Völlig losgelöst von den Bürgern

"Auf was die Fachleute nicht alles kommen, wenn man sie nur lässt!"

Der leider weithin vergessene skurril-phantastische Schriftsteller Fritz von Herzmanovsky-Orlando hätte heute statt Fachleute wohl Politiker mit diesem Satz apostrophiert.

Wie erdfern, wie losgelöst von den Bürgern muss eine Ministerin sein, wenn sie allen Ernstes in ein grundsätzlich wichtiges und richtiges Polizeiliches Staatschutzgesetz „die Wahrung des Ansehens“ von Spitzenpolitikern als sicherheitsrelevante Aufgabe einfügt?

Der Grüne Peter Pilz hat auf die Groteske aus dem Haus der Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gebührend aufmerksam gemacht.

Nach dem Gesetzesentwurf soll der Innenminister verpflichtet werden, über sie betreffende „staatschutzrelevante Bedrohungen“ den Bundespräsidenten, die Präsidenten von Nationalrat und Bundesrat und die übrigen Regierungsmitglieder zu informieren. Auf Landesebene soll der Landespolizeidirektor im gleichen Fall den Landeshauptmann und den Landtagspräsidenten informieren.

So weit, verständlich.

Zur realen „Tarokei“ (so Herzmanovsky-Orlandos Bezeichnung für sein phantastisches Österreich) macht der Gesetzesentwurf der Zusatz, dass als sicherheitsrelevant und berichtspflichtig auch Erkenntnisse gelten sollen, die „für die Wahrung des Ansehens“ der Spitzenpolitiker und der Parlamente „von Bedeutung sind“.

Es wäre einfacher, gleich den Tatbestand der Majestätsbeleidigung wieder einzuführen, blödelte darauf jemand auf Twitter ernsthaft.

Ein Glück für Mikl-Leitner und ihren den Gesetzesentwurf mitverhandelnden roten Regierungs-Zwilling Gerald „Soldatna“ Klug, dass das Staatsschutzgesetz noch nicht so in Kraft ist. Wenn Minister ihr Ansehen derart in der Bedeutung überschätzen, dass es eine Angelegenheit des Staatsschutzes sein soll, ist das tatsächlich „für die Wahrung des Ansehens“ der politischen Klasse „von Bedeutung“. Klarer Fall von Informationspflicht über diesen staatsgefährdenden Tatbestand.

Noch ist es ein Gesetzesentwurf, der eben zur Begutachtung ausgeschickt wurde. Dass alle auf so peinlichste Weise privilegierten Spitzenpolitiker und Institutionen Einspruch gegen diese Groteske erheben, ist zu hoffen.

Mikl-Leitner wäre gut beraten, von sich aus die Streichung dieser Bestimmung anzukündigen. Klug würde ausnahmsweise seinem Namen gerecht, wenn er sich wenigstens nachträglich davon distanzierte.

Die beiden könnten sich ja damit herauswinden, dass sie – frei nach Herzmanovsky-Orlando – ihre Beamten nur lassen haben und die auf solche Ideen gekommen sind.

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Bernhard Juranek

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