Die Regierung Schwarz-Blau Eins (von 2000 bis 2006) beschloss in ihrer Amtszeit eine Betriebspensionsgesetzgebung, die heute sehr schlecht aussieht:

die Versprechen, die damals gemacht wurden, wurden nicht eingehalten, die Erträge erwiesen als viel geringer als geplant, vielfach wurden Verluste "erwirtschaftet" statt Erträge.

Während die Schwarz-Blau-nahe Tageszeitung "Kurier" in für österreichische Medien typischer FakeNews-Manier die Sache unter der Überschrift "Die große Enttäuschung" abhandelt, kann ich nur sagen, dass eine Enttäuschung nur eintreten kann, wenn es vorher eine Täuschung gab, hingegen bei zahlreichen der Entscheidenden Persönlichkeiten von Vornherein die Gewissheit bestanden haben dürfte, dass die Sache nur schlecht ausgehen kann, sodass zumindest bei ihnen keine Täuschung vorgelegen haben dürfte und somit auch keine Enttäuschung.

Der springende Punkt, den die wie viele in Finanzfragen offensichtlich ziemlich unfähige Frauen verfassende Journalistin Irmgard Kischko ignoriert, ist folgender: die Wiener Börse ist eine im internationalen Vergleich sehr kleine Börse mit einer sehr geringen Aufnahmefähigkeit.

https://kurier.at/wirtschaft/pensionen-die-grosse-enttaeuschung/400525540

Wenn man so wie die Regierung Schwarz-Blau Eins (die durchaus ihre Verdienste und ihre Legitimität hat) durch die Betriebspensionsgesetzgebung in einem Schub Riesenhäufen an Geld in die marktenge Wiener Börse verlagert, dann muss das zu einer kurzfristigen Explosion der Aktienkurse mit anschliessendem Wieder-Absturz nach dem Motto "What goes up, must come down" führen.

Und so gesehen ist es logisch, dass die Wiener Börse einer der ganz wenigen Börsen weltweit ist, die ihren Höchststand nicht in den letzten drei Jahren (also in einer Nullzinsphase, die die Aktienkurse explodieren lässt) hatte, sondern im Jahr 2007.

Deutscher Aktienindez DAX: momentan in der Nähe des Höchststands, wie das logisch ist für eine Nullzinsphase

New Yorker Dow Jones-Index: praktisch parallel mit dem DAX, aber ein völlig anderer Verlauf als die Wiener Börse.

Wiener Börse: Höchststand 2007 durch verfehlte Betriebspensionsgesetzgebung, die zu kurzfristiger Explosion mit folgendem Absturz auf die Hälfte führte. (Tiefststand waren kurzfristig ca. 30% des Höchststands)

Und nicht nur, dass es so ist, auch vorher war es jedem, der ein bisserl was von der Wiener Börse versteht, dass sie die Aufnahmekapazität für einen so großen Kapitalzufluss wie die schwarz-blaue Betriebspensionsreform gar nicht haben kann ohne Verwerfungen und völlig untypische Kurssprünge, die haufenweise Kapital vernichten.

Und das ist nicht nur ein Versagen der schwarz-blauen Regierung, sondern es ist ein totales Systemversagen des politisch-medialen Systems und des Bildungssystems in Österreich: keine Partei kritisierte oder meldete auch nur Zweifel an an der Nachhaltigkeit der Kursentwicklung, an der Überforderung der Aufnahmekapazität, auch deswegen, weil die österreichische Linke zum allergrößten Teil in einem Antikapitalismus verfangen ist, der die Börse insgesamt als böse betrachtet, womit es sich auch erübrigt, zwischen guten Börsepraktiken und bösen zu unterscheiden, weil sowieso jede Börsepraktik böse sei. Den jetzigen Präsidenten und früheren Wirtschaftsprofessor Van der Bellen möchte ich insofern ausnehmen, als er es gewusst haben könnte, aber darüber geschwiegen haben könnte, weil er dachte, damit in seiner eigenen Partei auf zu großen Widerstand zu stossen, insbesondere nachdem die Wiener Grünen im Jahr 2002 seine Absicht, Schwarz-Grün zu machen, torpediert hatten.

Die Position, dass eine Betriebspensionsverbörsung in kleinerem Umfang besser gewesen wäre, weil sie der geringen Aufnahmefähigkeit der Wiener Börse besser entsprochen hätte, wurde von keinem österreichischen Politiker (und schon gar keiner österreichischen Politikerin), von keinem einzigen österreichischen Medium vertreten.

