jeden Fall sehr weit von der Wahrheit entfernt ist die Sicht auf ihn als Monster oder Tyrann der sogar oft im gleichen Satz genannt wird wie ein Hitler oder Stalin. Diese lange verbreitete falsche Sicht geht noch zurück auf deutsche und vor allem britische Propaganda.

Man kann denke ich durchaus behaupten Napoleon hat Frankreich und die französische Revolution (zumindest Teile davon) gerettet. Auf der einen Seite befand sich Frankreich 10 Jahre nach Beginn der Revolution in vollkommenem Chaos mit Bürgerkriegszuständen in manchen Teilen, viel Gewalt und unzähligen Hinrichtungen (z.B. vieler geistlicher), bei gleichzeitiger politischer Festgefahrenheit, ohne irgendeine Aussicht bald große Reformen im Sinne der Revolution umzusetzen.

Auf der anderen Seite war das Revolutionäre Frankreich von allen Monarchien um sich herum angefeindet und auch angegriffen. Die Monarchen hatten natürlich Angst das revolutionäre Gedankengut schwappt über zu Ihnen. So musste Napoleon schon als Soldat und General Frankreich mehrmals verteidigen.

Aus dieser untragbaren Situation heraus putschte man Napoleon zuerst zum 1. Konsul und später - bestätigt durch eine Volksabstimmung - zum Kaiser der Franzosen. (wie der Titel zwischen Monarchie und Revolution passte weiter unten)

Und als solcher beendete er das gewalttätige Chaos und goss die besten Dinge der Revolution (endlich) in Gesetze. (Manches auch mit Volksabstimmung) Sein berühmter Code Civil (oder auch Code Napoleon), ein neues modernes Zivilrecht, ist zweifellos sein größtes Vermächtnis. Und dabei beschränkt es sich nicht auf Frankreich. Denn er verbreitete den Code Civil auch in alle eroberten/besetzten/zu Untertanen gemachten Gebiete. (deshalb spricht man ja auch von "enlightenment on a horseback", also die Aufklärung auf dem Pferderücken) Und so basiert nicht nur ein großer Teil der heutigen französischen Rechtsprechung noch auf dem Code Zivil, sondern auch die Rechtsprechung sehr vieler Nationen Europas und der Welt!

Und auch außenpolitisch und militärisch verteidigte er Frankreich und die Revolution gegen die Anfeindungen und Angriffe der klassisch Monarchischen Europäischen Mächte. Dies ist das positive daran, allerdings liegt darin auch das größte negative seiner Herrschaft. Und dafür ist er ja auch allgemein bekannt, im negativen Sinn, für all die Kriege. Denn es geschah zwar alles im Grunde aus einer verständlichen verteidigenden Haltung heraus und auch zur Verbreitung der revolutionären Werte und in den meisten Fällen wurde Napoleon und Frankreich der Krieg erklärt, nicht umgekehrt, doch dabei nahm er kurz gesagt den Spruch "Angriff ist die beste Verteidigung" zu ernst. Mit anderen Worten, es hat vielleicht noch nie jemand so wenig gezögert wenn es darum geht einen Präventivschlag zu setzen. Und sein ultimativer riesen Fehler, eine wahrliche Katastrophe, war ja schlussendlich auch der vollkommen unnötige Russland Feldzug, der einen großen Teil der Grande Armée (und groß war die wirklich!) das Leben kostete. Wobei sogar dieser Feldzug wohl erfolgreich gewesen wäre, wenn nicht der russische Zar äußerst unkonventionell, aber Schlussendlich damit genial und erfolgreich agiert hätte. Die Taktik der radikalen verbrannten Erde (inkl. niedergebranntem Moskau) war für Russland wohl der einzige Weg zum Sieg. Eine offene Schlacht hätte Russland verloren, also ging man dieser aus dem Weg und die Grande Armée ging dem russischen Winter, Hunger und Krankheiten zum Opfer. Von diesen enormen Verlusten konnte sich Frankreich nicht erholen und so kam unausweichlich die spätere militärische Niederlage und damit (zweimalige) Exilierung Napoleons.

Generell muss man ihm vorhalten, dass er aus einer riesen Chance, die er aufgrund der Situation und seiner Fähigkeiten hatte, zwar einiges gemacht hat, aber so viel mehr positiv für Europa bewirken hätte können. Im Laufe der Jahre kam er einfach immer mehr ab von einem fokusierten, guten Weg und verlief sich in außenpolitischen und militärischen Dingen, wo einfach immer eins zum nächsten und eins zum nächsten führte und seine Art es ihm nicht zuließ diese Spirale zu verlassen.

Und so steht man, nach langer Zeit der unüberlegten Verteufelung, nun in der geschichtlichen Betrachtung langsam mit ganz neuem Blick auf Napoleon Bonaparte da. Es tut sich z.B. die Frage auf, ob man von Napoleon dem Großen sprechen soll, wie von so manch anderer historischer Figur. Dazu hab ich vor ein paar Monaten diese wahnsinnig tolle und sogar auch witzige Diskussion zwischen zwei Historikern gesehen. Es kann so interessant sein, intelligenten Menschen zuzuhören. Und die beiden wissen echt jedes Detail zu Napoleon. Kann ich echt nur empfehlen!!! Meine Meinung zu dieser Frage über die enorm bedeutende und interessante hist. Figur Napoleon ist, dass man da eben sehr gut diskutieren kann, aber im Zweifel bin ich wohl tendenziell auf der Seite "Ja - Napoleon der Große" wäre passend. Es hängt natürlich wie bei allen diesen Dingen auch davon ab, ob man heutige Maßstäbe oder die Maßstäbe der Zeit anwendet. Er war in vieler Hinsicht seiner Zeit voraus. Ich bin z.B. sehr überzeugt davon, dass er ein großer Fan der Europäischen Union wäre. Irgendwas wird es halt auch sagen, dass 20 Jahre nach seinem Tod, bei der Überstellung des Leichnams nach Paris, ein Viertel der Pariser Bevölkerung erschien und Spalier stand.

Also in dem Sinne, an diesem 200. Todestag von Napoleon Bonaparte,

Repose en paix, empereur des Français.

Warum Kaiser der Franzosen? Man konnte und wollte ja im Sinne der Revolution nicht zurück zur alten Monarchie, nur einfach mit einem anderen Monarchen. Deshalb wurde er auch nicht Französischer König und auch nicht Kaiser Frankreichs Gottes gnaden. Er sah sich - und ließ dies ja per Volksabstimmung bestätigen - als Volkssouverän, als vom Volk ausgehender Herrscher. Wenn auch natürlich dann praktisch mit Diktatorischer Macht ausgestattet. Deshalb Kaiser der Franzosen. Bei der Volksabstimmung war zwar übrigens auch ein bissl herumgeschummelt, aber man weiß heute, dass er auch ohne ein bisschen Wahlbetrug wohl bei ca. 80% Zustimmung gewesen wäre.

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