Wie viele müssen noch jämmerlich ersaufen?

Und wieder einmal ein Krisentreffen der Außen- und Innenminister der EU zu den Tragödien im Mittelmeer, nachdem in der schrecklichen Vorwoche weit über Tausend Flüchtlinge jämmerlich ersoffen sind.

Man sollte den Damen und Herren die sonntägige  ARD-Diskussionsrunde von Günther Jauch vorspielen. Nicht nur wegen der beeindruckenden Trauerminute, zu der ein Gast die Runde und das Publikum und vor allem Jauch überrumpelte. Vor allem wegen der tränentreibenden Schilderung von Maya Alkechen, einer jungen Frau aus Syrien, warum und wie sie mit ihrer Familie über das Meer flüchtete.

Aus der Hölle des syrischen Bürgerkrieges gab es für sie keinen anderen Weg nach Europa als die teuren Dienste von Schleppern. 7 Tage auf einem völlig überfüllten alten Kahn, dauernd der Gedanke, ob ihre Kinder sie oder sie ihre Kinder sterben sehen würde, wenn das Boot untergeht. „Ich wusste, dass ich sterben könnte, aber ich hatte keine andere Wahl.“ Am Ende kam von Maya Alkechen keine Anklage gegen die  Schlepper, sondern Dankbarkeit. Ohne sie hätte sie es nicht aus dem syrischen Grauen in das Asyl in Deutschland schaffen können.

Man muss nicht so weit gegen wie der Spitzenjournalist Heribert Prantl, der nach der jüngsten Katastrophe seinen Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung“ mit „Diese Union tötet“ überschrieb. Aber gewiss macht sich die EU schwer mitschuldig am Massensterben im Mittelmeer.

100 Millionen  hatte Italien die Aktion „Mare nostrum" gekostet, mit der die italienische Marine den ganzen Raum zwischen Italien und der libyschen Küste überwachte und damit rund 100.000 Flüchtlingen das Leben rettete. Die anderen EU-Staaten weigerten sich, das mitzufinanzieren, weil man damit nur zusätzlich Schleuser anlocke. 100 Millionen, das  sind 0,07 Prozent des EU-Budgets oder, wie Prantl bei Jauch vorrechnete, weniger als die Kosten für das kommende  zweitägige Treffen der G 7 in Bayern.

Aber selbst wenn diese Rettungsaktion endlich wieder reaktiviert würde, könnte damit das Problem der Massenflucht und es Schlepperunwesens nicht annähernd gelöst werden.

Europa als Festung mit Zugbrücken hieß  vor Jahren einmal ein europäischer Lösungsversuch. Gar kein schlechtes Bild.

Die Staaten der EU wären tatsächlich relativ bald in vieler Hinsicht überfordert, wenn man die Millionen Armutsflüchtlinge aus Afrika aufnehmen müsste. Wenn es denn nur auch endlich die Zugbrücken gäbe. Also legale Möglichkeiten für Kriegsflüchtlinge, ihr Asylrecht in Europa in Anspruch nehmen und auf sicheren Transportwegen hierher kommen zu können.

Sowohl für die afrikanische Armutsmigration wie für die legitimen Asylwerber aus den Kriegsgebieten gibt es längst eine Reihe von sehr vernünftigen Lösungsvorschlägen. Wenn die Institutionen und Staaten der EU nur wollten.

Verzweifelte, hoffnungslose Menschen wie Maya Alkechen bleiben als einzige Chance sonst weiter nur die Schlepper und ihre überfüllten Kähne, bleibt sonst nur das extreme Risiko, im Mittelmeer zu ertrinken.

Wenn die EU nur einen Bruchteil der Energie und der Mittel investiert, die sie für die Euro-Rettung ganz rasch aufbrachte, wäre der massenhafte Tod im Mittelmeer bald traurige, für ein humanes und angeblich christlich geprägtes Europa aber auch schändliche Geschichte.

Fotocredit: www.taz.de

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