Marek Peters / www.marek-peters.com https://de.wikipedia.org/wiki/Querfront#/media/File:Autonome_Nationalisten-Schwarzer_Block.jpg

Kommunisten waren die ersten Opfer der nationalsozialistischen Barbarei. Jede Gleichsetzung von Kommunismus und dem deutschen Nationalsozialismus ist ein „Schlag ins Gesicht“ der 50 Millionen Opfer des „tausendjährigen Reiches.“ Das Abstreiten der Singularität von Auschwitz, die sogenannte „Totalitarismus-Theorie“ ist dementsprechend eine Relativierung der deutschen Verbrechen von 1933 bis 1945. Dennoch ist es wichtig auf die Schnittmengen und die gemeinsamen Aktionen von „linken“ Nationalsozialisten und nationalen Kommunisten und auf das gegenwärtige „Querfrontdenken“, in weiten Teilen der heutigen Linken hinzuweisen.

Die Versuche Nationalismus und Sozialismus zu verbinden reichen bis in das frühe 19. Jahrhundert zurück. Im Unterschied zu Karl Marx setzte dieser frühe „nationale Sozialismus“ von Karl Grün, Louis Blanc, oder Georges Sorel auf den dirigistischen Staat und die Abschottung gegen den Welthandel. Eine Haltung, die Marx als reaktionär geißelte und klar zurückwies. Die revolutionären Syndikalisten und Anarchisten prognostizierten bereits vor dem „Ersten Weltkrieg“ die Integration des Proletariats in die bürgerliche Gesellschaft. Der revisionistische Flügel der SPD um Eduard Bernstein verzichtete offen auf den Internationalismus. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges gingen die einflussreichen Verfechter des „Kriegssozialismus“ in der SPD noch weiter. Sie suchten offen den Anschluss an die alten Eliten des Kaiserreichs, versehen mit völkischer Ideologie. Um die negativen Entwicklungen von Teilen der heutigen Linken zu beleuchten ist es nötig sich den Zeitraum von 1918 bis 1933 näher anzusehen. Ernst Niekisch, auf den sich die heutigen „Nationalen Sozialisten“ berufen, versuchte Zeit seines Lebens, „Sozialisten“ und „Nationalisten“ zu vereinen.

Ernst Niekisch (1889 –1967), bis 1926 SPD-Mitglied, wurde kurzzeitig Zentralvorsitzender der Räterepublik in München, in der er bereits eine reaktionäre und nationalistische Politik verfolgte. 1937 wurde Niekisch verhaftet und zu lebenslänglicher Haft verurteilt, weil der „Nationalrevolutionär“ Hitler öffentlich von „rechts“ kritisierte. Hitler nahm seiner Meinung nach zu viele taktische Rücksichten. Nach dem Krieg trat Niekisch der SED bei und wurde Mitglied des Zentralkomitees, verließ aber die SED nach den Unruhen des 17. Juni und die DDR 1963.

Niekischs Ziele waren der Ausgleich der Klassen, des Proletariats und der Kapitalisten, das Zurückdrängen, der für ihn „verjudeten“ SpartakistInnen und die nationale Größe Deutschlands, das er als Opfer der „Zinsknechtschaft“ ansah. 1923 gründete Ernst Niekisch mit Gleichgesinnten den „Hofgeismarer Kreis“, der sich gegen den marxistischen Internationalismus wandte und einen Sozialismus im nationalen Rahmen auf der Grundlage eines starken Staates anstrebte. Die ideologischen Eckpfeiler von Ernst Niekisch waren Nationalismus, Antisemitismus, Rassismus, Antiimperialismus, nationale Befreiung („Versailler Diktat“), völkischer Antikapitalismus, Antifeminismus und eine antiwestliche Grundeinstellung mit einer prosowjetischen Ausrichtung. Niekisch kritisierte nicht den Kapitalismus als solchen, der durch Klassenkampf überwunden werden musste, für ihn waren die „ausländischen“ und da vor allem die „jüdischen Kapitalisten“ die materialistischen Verführer. Nach der Ausschaltung dieser Kräfte würde sich, seiner Meinung, automatisch ein „deutscher Sozialismus“ etablieren. Frauen wurden bei Niekisch, wie bei Silvio Gesell, auf die Rolle einer Gebärmaschine reduziert. Er warnte vielfach vor der „Verweiberung“ Deutschlands, die er vor allem in den USA schon weit fortgeschritten sah. Ernst Niekisch, der Silvio Gesell während der „Münchner Räterepublik“ zum Finanzmann berief, gilt mit Fritz Wolfheim als der Hauptbegründer des Nationalbolschewismus.