Damit zusammenhängt der große Mangel in Österreich an Wirtschaftsausbildung: während sich österreichische Schulbücher und Universitätsprofessoren und -innen oft in primitivster Dämonisierung des angeblichen "Neoliberalismus" ergehen, unterbleibt eine faktenorientierte und nüchterne Chancen-Risken-Analyse. Die Verdummung in Wirtschaftsfragen an österreichischen Schulen und Universitäten seit vielen Jahrzehnten (auch und insbesondere unter SPÖ-Kanzlern) ist mitverantwortlich an dieser wirtschaftlichen Katastrophe, die zahlreiche Milliarden vernichtete.

ES WAR SCHEINBAR KEIN PECH UND KEINE ENTTÄUSCHUNG, ES SCHEINT VIEL MEHR EINE GEPLANTE UND BEABSICHTIGTE ENTEIGNUNG GEWESEN ZU SEIN.

Und eine, die niemandem und der unfähigen Opposition und den unfähigen Medien schon gar nicht, auffiel. Obwohl sie schon vorher auffallen hätte können...

Und es scheint auch deswegen eine geplante Enteignung gewesen zu sein, weil bereits die Pläne (!) zu einer solchen Betriebspensionsreform die Aktienkurse steigen liessen und zum Zeitpunkt, als die Betriebspensionskassen dann tatsächlich einstiegen, die Kurse bereits überhöht waren.

Eine verantwortungsvolle Regierung hätte vielleicht gesagt: "Wir hatten das geplant, aber im Moment sind die Kurse zu hoch, bzw. es zeichnet sich ab, dass die Kurse zu hoch sein werden, weshalb wir die Pläne wieder zurückzuziehen".

Nicht so die österreichische ...

Und diese geplante Enteignung war vielleicht auch eine Art absichtliche Revanche der ÖVP dafür, dass die SPÖ immer wieder Pläne zur Pensionsreform, zur Erhöhung des Pensionsantrittsalters und zur Anpassung des Pensionssystems an europäische Standards verweigert hatte.

Sogar Parteikollegen wie der damalige ungarische EU-Sozialkommissar Laszlo Andor (ein Sozialdemokrat, MSZP) hatten die SPÖ und Österreich immer wieder kritisiert wegen mangelnder Pensionsreformen.

Nachdem die SPÖ 2006 anlässlich der Neuformierung der rot-schwarzen Koalition gesagt hatte, sie hätte der Pensionsreform die Giftzähne gezogen, konnte sie nicht mehr sagen, dass zahlreiche Katastrophen in Zusammenhang mit Betriebspensionen noch bevorstehen, ohne die eigene Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Allerdings könnte das auch eine lose-lose-Situation für die SPÖ sein, die zu Glaubwürdigkeitsverlusten führt(e), egal, was die SPÖ sagt(e).

https://derstandard.at/1347493156775/EU-Kommissar-Spaeterer-Pensionsantritt-unausweichlich

CC / Foto AG Gymnasium Melle https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A1szl%C3%B3_Andor#/media/Datei:Andor,_L%C3%A1szl%C3%B3-9469.jpg

Laszlo Andor, der ungarische sozialdemokratische EU-Sozialkommissar früherer Jahre hatte immer wieder die SPÖ und Österreich wegen mangelnder Pensionsreformen und zu niedrigem Pensionsantrittsalter kritisiert. Wenn die SPÖ seinem Rat gefolgt wäre, hätte die schwarz-blaue Regierung vielleicht nicht zur Pensionsenteignungsreform des Jahres 2005 gegriffen.

Während die SPÖ in ihrem eigenen Bereich (Wien) zahlreiche Erhöhungsautomatismen einführte, verhinderte sie die von der ÖVP geforderten Pensionsantrittsalterserhöhungsautomatismen wegen steigernder Lebenserwartung mit "Herzloser Computer"-Kampagnen in Maschinenstürmer-Manier des 19. Jahrhunderts.

Wirtschaft / Wirtschaftsuni nicht unbedingt eine Frauenspezialität:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20010316_OTS0194/petrovic-kritisiert-katastrophal-niedrigen-frauenanteil-in-wu-spitzenpositionen

Es gibt zahlreiche Theorien, dass Männer riskante Anlageformen wie Aktien bevorzugen, während Frauen auch wegen ihres Sicherheitsempfindens Anderes (Anleihen, Sparbuch) bevorzugen.

Der Männeranteil bei Anlageformen wird umso höher, je riskanter die Anlageform ist.

Allerdings haben absolut sichere Anlageformen wie das Sparbuch auch geringe Ertragschancen und so ist das weibliche Sicherheitsempfinden bei der Veranlagung vielleicht ein Mitgrund dafür, dass Frauen durchschnittlich ärmer sind als Männer.

Auch der verstorbene deutsche Kanzler Helmut Schmidt (SPD) kritisierte die SPÖ und Österreich scharf für das niedrige Pensionsantrittsalter.

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