Im 18. und 19 Jahrhundert fragten sich amerikanische Gelehrte warum Sklaven von Plantagen flüchten würden. Anstoß der Debatte war die Überzeugung, dass es Sklaven doch gar nicht so schlecht ginge. Die Eigentümer der Sklaven würden ja eine Lebensqualität zur Verfügung stellen die bedeutend besser wäre als das was der geflüchtete Sklave jenseits der Plantage zu erwarten hätte.

Samuel A. Cartwright beschreib also das Krankheitsbild der Drapetomanie vom griechischen. δραπέτης, drapétes, „Entflohener“ + μανία, manía, „Wahn“.

Die Therapie bestand darin zu verhindern, dass der Sklave zu murren begann und wenn das nicht einfach zu erreichen wäre müsse man die Krankheit eben auspeitschen.

Damals war das Wissenschaft. Heute sehen wir die Sache anders und verurteilen Menschen wie Cartwright als das was sie eben schon damals waren: fürchterliche Menschen die sich die Welt schönreden wollten.

Kevin White argumentiert in „ An introduction to the sociology of health and illness“ (2002) dass der Wunsch zur Flucht aus der Sklaverei aus den „natürlichen menschlichen Impuls zur Freiheit“ resultiert.

Und wer möchte ihm da widersprechen?

Es steht außer Frage, dass der Sklave der seinem Herrn entlaufen möchte nicht krank ist. Im Gegenteil, er ist vermutlich sehr viel gesünder als seine Kollegen die nicht zumindest überlegen wie man flüchten könnte. Heute sehen wir sogar jene Personen die sich mit ihrem Unterdrücker solidarisieren als krank an (zB. Stockholmsyndrom).

Ist die Sache nur historisch bedeutend? Natürlich nicht.

Drapetomanie wird nur heute anders genannt. Menschen die nicht so wirklich damit einverstanden sind, dass sie nur einen Bruchteil ihrer Arbeit für sich und einen gigantischen Teil für jemand anderen leisten sind nicht unzufrieden, weil sie krank sind, sondern weil sie gesund sind.

Der Nettosteuerzahler in Europa darf in etwa ein Fünftel der Früchte seiner Arbeit behalten. Den Rest zieh der Staat ein. Wir sind also Teilzeitsklaven und gehören, zum Teil, dem Staat.

Menschen die hier einwerfen, dass der Staat ja etwas zurückgibt argumentieren wie Cartwright der argumentierte, dass der Sklavenbesitzer den Sklaven Nahrung, Obdach und Schutz bieten würde und die Sklaven einfach nur dumm und undankbar wären.

Die ganze Idee der Staatsverweigerung ist im Grunde nur eine Neuauflage der Idee der Drapetomanie. Der Bürger möge doch bitte dankbar sein, dass der Staat für ihn all die wunderbaren Dinge tut die er so tut. Wie Banken zu retten und schicke Dienstautos für Funktionäre zu kaufen, in anderen Worten: nicht das wozu wir sie eingesetzt haben.

Der demokratische Staat soll ja Diener des Volkes sein, nicht Herr des Volkes.

Menschen die nicht verstehen können dass manche von uns die Zähne knirschen wenn sie sehen was der Staat mit unserem Geld tut sind die geistigen Erben von Menschen wie Cartwright, die einfach nicht verstehen können, oder aus Eigennutz: nicht verstehen wollen, warum manche Menschen frei sein wollen.

Und weil sie es nicht verstehen wollen, deklarieren sie dass die Gesunden krank seien und die Kranken gesund.

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Matt Elger

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Tourix

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