Immobilien Crowdfunding/investment - Sicher wie ein Immobilienkauf?

Nachdem im letzten Sommer bereits eine Crowdfundingplattform einen ersten Versuch im Bereich Immobilienprojektfinanzierung gestartet hat(, hat nun eine erste reine Immobilien-Crowdfunding/investment-Plattform ihre Tätigkeit aufgenommen.

Die ersten medialen Rückmeldungen waren (wie immer) recht euphorisch - doch ist Immobilien-Crowdinvestment für den Einzelinvestor wirklich interessant?

Ein Blick auf die aktuell angebotenen Projekte relativiert die erste Euphorie relativ rasch:

Angeboten werden Investments in Nachrangdarlehen - d.h. die Investoren werden im Insolvenzfall erst nach Berücksichtigung aller anderen Investoren/Financiers bedacht. Es gibt in der aufliegenden Projektdarstellung auch keine detaillierten Informationen, wie die Projekte von der Gesamtfinanzierungsseite her strukturiert sind. Die Laufzeiten der angebotenen Projekte sind mittelfristig, jedoch kann man von einer vertraglichen Mindestbehaltefrist von ca 1,5 Jahren ausgehen. Die angebotene Kapitalverzinsung(im Informationsdatenblatt eher bedrohlich als "mögliche Erträge" bezeichnet) wird erst 60 Tage nach Vertragsende zur Auszahlung fällig.

Von der Natur der Projekte sind die beiden angebotenen Investments doch sehr unterschiedlich: Während das in Wien angebotene Projekt bereits einen sehr hohen Verkaufsgrad aufweist(70 von 87 Wohnungen - bereits unterfertigte Kaufverträge?), handelt es sich bei dem zweiten in Graz situierten Investmentobjekt um ein  mit höheren Unsicherheiten zu bewertendes Vorhaben. Zwar gibt es bereits "namhafte Interessenten", aber konkrete Verkaufs- oder zumindestens Optionsangaben gibt es keine. Dafür sind die angebotenen 8% als Risikoprämie wohl eher als gering anzusehen.

Dies auch vor dem Hintergrund, dass lt dem aufliegenden Gutachten die Baubewilligung für das Investitionsprojekt noch nicht erteilt wurde(übrigens auch lt Gutachten für das Wiener Projekt noch nicht), und es auch noch kein Verkaufs-/Verwertungskonzept Seitens des Developers gibt. Interessanterweise wird dieses Thema (und der Umgang mit einer Situation in der eventuell diese Bewilligung nicht, oder vielleicht sehr verspätet erteilt wird) im Informationsdatenblatt nicht thematisiert. In weiterer Folge kann man dem aufliegenden Gutachten auch nicht wirklich entnehmen wofür das von den Crowdinvestoren aufzunehmende Kapital im Details verwendet werden soll. Wie die Beurteilung des Gutachters (lt Website ein Unternehmen im Bereich "planende Baumeister" der den um Finanzierung werbenden Immobilien-Developer auf seiner Partner-Seite gelistet hat), wonach die Plausibilität des Projekts als "sehr gut" zu bezeichnen sei zustandekommt, ist dem externen Dritten auf Grund fehlender Parameter nicht nachvollziehbar und wohl auch mit gewisser Vorsicht zu geniessen.

Relevant für potentielle Investoren ist wohl die Tatsache, dass die Weitergabe ihrer Investments Restriktionen(Zustimmung durch die Darlehensnehmerin) unterliegt - hier stellt sich die Frage "warum eigentlich" und "was bedeutet das in der praktischen Umsetzung(warum sollte die Darlehensnehmerin ihre Zustimmung verweigern?)". Interessant auch, dass im Informationsdatenblatt für Investoren als Darlehensnehmerin eine deutsche Unternehmung genannt wird.

Was grundsätzlich auffällt ist die Tatsache, dass trotz eines hohen Verkaufsgrades beim Wiener Projekt doch der Weg zur alternativen Finanzierungsform Crowdfunding gewählt wurde. Hier müssen sich Investoren die Frage stellen, ob damit bis zu einem gewissen Grad nicht auch versucht wird, Projektrisiken von der klassischen Bankfinanzierung hin zu schlechter gestellten Alternativinvestoren zu verschieben.

Es muss jedem Investor klar sein, dass Crowdfunding/investment in Immobilienprojekte nichts mit Immobilienankauf zu tun hat. Das investierte Kapital wird bei den aktuell angebotenen Projekten in keinster Weise dinglich besichert - die Tatsache, dass aktuell auch nur 2 Projekte vom gleichen Developer zum Investment angeboten werden zeigt augenscheinlich auch die Limitationen des Modells auf.

Jedem Geldgeber sollte aber der Keyn´sche Leitsatz "there is no such thing as a free lunch" vor der Investitionsentscheidung klar vor Augen sein.

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Herbert Erregger

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