Nach der Niederschlagung der „Münchner Räterepublik“, verteidigte sich Silvio Gesell folgendermaßen: „Dass diese Räteregierung mich als Finanzmann erwählte, war für mich ein Beweis, dass es sich nicht oder noch nicht um Bolschewismus oder Kommunismus handelte. Denn eine Teilung des Volkes in hohe, mittlere und niedre Schichten bedeutet völkischen Verfall. Völkisches Empfinden duldet keine Zinsknechtung anderer oder gar die Beteiligung daran. Wer noch etwas rassisches, völkisches Empfinden verspürt, der gehe in sich, tue Buße; der gestehe, dass er und seine Ahnen Verrat begingen am eigenen Volk, am eigenen Blut (..).“

Das Ziel der Nationalbolschewisten um Ernst Niekisch war ein sozialistisches Rätesystem. In ihrem „Volkskampf“ mit einer „proletarischen Volksorganisation“ forderten sie eine Synthese zwischen Nationalismus und Sozialismus. Das Programm der Nationalrevolutionäre, „Die Politik des deutschen Widerstandes“, veröffentlichte Ernst Niekisch 1930. Einleitend fordert er: „Protest gegen die Ideen von 1789 (Individualismus, Kapitalismus, Marxismus, Parlamentarismus), gegen Westeuropa als den Mutterboden diese Ideen.“ Mit seinen „12 Thesen“ fährt er fort: „Blickwendung nach Osten, umfassender Rückzug aus der Weltwirtschaft und gesamte Drosselung der Einfuhr, Zwang zur Stadtflucht und bewusste Verödung der Großstädte, Schaffung bäuerlicher Lebensgemeinschaften, Absage an die Ideen der Humanität, Bekenntnis zum Autoritären, Pflege der Wehrhaftigkeit, Verzicht auf Privateigentum, stattdessen Verpflichtung für den Dienst an Volk und Staat.“ Ernst Niekisch unterhielt Verbindungen zum antisemitischen, sogenannten „linken Flügel“ der NSDAP und zu den Nationalbolschewisten im Umfeld der KPD.

Der kommunistische Politiker und Journalist Karl Radek (1885 – 1939) forderte 1923, während der Ruhrbesetzung, nach dem Tod von Albert Leo Schlageter (1894 – 1923) eine Diskussion innerhalb der KPD über Bündnisse mit rechten Gegnern des Versailler Friedensvertrages. Die Parole Radeks, „die Sache des Volkes zur Sache der Nation gemacht, macht die Sache der Nation zur Sache des Volkes“, sollte für viele Jahre die kommunistischen Versuche bestimmen, den Nationalsozialisten ihre Anhängerschaft abzugewinnen.

Schlageter war ein deutscher Freikorpskämpfer, der während der Ruhrbesetzung 1923 gegen die französischen Besatzungstruppen im aktiven Widerstand war. Ein französisches Militärgericht verurteile ihn wegen Spionage und Sabotage zum Tode. Ein Gnadengesuch lehnte Schlageter ab, wodurch er nach seiner Hinrichtung zur Kultfigur für Nationalisten wurde. Die NSDAP ernannte ihn zum ersten Soldaten und Karl Radek sagte in seiner Rede, er hoffe, dass „hunderte Schlageters Wanderer in eine bessere Zukunft der gesamten Menschheit werden könnten.“ Nach diesem Strategiewechsel, dem sogenannten „Schlageterkurs“, öffnete die KDP ihr Zentralorgan, die „Roten Fahne“ für Beiträge des völkisch-nationalen Propagandisten Ernst Graf zu Reventlow. Gemeinsame Diskussionsgruppen wurden für die Querfrontstrategie gegründet. Der Soziologe Thomas Haury schreibt dazu: „Sowohl während des Schlageterkurses, als auch im Zuge der Propaganda für die Programmerklärung finden sich in der Publizistik der KPD und in Reden ihrer Funktionäre einzelne Äußerungen, die ihr schon von Zeitgenossen den Vorwurf des Antisemitismus einbrachten.“

