Verarscht Österreichs staatliches Leitmedium seine Hörer und Seher ?

Im heutigen ORF-Morgenjournal behauptete ein sogenannter Politikwissenschafter:

"Obama war ein Präsident des Multilateralismus. Obama hat die Vereinten Nationen aufgewertet. Für Obama war die EU sehr wichtig."

http://oe1.orf.at/player/20161116/450769

Wahr ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil:

Obama versuchte unilateral, Putin durch Wirtschaftssanktionen zu stürzen. Dabei hatte er weder die Unterstützung von China noch die Unterstützung von Indien. Und das sind die beiden mit Abstand bevölkerungsreichsten Staaten der Erde.

Russland hat ein Vetorecht im UNO-Sicherheitsrat. Die Anti-Putin-Politik, die im Wesentlichen von Obama, Clinton, Cameron und merkel getragen wurde, hat die UNO lahmgelegt und die christlich-orthodoxe Kultur antagonisiert.

Aber auch das war keine Spezialität der Obama-Hillary-Clinton-Politik, sondern in gewisser Weise eine Fortsetzung der Bill-Clinton-Politik aus den 1990er Jahren.

In zahlreichen EU-Ländern bestand eine große Skepsis gegenüber der von Obama betriebenen Anti-Putin-Politik.

Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die Putin-Hitler-Vergleiche von CDU-Politikern oft kritisiert, allerdings die gleichartigen Putin-Hitler-Vergleiche von hillary Cltinon nicht, was beweist, dass die USA in der Ära Obama-Cltinon eine dominante Rolle spielten und die Europäer von Obama und Cltinon an die Wand gedrängt wurden.

Steinmeier hat auch frühzeitig eine Exit-Option aus den Russland-Sanktionen gefordert, wohl in Voraussicht darauf, dass die von Obama und Clinton forcierten Russland-Sanktionen wahrscheinlich scheitern werden.

Generell war die SPD (Helmut Schmidt und Erhard Eppler seien hier genannt) sehr kritisch gegenüber den von Obama und H. Cltinon betriebenen Sanktionen.

Die sogenannte Krim-Annexion war wegen des Budapest-Memorandums, in dem USA, Großbritannien und Russland die Grenzen der Ukraine garantierten, ein Glaubwürdigkeitsproblem für USA und Großbritannien, aber für alle anderen EU-Staaten nicht.

Die CDU (insbesondere Stoiber und Merkel) spielen traditionell eine Art USA-Pudel-Rolle, die CSU interessanterweise eher nicht.

Auch die ziemlich kritiklose Pro-Obama-Politik der CDU ist keineswegs repräsentativ für die EU-Konservativen.

Der ehemalige französische Aussenminister Dominique de Villepin (ein Gaullist bzw. Chiracist) sowie der ehemalige österreichische Aussenminister und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) nahmen gerade in der Zeit der Anti-Putin-Sanktionen an Putins Valdai-Konferenz teil, was von Putin bzw. Russland als Indiz dafür gesehen werden konnte, dass es die EU mit den Russland-Sanktionen ohnehin nicht ernst meint.

Obama war in vielerlei Hinsicht ein politisch korrekterer und rhetorisch besserer George W. Bush, der Politik des Regime Changes betreibt, allerdings nicht nur bei kleinen und besiegbaren Gegnern wie Saddam Hussein, sondern bei mehr oder weniger unbesiegbaren Gegnern wie Putin.

Während George W. Bushs Regime-Change-Versuch im Irak erfolgreich war, war Obamas Versuch des Regime Changes in Russland erfolglos.

Auch die Behauptung, Trump sei ein Geschäftsmann und Dealmaker, ist nicht a priori negativ zu sehen. Obama und Clinton stehen bzw. standen sehr wesentlich unter dem Einfluss von Großinvestoren und Geschäftsleuten, die den US-Demokraten nahestehen. Die Russland-Sanktionen trafen die USA, die kaum Wirtschaftsbeziehungen zu Russland hatten kaum, während sie europäische Staaten, die Wirtschaftsbeziheungen zu Russland hatten, z.B. Deutschland und Italien, aber auch Österreich (South-Stream), sehr trafen. Vielleicht war es wirtschaftliche Inkompetenz von Obama und H.Clinton, die die US-Demokratische Administration dazu verleitete, die Gefahr, dass die Russland-Sanktionen in zahlreichen EU-Staaten als unfair burden sharing gesehen werden könnte, zu ignorieren.

Auch was die Bewertung des Atomdeals mit dem Iran betrifft, so stimme ich mit dem vom ORF bespielten sogenannten Politikwissenschafter nicht überein: der Iran ist ein großes Land, das nur sehr aufwändig zu inspizieren ist. Weder die USA noch die EU sind bereit, viel Geld dafür zu bezahlen, den Iran gründlich zu inspizieren. Das Hauptargument für den von den US-Demokraten betriebenen Atomdeal mit dem Iran war aus meiner Sicht die Hoffnung, dass dann Frieden in Syrien entsteht (der Iran hat großen Einfluss auf Syrien, insbesondere auf die Alawiten). Allerdings hat sich diese Hoffnung nicht erfüllt.

Auch der in den 1990er Jahren sehr wesentlich von den US-Demokraten betriebene Dayton-Vertrag bezüglich Bosnien geriet während der Obama-Hillary-Clinton-Ära in eine schwere Krise.

Dabei spielte die anti-orthodoxe Politik, die EU und USA (auch und insbesondere auf Betrieben der US-Demokraten) lange Zeit betrieben hatte, eine Rolle.

