Mit 16 oder 17 Jahren gab meine damalige Deutschprofessorin eine Erörterung als Schularbeit mit dem Thema „beschreibe eine futuristische Gesellschaft“.

Meine Lösung war im Wesentlichen eine Beschreibung einer science fiction Welt die sich aus einem Film ableitete den ich zu diesem Zeitpunkt als ansprechend empfand. Obgleich ich mich an sonst kaum eine meiner Erörterungen erinnern kann die ich damals verfassen musste ist diese ein brennender Dorn in meinem Hirn. Nicht dass meine Professorin meine Arbeit sinnerfassend gelesen hätte, die gute Dame zählte nur Rechtschreib- und Beistrichfehler.

Trotzdem erscheint es mir noch heute als eine verpasste Gelegenheit über das Thema nachzudenken.

Wo aber beginnt man? Wenn man über die Zukunft nachdenkt macht es erstaunlich viel Sinn zuerst in die Vergangenheit zu blicken. Je weiter man in die Zukunft blicken möchte, desto weiter sollt man auch in die Vergangenheit blicken. Tut man das muss man erkennen dass unsere direkten Vorfahren vor 10 000 Jahren sich von uns in nur einer Sache unterschieden: sie wussten weniger. Sie waren nicht dümmer, ungeschickter oder unsozialer. Sie waren auch sicher nicht naturliebender, gütiger und weltmännischer. Sie wussten nur eben nicht wie man Aus Erz ein Auto baut. Würde man ein gesundes Kind aus der Steinzeit entführen und in unserer Zeit aufziehen, so würde es sich in unserer Welt genauso gut zu Recht finden wie jedes andere Kind.

Unsere Vorfahren, also jene Menschen mit denen wir unsere DNA teilen, waren wie wir. Unsere Nachfahren werden auch im Wesentlichen so sein wie wir sind.

Was kann man also daraus ableiten?

Die Idee etwa dass erst wir vor 150 Jahren auf die Idee gekommen wären, dass eine Gesellschaft in der jeder tut was er kann und nimmt was er braucht eine tolle Idee wäre, ist naiv. Der Gedanke ist so simpel dass es zu vermuten gilt dass er oftmals erdacht und erprobt wurde. Aus unserer eigenen Geschichte wissen wir auch dass diese Experimente kurzlebig sind und hinterher vertuscht werden.

Sämtliche Ideen eines zukünftigen Utopias laufen also darauf hinaus, dass sich die Natur des Menschen nicht ändert und ein heute erdachtes Utopia morgen nicht realer wird als es heute ist nur weil unsere Nachfahren daran herumbasteln. Unsere Nachfahren werden nicht klüger sein als unsere Vorfahren. Sie sind werden nur, mit etwas glück, gebildeter sein als wir.

Die Triebfeder der Entwicklung ist immer Faulheit. So entwickelten unsere Vorfahren etwas die Sklaverei, das Förderband, die Steuern und den Roboter. Jedes dieser Dinge soll den eigenen Leuten das Leben leichter machen, im Zweifelsfall auf Kosten der „Anderen“.

Wer nun die "Eigenen" sind und wer die "Anderen", variiert von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Waren in der Antike die „Sklavenvölker“ keine Menschen so ist es absolut möglich dass wir in einer absehbaren Zukunft auch intelligente Maschinen als Teil von „unseren Leuten“ sehen.

Völlig klar ist aber auch dass hier kein Konsens herrschen wird und genau das ist ein Konfliktpotential. Ein Volk wird etwa intelligente Maschinen nutzen und die anderen werden sie befreien wollen. Das Resultat ist ein Konflikt.

Wie also würde eine zukünftige Gesellschaft aussehen?

Genauso wie unsere.

Unsere Welt ist bevölkert von Völkern die steinzeitlich leben, mittelalterlich oder am Rande zu einer phantastischen Zukunft. Auch in der fernen Zukunft wird es Menschen geben die steinzeitlich leben und sie haben jedes Recht dazu. Auch in der Zukunft wird man versuchen sozialutopische Experimente durchzuführen. Ebenso wie die Flat earther sich von keinem ihrer eigenen Experimente davon überzeugen lassen dass die Welt flach ist werden Sozialisten noch in 10 000 Jahren versuchen eine Gesellschaft zu errichten in der jeder alles gibt was er kann und nur nimmt was er braucht.

Gleichzeitig werden jene Gesellschaften in der jeder danach trachtet erfolgreich zu werden eine Gesellschaft errichten die mehr Erfolge zu verbuchen hat als die "solidarischen" Gesellschaften.

Die Konklusion ist also ernüchternd: die Zukunft ist so aufregend wie die Vergangenheit oder Gegenwart. Es mag sein dass wir in 10 000 Jahren überwiegend als digitale Muster auf einem Server existieren und dann alles ganz anders sein könnte, aber solange Menschen noch überwiegend Menschen sind, werden Menschen eben tun was Menschen tun.

Und so unbedeutend das auch wirken mag, so beeindruckend ist der Weg der hinter uns liegt.

Es gilt also anzunehmend dass der Weg vor uns noch beeindruckender sein wird und wir auch ihn bewältigen werden und das ganz ohne unsere Natur auch nur im Ansatz zu ändern.

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Claudia56

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LaMagra

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