Für die KPD war Antisemitismus ausschließlich eine Klassenfrage. Führende KPD Politiker bestätigten der extremen Rechten, dass ihr Kampf gegen das jüdische Kapital nicht falsch sei, wobei darüber hinaus die KPD auch das christliche Kapital bekämpfe. Dementsprechend äußerte sich das ZK-Mitglied Ruth Fischer am 25. Juli 1923 auf einer Versammlung von kommunistischen StudentInnen, zu denen auch völkische Kommilitonen eingeladen waren: „Sie rufen auf gegen das Judenkapital, meine Herren? Wer gegen das Judenkapital aufruft, meine Herren, ist schon Klassenkämpfer, auch wenn er es nicht weiß. Sie sind gegen das Judenkapital und wollen die Börsenjobber niederkämpfen. Recht so. Tretet die Judenkapitalisten nieder, hängt sie an die Laterne, zertrampelt sie. Aber, meine Herren, wie stehen Sie zu den Großkapitalisten, den Stinnes, Klöckner?“

1924 äußerte sich Clara Zetkin zu den innerparteilichen Fraktionskämpfen und beschuldigte dabei einige Parteilinke als faschistische Antisemiten. Ein Sprecher aus der „Brandler Gruppe“ bemerkte: „Wir haben bereits vereinzelte antisemiti-sche Unterströmungen in der Partei. Die Genossen die gut beobachten, werden das nicht bestreiten.“ 1930 versuchte die KPD, nachdem Otto Strasser die NSDAP verlassen hatte, durch geschickte nationale und soziale Agitation die aus der NSDAP ausgeschlossenen für ihren politischen Kampf zu gewinnen. Es kam zur „Programmerklärung der KPD zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“ vom 24.8.1930. Diese zweite nationale Periode der KPD wurde der „Scheringer Kurs“ genannt.

Richard Scheringer war ein bekannter Nationalsozialist, der 1930 wegen des „Versuchs einer nationalsozialistischen Zellenbildung innerhalb der Reichswehr“ für die NSDAP, zu eineinhalb Jahren Festungshaft verurteilt wurde. Nach vielen Gesprächen mit ebenfalls einsitzenden Kommunisten wandte er sich von der NSDAP ab und bekannte sich offen zu den Zielen der KPD. In diesem Programm wurde versprochen, nach ihrer Machtübernahme, die „räuberischen Verträge“ von Versailles und den Young-Plan zu zerreißen, sowie alle Reparationszahlungen und Schuldzahlungen zu annullieren. Die Nationalrevolutionäre der KPD begrüßten das Programm. Die „Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten“ erklärte, das neue Manifest der KPD könne von jedem Mitglied unterschrieben werden und auch Ernst Niekisch lobte das Manifest in Otto Strassers Zeitung. Ernst Niekisch deutete den Fall Scheringer als den des deutschen Nationalismus, der erkenne, das Versailles und Bürgertum miteinander verknüpft seien. Die KPD schreckte in dieser Zeit nicht vor gemeinsamen Aktionen mit der ansonsten feindseligen NSDAP zurück. Während des Streiks der Berliner Verkehrsbetriebe von 1932 traten der kommunistische Reichstagsabgeordnete Walter Ulbricht und der Gauleiter der NSDAP von Berlin, Joseph Goebbels bei einer Massenkundgebung gemeinsam auf.

Als Hitler von November 1923 bis Dezember 1924 seine Festungshaft in Landsberg verbüßte, fiel seine Partei relativ schnell auseinander. Wegen Hitlers Abwesenheit zeigten sich die Gegensätze der Partei. Bereits während der Ruhrbesetzung im Januar 1923 kam es zu einem Linksdrall in der NSDAP.

Die Brüder Otto Strasser (1897 – 1974) und Gregor Strasser (1892 – 1934) traten 1925 in die NSDAP ein und bauten gemeinsam den „linken“ Flügel der NSDAP auf. 1926 gründeten die Brüder die Kampf-Verlag GmbH als das publizistische Sprachrohr des „linken“ Flügels der Nationalsozialisten. Die „Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten“ publizierte als sogenannte „Schwarze Front“ in diesem Verlag. Zu dem norddeutschen Flügel um die Strasser Brüder gehörte anfangs der spätere Propagandaminister Joseph Goebbels.

