Helmut Schmidts Rede zu Ethik und Religion 2007

Unter den Leuchttürmen der Weltgeschichte zum Thema Ethik nennt Schmidt immer wieder Namen, wie:

Konfuzius

Stoiker (griech.Seneca bis röm. Mark Aurel)

Sokrates

Aristoteles

Kant (nicht die Religion, sondern das eigene Gewissen gelte als oberste Instanz)

Grotius (Abkehr vom Krieg)

Popper

Sadat (von Glaubens-Fanatikern ermordete ägypt. Präs. - Schmidts größtes Vorbild)

Kardinal König

Küng (Weltethos)

Max Weber (mehrmals, seine Rede über Politik und Beruf)

Churchill

YouTube empfehlenswert: https://www.youtube.com/watch?v=im9doHzCAqk

Wichtig für Schmid im Laufe seiner Lebenserfahrungen ist die Erkenntnis von 3 wesentlichen Werten:

Vernunft mit Gewissen und Kompromissfähigkei schon lange vor Kant geforderte, Goldene Regel:

"Was du nicht willst, was man dir tu, das füge in der gleichen Situation auch keinem anderen zu"

Nicht bedarf es der Religion für ein ethisches Leben, auch die meisten der vorhin genannten Namen waren obwohl nicht religiös, angesehen in der Gesellschaft.

Im "Deutschen Grundgesetz" (= Verfassung) steht im Art.1 die "Unantastberkeit der menschlichen Würde". Ein Gottesbezug wurde nur in die Präambel hineinreklamiert. In der österr. Verfassung ist mir kein Gottesbezug bekannt, die Menschenwürde kam erst 2002 über die Europ. Grundrechtscharta in die österr. Verfassung.

Die Rede hatte Küngs "Weltethos" zum Gegenstand. Küng verstarb vor wenigen Jahren. Was wir ablehnen, ist der Missionierungs - und Ausschließlichkeitsanspruch von Religionen und dass Religionen

immer nur von menschlichen Pflichten und nie Rechten im GGs. zum Grundgesetz sprechen. Auch fällt auf,dass die monotheistischen Religionen bis heute ihre Verantwortung für den Weltfrieden nicht wahrnehmen!!! (Beispiel Naher Osten - Israel/Palestina Problem).

Nie ändern wird sich die "conditio humana" , wonach zwischen Politik, Religion und Vernunft immer ein Spannungsfeld herrschen wird. Schmidt hat dem Christentum auch in Anbetracht der historischen Lasten (Reconquista, Untertänigkeit, Macht, Gehorsam statt Rechte, Intoleranz, Exklusivitätsanspruch, etc...) den Rücken gekehrt.

Frühere, absolutistische Monarchen haben sich immer als von Gottes Gnaden inthronisiert gesehen. Heilige Bücher reden immer nur von Pflichten, nie von menschlichen Rechten - damit wird die Unantastbarkeit der Würde des Menschen beeinträchtigt.

Schmidts oberste Instanz ist das "eigene Gewissen", wobei er auch auf das Risiko hinweist, dass sich auch das "eigene Gewissen" irren kann.

Schmidts Statement zur russischen Krimintervention 2014 könnte in meinen Augen so ein Irrtum gewesen sein, wo Schmidt das Vorliegen einer an sich eindeutigen Völkerrechtsverletzung und Verletzung der Schlussakte von Helsinki, wo die Achtung der Grenzen und die Achtung der Menschenrechte im Korb 3 festgeschrieben und allen unterzeichnet wurden, herunterspielte. Die Forderung nach Menschenrechte kam vom Westen, die Forderung nach Festschreibung bestehender Grenzen kam vom Osten. Dass die Grenzen nicht so blieben nach dem Fall der Berliner Mauer, ist ja nicht Folge einer äüßeren Einmischung, sonder einer inneren Implosion des kommunistischen Systems gewesen.

Als weiteres Prinzip gilt die "Grundregel der Nichteinmischung" in Angelegenheiten eines anderen Staates.Eintypischer Verstoß dagegen war die US-Besetzung des Irak. Theologen haben nicht das Recht, sich abfällig über andere Religionen, insb. auch der asiatischen zu äußern.

Eine Vernunftethik ist auch ohne Gottesbezug möglich und man sollte nur seiner eigenen Vernunft verpflichtet sein. Oberste Instanz sei daher das "eigene Gewissen" nach vorangehender Vernunftabwägungen, auch wenn es irren kann. Weiters ist die Bindung an religiöse Toleranz, Menschenrechte, goldene Regel und

Demokratieprinzip wichtig. Nach Churchill ist die Demokratie, wenn auch keine ideale, so doch die beste Staatsform.

Wichtig sei auch die Kontrolle der Politik durch Bürger und öffentliche Meinung und Medien. Politiker müssen für die Folgen ihes Handelns zur Verantwortung gezogen werden. Max Webers "Verantwortungsethik"(Vernunft) versus "Gesinnungsethik"(Ideologien). Ein ganz wesentlicher Punkt für Politiker und alle Menschen ist :

"Kompromissfähigkeit". Nur so können Kriege verhindert werden und nur so kann es zu der notwendigen Mehrheiten für Gesetzesbeschlüsse kommen.

Ein Politiker, der nicht die Fähigkeit zu Kompromissen besitzt, ist ungeeignet für ein politisches Amt und für die Demokratie nicht zu gebrauchen. Ebenso jemand, der laufend den Versuchungen des Opportunismus unterliegt. Ein Politiker muss auch über gute rethorische Kenntnisse verfügen. Auch in der Außenpolitik gibt es keinen Frieden ohne Kompromisse am diplomatischen Parkett.

Mit dem Feind reden, ihm auch zuhören heißt Friedenspolitik machen und Kompromisse schließen. Ein Produkt der Kompromissfähigkeit sei auch der seit 1950 begonnene, europäische Integrationsprozess. Fehlt die Kompromissfähigkeit, kommt es zum Staatschaos und zu Kriegen. Das Prinzip der Demokratie kann ohne

das Prinzip der Kompromissfähigkeit nicht existieren.

Helmut Schmidt - Das Ethos des Politikers (Rede 2007)

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Erkrath

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