Die ORF-Berichterstattung ist insofern problematisch, als für den ORF als staatlichem Medium ein Objektivitätsgebot gilt. In manchen Teilen des Volksmunds steht ORF daher als Abkürzung für "Österreichischer Rot-Funk" bzw. "Österreichischer Rot-Grün-Funk".

Der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung "Die Presse", Thomas Chorherr, meinte einmal in einem "Furche"-Interview, Österreich habe eine rot-grüne Zwei-Drittel- oder Drei-Viertel-Dominanz im Mediensektor, insbesondere im ORF.

Egal, ob die US-Demokraten oder die US-Republikaner den Präsidenten stellen, die US-Politik hat immer mehr oder weniger einen gewissen Zug zum Unilateralismus. Im Falle von Bush ging es um einen erfolgreichen Regime Change in Bagdad, im Falle von Obama ging es um einen gescheiterten Regime Change-Versuch in Moskau.

Das dreifache Scheitern der US-Demokraten (sie stellen weder den Präsidenten noch die Mehrheit im Senat noch die Mehrheit im Repräsentantenhaus) eröffnet wenigstens die Hoffnung, dass die US-Demokraten in Zukunft erstmals multilaterale Politik betreiben werden und in Zukunft auf hoffnungslose Versuche, in anderen Großmächten Regime Changes zu betreiben, verzichten.

Auch die Politik von Obama und Hillary Clinton in Bezug auf den syrischen Präsidenten Assad war widersprüchlich und unlogisch, so nach dem Motto: "Assad has crossed a red line, but we won´t do anything decisive after he crossed the red line".

Obama und Hillary Clinton hatten weder eine UNO-Sicherheitsresolution, die ihre Anti-Assad-Politik legitimierte, noch die Entschlossenheit, einen unilateralen Regime Change in Syrien durchzuführen, noch die Entschlossenheit, die ihnen nahestehenden Rebellen ausreichend zu bewaffnen und zu unterstützen.

Nur mit Moralisieren, noch dazu allzuoft beruhend auf Doppelmoral, kann man in der internationalen Politik noch weniger erreichen als in der Innenpolitik.

So wie EU und USA den Kosovo von Serbien abzuspalten, in Verletzung der KSZE-Schlußakte von Helsinki aus den 1970er Jahren, aber gleichzeitig die Abspaltung der Krim von der Ukraine zu dämonisieren, ist eine Doppelmoral, die die Glaubwürdigkeit der US-Demokraten wohl schwer beschädigte.

Und das kommt alles andere als überraschend. Bereits im Jahr 2006 anläßlich der Anerkennung des abgespaltenen Kosovo durch EU und USA haben Völkerrechtler davor gewarnt, dass diese Entscheidung ein gefährlicher Präzedenzfall ist, der eine Fülle von unerwünschten Folgewirkungen haben wird. Explizit geannt wurde damals Georgien, aber auf die Ukraine trifft das im Prinzi auch zu, ohne dass die Ukraine damals im jahr 2006 explizit genannt wurde. Allerdings gab es schon 2006 Anzeichen und Indizien dafür, dass in der Ukraine Zerfalls- bzw. Teilungsgefahr besteht.

Im Jahr 2006 stellten die Republikaner den US-Präsidenten, allerdings war die Anerkennung des Kosovo die Fortsetzung der US-Demokratischen Politik des Kosovo-Krieges aus dem Jahr 1999. AUch das ist ein Indiz, dass es vielfach egal ist, ob die Republikaner oder die Demokraten den US-Präsidenten stellen.

Alle diese Warnungen von Völkerrechtlern oder Politikwissenschaftern wurden von den entscheidenden Politikern und Politikerinnen (Hillary Clinton war als US-Aussenminsiterin und als Präsidentengattin ja eine mitentscheidende Person) ignoriert.

Bei Hillary Clinton kommt noch dazu, dass sie sich mit ihren Putin-Hitler-Vergleichen ähnlich wie viele CDU-Politiker sehr weit aus dem Fenster lehnte. Und wenn man sich sehr weit aus dem Fenster lehnt, dann besteht eben hohe Absturzgefahr.

Auch Warnungen von US-Altpolitikern wie Henry Kissinger, dass diese von H.Clinton betriebene Putin-Dämonisierung keine Politik sei, sondern das Fehlen von Politik, wurde ignoriert.

Auch Obamas Behauptung, Russland sei eine unbedeutende Regionalmacht, mit der wohl gemeinten Nebenbedeutung, dass die USA russische Vetos im UNO-Sicherheitsrat einfach ignorieren sollen oder können, war wohl nicht wirklich multilateral.

Generell bin ich der Meinung, dass eine Großmacht (wie USA und EU) mit einem geringem Ausmaß an Unilateralismus durchaus durchkommen können und dass dieses geringe Ausmaß an Unilateralismus durchaus positive Folgen haben kann, und dass das oftmalige Scheitern der UNO und des Multilateralismus (wie z.B. der UNO in Srebrenica und Zepa) ein Argument für Unilateralismus sein kann, dass aber beim Unilaterismus die Gefahr besteht, dass die ihn betreibenden Großmächte danach süchtig werden und ohne Maß und Ziel dabei immer weiter gehen, bis sie die rote Linie überschreiten.

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Grossfire

Grossfire bewertete diesen Eintrag 16.11.2016 19:27:14

baur peter

baur peter bewertete diesen Eintrag 16.11.2016 17:16:02

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