Der norddeutsche „Hamburger Flügel“ bekannte sich entschieden zu einer radikalen Lösung der sozialen Frage, war stark kapitalismuskritisch, trat beispielsweise für eine Fürstenenteignung ein, was der „Münchner Flügel“ um Hitler entschieden ablehnte. Dieser ideologische Machtkampf wurde in den „Nationalsozialistischen Briefen“ mit Goebbels als Schriftleiter und dem „Völkischen Beobachter“ mit Alfred Rosenberg ausgefochten. Scharf wendete sich Goebbels gegen jedes Vertuschen der sozialen Spannungen, gegen die bourgeoise Herrensklaverei, forderte den Kontakt zwischen Links und Rechts. In den offenen Briefen um das Jahr 1924 schreibt Goebbels an den Grafen Reventlow: „Der Sozialismus ist die Weltanschauung der Zukunft. Er ist nur in nationalen Staaten durchzuführen.“

Das 25 Punkte Programm von Gottfried Feder, die Kritik am „raffenden Finanzkapital“, an der „Zinsknechtschaft“, Agrarprotektionismus für deutsche Produkte und die Solidarität mit „Tante-Emma-Läden“ sowie Handwerkern bestimmten den sozialrevolutionären Kurs des „Hamburger“ NSDAP Flügels, der personell neben den Gebrüdern Strasser mit Ernst Röhm und Joseph Goebbels prominent besetzt war. 1923 stammten mehr als ein Drittel der 55.000 NSDAP-Parteimitglieder aus der Arbeiterschicht, die parteiintern vor allem in der SA zu finden waren.

Zur Zeit des Parteitages 1929 stellte der „linke NSDAP-Flügel“ in bündischen Zeitschriften seine Thesen vor: Neben dem nationalen Befreiungskampf, dem sozialen Klassenkampf, der Annullierung der Zwangsverträge, der Beseitigung des Parlaments, der Sozialisierung aller Wirtschaftsmittel des Landes, der Nationalisierung alles Groß und Mittelgrundbesitzes, der großzügigen Ostsiedelung wurde die Organisation des Staates in eine „Volks-Räte-Republik“ gefordert.

„Dieses Programm lasse erwarten“, so schrieben sie weiter, „dass jede in Deutschland vollzogene Umwälzung sofort alle Machtmittel des Völkerbundes und Amerikas gegen den deutschen Arbeiter und Bauernstaat auf den Plan ruft. Die erste Aufgabe der nationalsozialistischen Außenpolitik werde daher die Organisation der revolutionären Verteidigung gegen die imperialistischen Mächte im Bündnis mit der Sowjetunion und Unterstützung der revolutionären Bewegungen in allen Ländern der Welt gegen das internationale Finanzkapital sein.“

Die Spannungen zwischen dem „Münchner Flügel“ um Hitler und Rosenberg, der prowestlich, antirussisch und staatskapitalistisch-korporativ dachte, und dem sozialistischen, antiwestlichen „Hamburger Flügel“ waren Anfang 1930 noch keineswegs überwunden. Daneben konnte man noch von einer dritten faschistischen Gruppe um Goebbels, Ley und Goering sprechen, die sich bedenkenlos mit ausschließlich bolschewistischen Parolen an dem Kampf um den Vorrang in der Partei beteiligte. „Wenn auf der linken Seite 17 Millionen Proletarier im Klassenkampf die letzte Rettung sehen, so nur deswegen, weil man es sie auf der rechten Seite sechzig Jahre lang durch die Praxis lehrte“, schrieb Joseph Goebbels 1928.

Wegen des Richtungskampfes in der NSDAP trat Otto Strasser 1930 aus der Partei aus, sein Bruder Gregor blieb bis zu seiner Ermordung 1934, infolge des „Röhm-Putsches“, in der NSDAP. Am 4. Juli 1930 verfasst Otto Strasser den Aufruf, „Die Sozialisten verlassen die NSDAP“: “Liebe, Parteigenossen, Freunde! Mit tiefer Sorge haben wir seit Monaten die Entwicklung der NSDAP verfolgt und mit steigender Befürchtung bemerken müssen, wie immer häufiger und in immer wichtigeren Fragen die Partei gegen die Idee des Nationalsozialismus verstieß.(..) Wir fassten und fassen den Nationalsozialismus als eine bewusst antiimperialistische Bewegung auf deren Nationalismus sich beschränkt auf Erhaltung und Sicherstellung des Lebens und des Wachstums der deutschen Nation ohne über irgendwelche Herrschaftstendenzen über andere Völker und Länder. Für uns war und ist daher die Ablehnung des vom internationalen Kapitalismus und vom westlerischen Imperialismus betriebenen Interventionskrieges gegen Russland eine selbstverständliche Forderung, die sich ebenso aus unserer Idee wie aus den Notwendigkeiten einer deutschen Außenpolitik ergibt. (..) Wir hielten und halten den Nationalsozialismus vor allem aber für die große Antithese des internationalen Kapitalismus, der die vom Marxismus geschändete Idee des Sozialismus als der Gemeinschaft einer Nation zu-gunsten dieser Nation durchgeführt und jenes System die Herrschaft des Geldes über die Arbeit bricht, das die Entfaltung der völkischen Seele und die Bildung einer wahren Volksgemeinschaft zwangsläufig verhindert.“

