In einem durchaus unterhaltsamen Gespräch zwischen Joe Rogan und Professor Jonathan Haidt, in dem sie versuchten zu verifizieren wann und warum die Kultur in die Richtung gegangen ist in die sie eben die letzten 10 Jahre führt fiel ein Wort das mich faszinierte: Reputation Ökonomie.

Menschen leben in Hierarchien, auch wenn das nicht jeder gern sieht. Hierarchien sind im Grunde dazu da um uns ein Gefühl zu geben wem wir im Zweifelsfall nachlaufen oder wer uns im Zweifelsfall schützen kann. Da wir in einer Zeit unglaublichen Wohlstandes leben passieren diese Fälle (aka "Krise", "Krieg" etc) nur so selten dass sie von der Jugend als Mythos abgetan werden ("in Europa gibt es nie wieder Krieg" ).

Daher sehen sie keinen Wert in diesen Hierarchien.

Sie selber befinden sich aber in (selbstgebauten) hierarchischen Strukturen und versuchen ihren Stand in diesen Strukturen zu verbessern. Der Schlüssel zum Erfolg in dieser Hierarchie ist für den Millenialen die moralische Überlegenheit. Das "Gut sein".

Ein gängiger Weg sich selber in so einer Kultur in ein gutes Licht zu stellen ist es einen Schurken zur Strecke zu bringen. Auch das ist nichts Neues (Es ist ja nicht die erste Moral Hierarchie. Wir erinnern uns an Hexenverbrennungen?).

Die aktuelle Jugend tut das im Wesentlichen indem sie sich auf die Lauer legt und bei einer halbwegs passenden Wortmeldung Wörter wie „Nazi“ oder „Irgendwas-phob“ oder „soundso-ism“ hervorschiesst.

Ist das Ziel sozial höherstehend (verdient, reich oder alt) erhält man mehr Punkte, ist man der Erste bekommt man noch mehr. Stimmt man nicht rechtzeitig mit ein kann das Minuspunkte bedeuten. Die Belohnungen und Bestrafungen sind dann wieder absolut klassisch: die in der Hierarchie dann so nach oben gekommenen erhalten deutlichen Boni bei der Partnerwahl, die Menschen ganz unten werden aus der Gruppe verstoßen, verlieren Schutz und Paarungsmöglichkeiten.

Professor Haidt vergleicht es treffend mit Kopfjäger Kulten: dort erhöht sich das Prestige wenn man besonders vielen Menschen den Kopf abgeschnitten hat.

Das Problem an diesen Kulturen sind die äußeren Kosten.

Ie: Die einzige Möglichkeit Prestige anzuhäufen führt darüber einen Unbeteiligten über die Klinge springen zu lassen. Menschen die also andere Hierarchievorstellungen haben, etwa die Vorstellung dass Nützlichkeit der Maßstab der Hierarchie sein soll, werden angegriffen, wollen aber mit dem Unsinn nichts zu tun haben, genauso wie der angrenzende Stamm eines Kopfjägerkultes mit diesen nichts zu tun haben möchte.

Die Menschen wollen einfach ihren Kopf behalten.

Wesentlich ist einfach zu erkennen dass der Grund warum gewisse Menschen 50 mal am Tag moralisch empört sind nichts mit Menschenfreundlichkeit zu tun hat. Es hat viel mehr etwas damit zu tun den eigenen Vorsprung in der für sie (und ihre potentiellen Sexpartner) relevanten Hierarchie auszubauen.

Je weiter oben man steht, desto schwieriger wird es natürlich diesen Menschen –ismen zu unterstellen. Status bringt Schutz.

Die Motivation den ganzen Tag herumzulaufen und jeden als Faschisten zu bezeichnen ist also im höchsten Grade selbstsüchtig. Die Erfolgreichsten in diesem Bereich verhalten sich wie die Milliardäre die noch mehr und mehr Geld heranschaffen müssen. Es ist eine Sucht, getrieben von Angst in der Hierarchie herunterzufallen und plötzlich selber über die Klinge zu springen, ja plötzlich das Opfer eines Anderen zu sein der noch eifriger und oder noch skrupelloser ist.

Die Frage die im Raum stehen sollte ist im Grunde einfach:

Wollen wir das?

Wollen wir ein Wertesystem das auf der Dämonisierung von Menschen basiert oder können wir zurück zu einem Wertesystem in dem zählt wer am meisten leistet?

Ist die Leistungsgesellschaft der Empörungsgesellschaft eventuell doch moralisch überlegen?

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