Die österreichische Politik scheint jetzt erst einmal in die Ferien abgetaucht. Abgesehen davon, dass sich dieses Land seit Jahren in einer Art von Wahlkampfmodus befindet, weil erstens tatsächlich einige Wahlen stattgefunden haben und sich zweitens die regierende Koalition bekämpft hat, als wären sie Gegner und nicht Partner gewesen.

Begleitend dazu wurde seit Jahren davor gewarnt, dass dieses sinnlose Hick-Hack zu einer wachsenden Politverdrossenheit führen würde, die am Ende nicht nur den Parteien, sondern uns allen schaden würde. Gesagt und nix geändert. Politik bestand in diesem Land darin, den jeweils anderen ans Bein zu pinkeln und nach dem Motto: „wenn´s die da oben so machen, dann darf ich das auch…“ hat sich eine Kultur eingeschlichen und breit gemacht, in der jeder alles an Porzellan zerschlagen darf, das in seiner Reichweite ist. Am Wahltag wird feststehen, dass wir wieder eine Regierung brauchen und weil es kaum verlockenderes gibt, als am Futtertrog zu stehen und mit zu naschen, wird man einmal mehr vergessen, was davor gesagt wurde und weiterwurschteln wie bisher. Auch dann, wenn die Akteure vielleicht ganz andere sein könnten.

Diejenigen, die einst das Team-Stronach gewählt haben, werden sich inzwischen hoffentlich fragen, welchen Sinn es gehabt hat, dieser Chaos-Truppe ihre Stimme gegeben zu haben. Außer einem andauernden, aus der Distanz lustig anmutenden, Geplänkel über die eigenen Funktionäre, hat diese Partei wohl nichts zur österreichischen Politik beigetragen.

Die Neos sind trotz redlicher Bemühungen des Herrn Strolz eine Ein-Mann-Show geblieben und daran werden auch ein paar neue Namen nichts ändern, die sich der Truppe angeschlossen haben. Frau Griss mag eine gute Richterin gewesen sein und sie war eine respektable Kandidatin der BP-Wahl, aber Politikerin ist sie eben ganz sicher keine und ich glaube auch, dass sie das selber weiß.

Was die Grünen anlangt, so kann man nach dem Ausscheiden von Frau Glawischnig nur den Kopf schütteln und sich wundern. In einer Zeit, in der die Kompetenzen dieser Partei gefragt wären wie nie zuvor (Aufdecken von Skandalen, Umweltschutz, Tierschutz und Menschenrechte) führt man dem Wähler vor Augen, wie sich eine Partei an internen Reibereien zerbröselt und niemanden ans Ruder lässt, der diese Anliegen einigermaßen glaubwürdig verkörpern könnte.

Damit bleiben drei Alt-Parteien über, die allesamt mit dem Makel zu kämpfen haben, dass sie in alle Skandale dieser Republik verstrickt sind und kaum noch jemandem erklären können, warum diesmal alles anders werden soll.

Die FPÖ wird nach der Wahl höchst wahrscheinlich mit einer der beiden anderen Alt-Parteien in einer Regierung sitzen und hat, wohl auf Grund dieser sicheren Option, ihren Wahlkampf, zumindest vorläufig, auf eine moderate Stufe herunter gefahren. Alles was das intern gepflegte braune Gedankengut ans Licht bringen könnte wird peinlich unter der Decke gehalten. Das Fehlen jedweder Konzepte, die Arbeitsplätze schaffen, oder die Verwaltung reformieren könnten, wird gekonnt mit der Ausländerkeule überspielt.

Welches Personal dann auf der Regierungsbank Platz nehmen wird, lässt sich nicht sagen, aber ein Innenminister Kickl wird vermutlich auch nicht schlechter sein können, als seine talentlosen Vorgänger aus der ÖVP.

Einer ÖVP übrigens, die bei den Wahlen nur noch als „Liste Sebastian Kurz-die neue ÖVP“ antreten wird und bisher alles unter den Tisch kehrt, was sie in den vergangenen Jahren erreicht und mitgestaltet hat. Ganz so, als wären Herr Kurz und seine Partei nie in der Regierungsverantwortung gewesen. Das angeblich überragende politische Talent, das die Granden der Partei allesamt ins Ausgedinge befördert hat, will mit dieser Parteigeschichte offenbar nichts mehr zu tun haben. Wie das nach der Wahl aussehen soll wird sich zeigen, weil die vorläufig ruhig gestellten Herrschaften ja ihre Positionen auf Landesebene und in den zahlreichen ÖVP-Bünden weiter behalten. Das andauernde Wiederholen der Fama, er hätte die Balkanroute geschlossen und selbiges müsse daher jetzt mit der Mittelmeerroute geschehen, wird zur Aufrechterhaltung des Bildes vom jungen, erfolgreichen Supertalent vermutlich kaum ausreichen.

Die SPÖ befindet sich in der misslichen Lage, dass alle gesellschaftspolitisch Enttäuschten die Schuld bei eben der Partei abladen, die einst versprochen hat, man könne mit guter Bildung und nötigem Ehrgeiz, den gesellschaftlichen Aufstieg schaffen. Solche Möglichkeiten scheinen heute verbaut und das vielfach durch jene Genossen, die ihre Positionen über genau diese Aufstiegsleiter erklommen haben. Selbst die Tatsache, dass dieser Karriereweg für Christian Kern noch funktioniert hat, wird wohl nur wenige von denen, die sich abgehängt fühlen, von seinen guten Absichten überzeugen.

Zusammenfassend muss man also feststellen, dass die Angebote der wahlwerbenden Parteien, wenig Positives zu bieten haben und der Wahlausgang im Herbst mehr denn je von tagespolitisch aktuellen Ereignissen abhängig sein wird. In diesem Sinn bleibt also zu hoffen, dass wir einem ruhigen, entspannten Herbst entgegen gehen, der uns Gelegenheit gibt, über unsere Stimmabgabe in aller Ruhe nachzudenken.

g.novak

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