Schlägt man die Definition von Faschismus nach stößt man auf allerlei Definitionen.

Kaum ein Begriff weist eine solche Vielfalt an Definitionen auf. Umberto Ecos 14 Punkte machen aus praktisch jeder real existierenden politischen Partei eine faschistische Partei. Solche Definitionen sind also nutzlos.

Aber warum braucht man überhaupt eine Definition? Kann man nicht einfach alles aus dem Bauch heraus bezeichnen?

Nein. Natürlich nicht.

Definitionen helfen uns Dinge voneinander Abzugrenzen. Definiert man einen Begriff nicht so kann es leicht vorkommen dass man aneinander vorbeiredet. Ein und derselbe Überbegriff kann sehr sehr unterschiedliche Dinge meinen. „Baum“ kann einen Bonsai oder eine Eiche meinen, Dinge also die in ihrer Natur sehr unterschiedlich sind (das eine ist zB. groß, das andre nicht).

Es ist dabei unerheblich dass Umberto Eco vermutlich behauptet hätte, dass Bonsaibäume auch 30 Meter hoch sein können. Alles was das zeigt ist, dass seine Definition unbrauchbar sei und er somit unqualifiziert wäre Definitionen zu veröffentlichen.

Wenn jemand also behauptet dass er Letztens „einen ganzen Baum mit eigenen Händen ausgerissen habe“, gilt es zu erfragen um was für einen Baum es sich dabei gehandelt hat, sonst ist nicht klar was die Tat nun wirklich war.

Ein erheblicher Teil der Bevölkerung mag Definitionen nicht sonderlich. Zum Einen ist es mühsam zu definieren und zum Anderen ist es langweilig.

Zudem macht es einen angreifbar.

Die Behauptung „Ich kann Bäume ausreißen“ bleibt eindrucksvoller solange man nicht definiert dass man nur von Bonsaibäumen gesprochen hat. Die Aussage bleibt auch verteidigbarer solange man sich diese Ausrede nicht durch Definition verstellt.

Wenn man betrügen und blenden will ist also die Definition also der schlimmste Feind.

Das dachte sich auch Giovanni Gentile als er den modernen Faschismus erdachte. Eine der Grundgedanken war es eine Ideologie ohne Definition zu erstellen, angeblich mit den Worten „Man opfert nicht die Unantastbarkeit für Klarheit.“

Folgt man einem spezifischen Set von Ideen und Theorien gestattet das Vorhersagen. Treffen diese dann nicht ein, wird man angreifbar. So sagte etwa Marx voraus dass der Sozialismus geringere Verschwendungsraten als der Kapitalismus aufweisen würde, etwas das eindeutig nicht stimmt. Der Sozialismus sagte Dinge voraus die nicht eingetroffen sind. Jeder der des Lesens mächtig ist kann das seit den 1960igern verstehen. Das Resultat ist ein Desaster für den Sozialismus und eine Flucht in vernunftkritische Philosophie. Das ist eine erhebliche Niederlage.

Gentile erkannte das vor 100 Jahren und verhinderte diesen Stolperstein. Seither kann der Faschismus absolut alles sein, selbst sein eigenes Gegenteil. Der Legend zufolge soll Ignazio Silone gesagt haben dass der Faschismus zurückkommen wird und sich Antifaschismus nennen würde.

Die Natur des Faschismus ist im Wesentlichen was der jeweilige Führer behauptet das sie ist und wenn sie morgen das Gegenteil von dem ist was sie vorgestern war, na dann ist das eben so und wer das aufzeigt der würde lügen.

Der Faschismus lebt von einer völlig unkritischen Gefolgschaft die das Wort der Führung als die einzige Wahrheit versteht. Behauptet etwa die Führung dass die Blonden die Guten sind dann wird das nachgebrüllt, bis die Führung behauptet die Blonden seien die Bösen. Dann wird das nachgebrüllt, kurz nachdem man sich die Haare umgefärbt hat, kombiniert mit den Worten „Ich habe ja immer schon gesagt, dass …“

Der Faschismus hat keine Definition mit der man ihn erdrosseln könnte.

Das ist bedauerlich.

Er hat aber Merkmale.

Diese Merkmale sind auf der Seite der Führung ein autoritärer Führungsstil mit geringer Transparenz, hoher Willkür und vor allem einem Monopolanspruch auf die „Wahrheit“.

Die Folgenden hingegen sind unkritisch und akzeptieren die „Wahrheit der Führung“ als ihr Weltbild. Ändert sich diese Wahrheit, wird das Weltbild sofort auf den Kopf gestellt.

Fakten die dieses Weltbild in Gefahr bringen könnten, werden verbissen bekämpft, vorwiegend durch persönliche Angriffe auf den Kritiker. („Schau ihn dir an, der ist ja Blond, der kann nicht Recht haben. Die Blonden sind die Bösen! Weiß doch jeder.“)

Dazu kommt häufig eine Verhaltensweise die sich mit "Tu was wir sagen, nicht was wir tun!" oder "Wenn wir es machen ist es gut, machst du es ist es schlecht" beschreiben lässt.

Woran also erkennt man, dass man es mit jemandem zu tun hat der im Wesentlichen einer der zahlreichen faschistischen Schulen folgt?

Im Wesentlichen also an einer unkritischen Weltsicht die aus irgendeiner Quelle (aus irgendeiner Autorität) stammt. So eine Weltsicht kann man als solche enttarnen wenn das Gegenüber nicht fähig ist es mit eigenen Worten zu beschreiben sondern stattdessen sagt man möge doch dieses oder jenes Buch zu dem Thema lesen.

Praktisch all diese Schulen verweisen darauf dass das Wohl Weniger sich dem Wohl der Vielen unterzuordnen hätte und dieses Wohl der Vielen zentral geregelt werden kann und soll. Dies sei stets zum Wohl Vieler oder aber Aller: der Altruismus wird also zu einem Ideal erhöht und der Egoismus und Individualismus als die Wurzel allen Übels verdammt. Das Ziel ist stets ein Utopia und wer sich gegen die Führung stellt ist ein Idiot im Idealfall und ein Untermensch im schlechtesten Fall.

Der Faschismus versagt stets, da seine Führung immer dümmer ist als das Volk das es zu führen versucht. Dies liegt in der Natur der Führung. Die faschistische Führung ist gut darin zu überzeugen und somit vollständig mit Blendern besetzt. Der Faschismus ist die Politik der Charismatischen, nicht der Fähigen.

Den Faschismus zu bekämpfen bedeutet unweigerlich eine Abkehr vom Altruismus, gepaart mit einer erheblichen Skepsis gegenüber jeglicher (möchtegern) Führung. Das zu erkennen ist bitter vor allem für jene die glauben den Faschismus mit defakto faschistischen Methoden zu bekämpfen (siehe schwarzer Block).

Der Feind des Faschisten ist also nicht der Antifaschist sondern der freiheitsliebende Mensch, der sich nicht darum kümmert was die Führung von ihm erwartet sondern tut was er für gut empfindet und dann mit den Konsequenzen lebt.

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Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 14.04.2020 16:31:31

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