Otto Strasser versuchte danach für seine „Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten“ bei gemeinsamen Veranstaltungen KPD Mitglieder zu gewinnen, was jedoch nicht gelang. Im Gegenteil, viele „linke“ NSDAP Mitglieder wechselten zur KPD. 1932 bot Reichskanzler Kurt von Schleicher Gregor Strasser die Vizekanzlerschaft und das Amt des preußischen Ministerpräsidenten an, um die NSDAP zu spalten. Gregor Strasser konnte sich nicht zum Bruch mit Hitler durchringen, obwohl er wahrscheinlich mehr als die Hälfte der NSDAP Reichstagsabgeordneten hinter sich hätte vereinen können. Über die „Schwarze Front“ der Strasser-Brüder schreibt Otto-Ernst Schüddekopf in „Nationalbolschewismus in Deutschland 1918-1933: „Parallel zu diesem taktischen Zusammengehen untergeordneter Verbände ging der ideologische Kampf gegen die KDP. Sie habe vor den Aufgaben der deutschen Revolution versagt und sei Opfer der „kommunistischen Weltmisserfolge.“ Die KPD als Organisation sei zu revolutionären Taten völlig unfähig. Für viele Kampfgenossen schien es allerdings verfänglich zu sein, die Wesensverschiedenheiten der KPD und der KGRNS „zugunsten der taktischen Gleichgerichtetheit zurücktreten zu lassen“, sei es wegen der Anziehungskraft der großen Zahl, sei es im Glauben an die „Nationalisierung“ der KPD. (…) Die von Strasser gegründete „Schwarze Garde“ sollte an der Spitze von SA, Stahlhelm, Reichsbanner und Rotfront den Kampf für die sozialistische Revolution und den nationalen Freiheitskrieg führen.“

Die nationale Politik der KPD, die in der SPD den Hauptfeind sah, endete mit der „Machtergreifung“ Hitlers. Kommunisten kamen nach dem Reichstagsbrand als erste in die Konzentrationslager. Auf Ernst Niekisch beriefen sich in den 1970er Jahren die neurechten Bewegungen um Henning Eichberg und berufen sich heute neurechte Nationalrevolutionäre, rechtsradikale Parteien und Strömungen. Sie alle verstehen sich keineswegs als antikommunistisch, sondern als antiwestlich, antiamerikanisch, antizionistisch und antiindividualistisch. Nationalrevolutionäre strebten und streben eine „Querfront“ an. Auf nationaler Ebene arbeiten sie an einem Bündnis zwischen rechts- und linksradikalen Gruppierungen zur Abschaffung des liberalen Rechtsstaats und zur „Ausmerzung des Amerikanismus.“ Weltweit unterstützen Nationalrevolutionäre nationalistische, regionalistische und islamistische Bewegungen und Regimes, besonders wenn diese sich offensiv gegen die Vereinigten Staaten von Amerika oder Israel wenden.

In diversen „linken“ Zeitungen von der „Jungen Welt“ bis zu Jakob Augsteins „Freitag“ schreiben deren Autoren Artikel gegen Israel, gegen die USA, gegen den westlichen Lebensstil und gegen das „Finanzkapital mit ihren Heuschrecken.“ Jürgen Elsässer, ehemals Chefredakteur der „Jungen Welt“ und ehemaliger Autor des „Freitag“ propagiert offensiv eine „Volksfront“ gegen das „von den USA beherrschte Finanzkapital.“ Elsässer begrüßte 2009 den Ausgang der iranischen Präsidentschaftswahlen mit den Worten „Eine schöne Schlappe für den Imperialismus im Iran!“ und gratulierte dem Holocaustleugner Mahmud Ahmadinedschad zu seinem Wahlsieg. Über die verfolgten, gefolterten, oppositionellen Frauen und Männer im Iran schrieb Elsässer: „Hier wollen Discomiezen, Teheraner Drogenjunkies und die Strichjungen des Finanzkapitals eine Party feiern. Gut, dass Ahmadinedschads Leute ein bisschen aufpassen und den einen oder anderen in einen Darkroom befördert haben.“

