Besessen von Ideen: Die Dämonen unserer Zeit

Überall rund um uns existieren Dämonen. Mehr oder weniger alle Kulturen stimmen dem zu, vom Div in Persien, dem Mara im Buddhismus, Gui in China, Jinn im Islam oder dem Dämon im Christentum.

Das Konzept des Dämons ist universal, was darauf hindeutet, dass es wahr ist.

Was ist ein Dämon? Was steckt hinter ihm? Was macht ihn aus?

Ein Dämon ist typischerweise irgendeine nicht fassbare Wesenheit die das Tun, Denken und Handeln von Menschen übernimmt, ihm „besessen“ macht. Der Mensch tut dann oft fürchterliche Dinge, die er nicht tun würde, wäre er nicht besessen.

Die Menschen ertragen das irgendwann nicht und hohlen sich jemanden der den Dämon austreiben soll. Der Christ nennt das Exorzsmus, der Moslems Ruqyah, im Shinto ist die Praxis als Oharai bekannt, in afrikanischen Traditionen sind es Konzepte wie Yoruba, Vodun oder Santería.

Dieses Praktiken haben eines grob gemeinsam: eine Autorität formuliert, dass der Geist böse ist, deklariert dass der Geist böse ist und fordert, dass der Geist den Besessenen verlässt, der Besessene wehrt sich üblicherweise und spuckt Gift und Galle.

Aber was bedeutet das für unsere atheistische Weltsicht oder mich als Agnostiker?

Ich glaube nicht an Geister, aber ich glaube, dass an dem Konzept der Dämonen was dran ist.

In Mosambik wurden 2017 fünf Menschen ermordet, weil es dort, vor allem im Bezirk Morrumbala „Hexenmeister“ gibt die Körerteile von Glatzköpfen, für Rituale benutzen. Besagte Hexenmeister, zahlen für die Körperteile und versprechen, dass in den Köpfen von Glatzköpfen Gold zu finden sei.

Mehr oder weniger alles an der Geschichte ist dämonisch.

Dämonen sind, in meiner Sicht, keine Geister, die herumflattern und in Menschen fliegen, um sie dann zu steuern.

Dämonen sind Ideen, die der Besessene nicht aus eigener Kraft los wird.

Wenn eine Idee oder ein Konzept im Kopf eines Menschen sich selbst bestätigt, also keine äußere Zustimmung mehr braucht, kann so eine Idee von außen nicht mehr beseitigt werden. Die Idee übernimmt dann das Denken. Der Hexenmeister „weiß“ dass seine Rituale funktionieren, er „weiß“ das er der Gute ist, er „weiß“ dass das Opfer des Glatzkopfs notwendig ist. All das weiß er, weil die Idee „Selbstverständlich“ und „Selbstbestätigend“ ist.

Jede Idee kann dämonisch werden.

Eine Idee wird dämonisch, wenn derjenige, in dessen Kopf sie existiert, sie als unumstößlich und absolut „wahr“ ansieht.

Das führt zu einem Problem, denn jeder von uns hat gewisse Axiome, Fundamente oder Grundideen die er als unumstößlich wahr und unverhandelbar ansieht. Für den einen ist das etwa die unumstößliche Wahrheit, dass es einen Gott gibt, für den Nächsten ist es die unumstößliche Wahrheit dass es keinen Gott gibt.

Wichtig ist hierbei zu verstehen, dass dämonische Ideen nicht schlecht sein müssen. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass jede dämonische Idee aus einem guten Samen entspringt.

Menschen stehen in der Früh nicht auf und überlegen sich wie sie die Welt schlechter machen. Bösewichte wie „Ming the Merciless“, die sich mit „eure Schlechtigkeit“ ansprechen lassen sind unterhaltsam, aber so jemanden gab es in der Geschichte der Menschheit niemals. Jeder denkt, dass er auf der Seite des Guten steht. Nicht nur die Bösen, sondern vor allem die übelsten Schurken.

Wie wird man den Dämon aber los?

Man wiederholt die immer gleichen Mantras: „Was du tust ist böse. Wir alle sehen, dass was du tust böse ist. Hör auf böse zu sein, sei wieder gut! Wir fordern das!“

In der Praxis wird oft ein Dämon durch einen anderen ersetzt, der gesellschaftlich inakzeptable durch den gesellschaftlich akzeptierten. So ist es eben. Viele um uns purzeln von Besessenheit zu Besessenheit.

Ich denke, dass Menschen dieses Problem schon früh erkannt haben. Man war gerade dabei das Mamut zu verkloppen als ein Typ auftauchte, der erzählte, dass man nun den Gott Hugubugu verehren muss und ihm als Propheten von Hugubugu Essen geben müsse, sonst würde der Himmel auf den Stamm herunterfallen. Und da stand dann der Skeptiker und grinste überheblich, nur um festzustellen, dass die meisten rund um ihn sich vor den Propheten warfen und um die Gnade von Hugubugu flehten.

Der Skeptiker verweist darauf, dass der Prophet ganz offensichtlich ein Betrüger war nur um zwei Tage später rituell gesteinigt zu werden, denn Hugubugu duldet ja keine Ungläubigen.

Wir verstehen dieses Konzept, zu mindestens auf einer unterbewussten Ebene und fürchten die Dämonen, ohne zu erkennen, dass jeder von uns besessen ist.

Der eine mehr, der andere weniger.

Der Fundamentalist, der Fanatiker, der Radikale und der Besessene sind im Wesentlichen alle besessen von einer Idee. Ob das die Idee ist, dass man „seinem Verein beistehen muss“ oder „für Gott die Ungläubigen abschlachten muss“ oder „hinter jedem Strauch ein Nazi/Kommunist/Roundearther/Echsenmensch/Illuminat/Ungläubiger/Rapidfan lauert“ ist dabei weitgehend gleichwertig. Jeder der Besessenen denkt, dass er „tut was getan werden muss“ und tut dabei oft fürchterliche Dinge, die er nicht tun würde, wäre er nicht von der Idee besessen, wie etwa 200€ zu zahlen um Leuten zuzusehen wie sie einem Ball nachlaufen, angebliche Hexen zu verbrennen, Parteien zu verbieten oder sich in die Luft zu sprengen um Ungläubige zu töten.

So jedenfalls erscheint mir die Welt. Das ist doch völlig selbst evident … oder?

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