Die heutige "Krone" behauptet, dass Österreich mehr Schulden hätte als Griechenland.

Die "Krone" beruft sich dabei auf eine Statistik mit den absoluten Staatsschulden pro Kopf, die anscheinend auch von der Agenda Austria verwendet wird, und laut der Österreich die fünftgrößte Staatsverschuldung in der EU hätte, mit ca. 40.000 Euro pro Kopf. Eine höhere Staatsverschuldung als Griechenland mit ca. 34.000 Euro pro Kopf.

Nur der springende Punkt ist: soooooo wird Staatsverschuldung normalerweise nicht gemessen, sondern Staatsverschuldung wird normalerweise gemessen in % des BIP (Bruttoinlandsprodukt) bzw. des Pro-Kopf-Einkommens.

Und was den Anteil der Staatsschulden am BIP betrifft, so liegt Österreich wesentlich besser als Griechenland und hat so gesehen nicht die fünftgrößten Schulden (von 27 EU-Staaten), sondern die neuntgrößten Schuldenanteile am Einkommen (von 27). Und Österreich liegt auch unter dem EU-Schnitt, was die Schuldenanteile am Einkommen betrifft.

Jemand, der eine Million Jahreseinkommen hat und 200.000 Euro Schulden, der tut sich wesentlich leichter, diese Schulden zurückzuzahlen, als jemand, der 100.000 Jahreseinkommen hat, und 100.000 Schulden. Daher ist die Schuldenhöhe in absoluten Zahlen eigentlich ziemlich unbedeutend. Viel bedeutender ist die Frage, wie leicht es jemandem fällt, MIT SEINEM EINKOMMEN seine Schulden zurückzuzahlen.

Und Österreich hat nun mal ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen, das weit höher ist als das griechische (fast dreimal so hoch), sodass Österreich seine Schulden weit leichter zurückzahlen kann als Griechenland.

Daher auch die Statistik zu den Schuldenanteilen am BIP, z.B. von Statista:

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/163692/umfrage/staatsverschuldung-in-der-eu-in-prozent-des-bruttoinlandsprodukts/

Hier hat Griechenland Schulden in Höhe von 166.5% des BIP, hingegen Österreich Schulden in Höhe von 78.6% des BIP, wobei der EU-27-Durchschnitt bei 83% liegt, der Eurozonen-Durchschnitt bei 90%.

Hier noch einmal eine Statistik mit dem BIP pro Kopf bzgl alle EU-Länder:

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/188766/umfrage/bruttoinlandsprodukt-bip-pro-kopf-in-den-eu-laendern/

Österreich 49.440 Euro

Griechenland 19.670 Euro.

Und da das österreichische BIP-pro-Kopf das ca. Zweieinhalbfache des Griechischen ist, tut sich Österreich viel leichter, die ungefähr gleichhohen Absolut-Schulden zurückzuzahlen, als Griechenland.

Aber diese FP-dienlichen und ÖVP-schädlichen FakeNews haben wenigstens den positiven Effekt, dass sie das FPÖ-Gerede widerlegen, die "Systemmedien" seien FP-feindlich und "links-parteien"-dienlich, also SPÖ-ÖVP-NEOS-Grüne-dienlich in der Rhetorik der FPÖ.

Auch die Schulden-pro-Kopf-Statistik kann irreführend sein: denn sie kann so verstanden werden, dass irgendwann einmal jeder diese Schulden-pro-Kopf zurückzahlen muss. Also jeder diese 40.000 Euro, was aber vermutlich nur ein Teil kann, der andere nicht. Und dass dann diejenigen "Staatsschädlinge" oder "Schmarotzer" seien, die nicht in der Lage sind, diese 40.000 Euro (also statistische Schulden-pro-Kopf) aufzubringen.

Die präzise, nicht-diskriminierende Formulierung wäre daher: "durchschnittliche Schulden-pro-Kopf", oder so. Sodass bei rein theoretischer sofortiger Rückzahlung nicht jeder/jede exakt diese 40.000 zahlen muss, der Einkommensstarke genauso wie der Einkommensschwache, sondern dass die Lasten gemäß Einkommen oder Vermögen verteilt werden, also z.B. der Einkommensstarke oder Vermögende 160.000, hingegen 4 Arme je 10.000, sodaß im Durchschnitt eben die statistischen 40.000 Euro herauskommen.

Hier eine Statistik der Agenda Austria, die ein Stagnieren, bzw. ein leichtes Sinken der Staatsschulden gemessen am BIP seit 2020 attestiert, aber einen großen Schuldenanstieg von 2019 auf 2020:

https://www.agenda-austria.at/grafiken/die-staatsverschuldung-von-2000-bis-2024/

Ebenso ist diese Art der Darstellung mit den "höheren Staatschulden als Griechenland" geeignet, die EU-Ablehnung zu erhöhen, weil Viele Leser den Eindruck haben, die EU würde ungerechterweise Österreich nicht helfen, so wie sie ihrem Eindruck nach das im Falle von Griechenland tat.

Wobei die Auflagen für Griechenland damals durchaus hart waren, was aber in den Leser-Posts verschwiegen wird.

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Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 29.11.2023 20:05:53

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