Überschriften in Zeitungen sollen den Leser neugierig machen. „Mann beißt Hund“ ist ein Klassiker. Nun könnte eine weitere Schlagzeile hinzukommen: „Junge Autofahrer beichten: Wir haben Angst, zu tanken“ (chip.de). Oder: „Studie enthüllt: Gen Z leidet unter panischer Tank-Angst“ (kurier.at). An der Tankstelle geht also die Angst um. Die Tankstelle als Stätte des Grauens. In Fachkreisen spricht man von „Refuel Anxiety“, die Angst vor dem Auftanken eines Autos. Es geht um Tank-Angst. Wie bitte?
In den letzten Tagen ging eine englische Studie eines Online-Autohändlers durch die Medien. Wie die britische „The Times“ berichtete, haben in Großbritannien 62 % der 18- bis 24-Jährigen, also der Generation Z, Angst davor, ihr Auto zu tanken. Als Gründe für diese Angst wurden genannt: mangelnde Kenntnisse der Abläufe an der Tankstelle, Unsicherheiten beim Auswahl des richtigen Kraftstoffes und der Bedienung der Zapfsäule, Probleme damit, nah genug an die Zapfsäule zu fahren. Und vor allem: Angst, vor den Augen anderer einen Fehler zu machen. Als Konsequenz dieser Tank-Angst vermeiden laut der Studie viele junge Leute den Besuch der Tankstelle oder zögern ihn hinaus. Ein Viertel der Befragten ist schon einmal mit leerem Tank liegen geblieben. [1]

Marija Jakuntschikowa: Furcht (1893–95) • gemeinfrei • wikipedia
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
In einer Glosse der SZ wird als mögliche Erklärung für dieses Verhalten der Gen Z ihre „Unfähigkeit, analoge Tätigkeiten auszuführen“ genannt: „Als Digital Natives leben sie in einer Welt, in der alles per Tastatur, Touchscreen oder Sprachbefehl erledigt wird. Dinghafte Phänomene wie der Tankrüssel sind den jungen Leuten ebenso fremd wie älteren das Internet.“ [2] Eine Glosse, keine wissenschaftliche Erklärung. Aber vielleicht ist der Gedanke so falsch auch wieder nicht. Zumal wenn man auf swr3.de am Ende eines Artikels über dieses Phänomen gleich Ratschläge für die nächste Angst bekommt: „Angst vorm Telefonieren? Das könnte euch helfen!“ [1]
Mir geht es hier gar nicht um Erklärungsansätze, Schuldzuweisungen oder sich lustig machen über die jüngere Generation. Nein, das ganze Thema stieß mir auf, als ich feststellte, dass auch die öffentlich-rechtlichen Medien sich den Tankproblemen der Jugend annahmen. Neben swr3 und DLF Nova war es vor allem auch die Tagesschau (!), die einen Youtube-Short produzierte:

https://youtube.com/shorts/tMq4tkw1YC0?si=0ONw0Mif_ZQC2N8z
Jetzt mal im Ernst: Hat die Redaktion der Tagesschau, die für solche „Shorts“ zuständig ist, keine wichtigeren Themen? Was lässt man stattdessen alles weg? Welche Themen schaffen es nicht zu einem solchen Kurzvideo? Und wenn man schon von dieser britischen Studie berichtet, dann könnte man als Qualitätsmedium das Thema doch wenigstens journalistisch aufbereiten, Hintergründe recherchieren oder die Thematik in einen größeren gesellschaftlichen Zusammenhang stellen. Und nebenbei vielleicht auch einmal abklären, dass in der Psychologie zwischen Angst und Furcht unterschieden wird. Die konkrete „Angst“ vor dem Tanken ist demnach keine solche, sondern eine Furcht. [3]
Hier eine satirische und umfassendere Betrachtung des Themas:
Tagesschau und die "Angst vorm Tanken“ 9:49
Im Übrigen bin ich der Meinung:
Wenn ich zu der Gen Z gehören würde, dann würden mir z.B. Plakate wie diese mehr Angst machen:
bundeswehrkarriere.de: Mach, was wirklich zählt. Weil du es kannst • Foto: Hochwald
Oder gar, wie bereits vor einiger Zeit:

bundeswehrkarriere.de: Mach, was wirklich zählt. Folge deiner Berufung • Foto: Internetfund (Ausschnitt)
.
HANNES WADER: „Es ist an der Zeit“ 6:34
.
QUELLENANGABEN
[1] https://www.swr3.de/aktuell/nachrichten/tank-angst-junge-autofahrer-stress-100.html
• https://kurier.at/trend-hub/genz-angst-vor-tanken-tankstelle-autofahren-studie/403081101
[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/glosse-das-streiflicht-li.3307617