Johann Scheringer, Vorsitzender der PDS-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, sagte im Interview mit der rechten „Junge Freiheit“ 1994: “Ich möchte mich nicht als Antinationalisten bezeichnen.“ Im Untertitel des Interviews hieß es: “Überdenkt die Linke ihr stiefmütterliches Verhältnis zur Nation?“ Die linke „Antifa-Gruppe B5“ verhinderte im Jahre 2009 in Hamburg mit Gewalt und Parolen wie „Ihr Judenschweine“ den Film von Claude Lanzmann „Warum Israel.“

Der „Israelkritiker“ und in den einschlägigen Medien gern gesehene „Vorzeigejude“ Ilan Pappé, der in seinen Publikationen, ohne jeden Beweis, von „systematischer Vertreibungspolitik gegen die Palästinenser“ schreibt, gab der „National-Zeitung“ am 21.03.2008, der „Jungen Welt“ am 05.12.2009 und dem „Freitag“ am 16.01.2011 ein Interview. Im Gespräch mit Erhard Düvel von der „National-Zeitung“ meinte Ilan Pappé, neben anderen unfassbaren Aussagen, dass der 14. Mai 1948 für die Völkergemeinschaft kein Grund zum Feiern sei. Auf Demonstrationen gegen den Staat Israel marschieren rechte und linke „Friedenskämpfer“ vereint gegen die „US-israelische Weltherrschaft.“

Im „linken“ Online Forum des „Freitags“ werben, teilweise unter dem Schutz der Moderation, Schreiber mit völkischer, verkürzter antikapitalistischer und antiimperialistischer Rhetorik für die sozialdarwinistischen Theorien Silvio Gesells. Gesells Menschenzuchttheorien, inklusive seiner „Verteufelung des Zinses“, werden in diesen Communitys als „emanzipatorisch“ gefeiert. Boykottaufrufe gegen Israel, nach dem Motto, “Deutsche wehrt euch, kauft nicht bei Juden”, Vergleiche von Israel mit dem Apartheitsstaat Südafrika, Forderungen nach teilweiser Einführung der Scharia, sprich „Schariakonformen Finanzprodukten“, sind täglich in diesen Foren zu lesen.

Seit 2014 versammeln sich jede Woche allerlei Rechte, Linke und Verschwörungstheoretiker zu sogenannten "Friedensmahnwachen" oder „Montagsmahnwachen.“ Bei diesen „Mahnwachen“ verbreiten Redner wie Jürgen Elsässer oder Ken Jebsen unter dem Deckmantel der Friedenssehnsucht ihre kruden Ansichten gegen das „internationale Finanzkapital“, gegen den Zionismus oder ganz allgemein gegen den Westen.

Antisemitismus, Antizionismus, gepaart mit großem Verständnis für den menschenverachtenden Terror von Hamas und Hisbollah, blindem Hass gegen die USA und verkürzter, personalisierter Kapitalismuskritik sind die Hauptmerkmale der Querfrontideologie. Die verkürzte Kapitalismuskritik, das antimoderne, vernunftfeindliche und gegenaufklärerische Weltbild, Marke NSDAP oder Niekisch hat, spätestens seit der deutschen Wiedervereinigung Einzug in den Mainstream gehalten. Der KPD um Karl Radek kann zugutegehalten werden, dass sie nichts über die Zeit von 1933 bis 1945 wissen konnte und das es in den angesprochenen Phasen auch Gegenkräfte zum nationalbolschewistischen Kurs gab. Den „Bonus der Unwissenheit“ können Linke im 21. Jahrhundert, nach zwei Weltkriegen, Auschwitz und dem Nationalsozialismus nicht für sich beanspruchen. Von einer degenerierten, geschichtslosen und nationalbolschewistischen Linken dürfte auch in den nächsten Krisenzeiten nicht viel Positives zu erwarten sein.

Zuerst veröffentlicht 2011 in Mission Impossible

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