Hunde aus der Nothilfe? Nicht für mich, bitte!

Shutterstock/Sue McDonald

Im Haus ist es still geworden. Die Plätze, an denen Tasha am liebsten lag, sind leer. Wenn ich hinuntergehe, liegt da kein Hund und klopft mit dem Schwanz auf den Boden, um mich zu begrüßen, oder steht auf, um mich erwartungsvoll anzusehen, in der Hoffnung auf einen Spaziergang. Einige Tage, nachdem ich meine Tasha einschläfern musste, holt mich die Trauer wieder ein und ständig werde ich an sie erinnert. Die Abendstunden sind die schlimmsten, wenn mein "Weiwi" nicht wie gewohnt neben mir liegt, während ich am Computer sitze.

Ganz viele Freunde und Bekannte versuchen mir liebevoll Trost zu spenden, und ich bin ihnen sehr dankbar dafür. Einige von ihnen meinten, ich solle mir bald wieder einen Hund anschaffen, um den Schmerz erträglicher zu machen, und ich bin tatsächlich auch schon im Begriff, mich nach einem Hund umzusehen, der mich ein weiteres Stück auf meinen Weg begleiten möchte. Ich wurde ermuntert, mir doch einen Hund aus einer Hunde-Nothilfe-Einrichtung zu nehmen, denn viele sind der Meinung, dass so ein Tier gerade in meinen Händen besonders gut versorgt wäre. Das mag stimmen, dennoch werde ich nie wieder nochmals einen Hund aus der Nothilfe zu mir nehmen und das hat einen Grund..

Ich möchte vorweg anmerken, dass die Menschen, die sich für Hunde in Not einsetzen, großartige Arbeit leisten und jedes Hundeleben es verdient, gerettet zu werden. Alle Hunde, die ich bisher hatte, waren "Fellnasen", die ich aus einem schlimmen, oder schwierigen Umfeld herausnahm, wie es z.B. bei Tasha der Fall war. "Bär", mein Kangal, wurde von mir in Ungarn seinem betrunkenen Besitzer abgenommen, "Silvester" (siehe Bild) fand ich - ebenfalls in Ungarn - als sie halberfroren auf einem verlassenen Grundstück herumkroch, auf dem man sie einfach ausgesetzt hatte.

Viele Menschen, viele helfende Hände, viele Stunden unbezahlter, mühevoller Arbeit – das steckt hinter den Geschichten dieser Hunde, die von Tierliebhabern gerettet werden. Hilfe im Moment. Hilfe vor Ort. Nichts ist wertvoller – nichts unmittelbarer – nichts herzerwärmender. Zeit, Geld und Mühe werden hier investiert. Tier um Tier wird gerettet und versorgt. Niemand wird im Stich gelassen. Jeden Tag aufs Neue, immer und immer wieder. Da sollte man doch denken, dass irgendwann ein Ende in Sicht ist, irgendwann ein Lichtblick. Dieser Lichtblick ist der Tag, an dem es kein Tier mehr gibt, das gerettet werden muss. Aber es scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Anstatt dass es weniger leidende Tiere gibt, scheinen es immer mehr zu werden. Wie kommt das?

Die eine Seite sind all die großartigen Menschen und Initiativen. Die andere Seite jedoch sind jene, die sich genau diese Hilfs- und Einsatzbereitschaft für den eigenen Profit zu nutze machen und an die Stelle eines geretteten Tieres zwei andere setzen. Was ist damit gemeint? Ich selbst lebte jahrelang in Ungarn und sah mit eigenen Augen, wie Hunde von organisierten Banden auf den Straßen eingefangen und sogar aus Privatgrundstücken gestohlen wurden. Ähnlich dem Schlepperwesen fungiert auch jene Hundemafia, die ihre Einkünfte über das Mitleid von Hundefreunden aus dem Westen beziehen und ihre Aktivitäten sind breit gestreut. Nicht nur der Welpenhandel bringt lukrativen Gewinn, auch die sogenannten Tötungsstationen und Asylheime für Hunde werden ganz gezielt mit Hunden beliefert. Und mit dem Mitleid des Westens läßt sich wahrhaft leicht Geld verdienen! Eine ganze Maschinerie sorgt dafür, das der Strom an "hilfsbedürftigen" Hunden nie versiegt. Ich sah Fälle, in denen man Hunde absichtlich hungern ließ und sie quälte, um das Mitleidspotential noch zu steigern. Mein eigener Hund "Bär" war so ein Fall. Der Besitzer wollte ihn lukrativ verhökern, nachdem er hörte, das Menschen im Westen viel Geld für Welpen zahlen würden. Von mir bekam er kein Geld, aber dafür die Androhung einer Portion saftiger Prügel, wenn er mir den Hund nicht aushändigen würde. "Bär" wog mit seinen sechs Monaten gerade mal acht Kilo!

Natürlich sind Tierschutzorganisationen auch selbst bemüht, Hunde von den Straßen zu holen und ganz sicher passiert diese Art von Tierschutz im besten Wissen und Gewissen - aber ich frage mich indessen: Was bringt es? Was soll es bewirken? Gut, ich rette jetzt ein paar Leben, aber hat sich schon jemand langfristig darüber Gedanken gemacht, wie es mit den Hunden weitergeht? Es ist nämlich nicht damit getan, den Hund momentan aus einer Misere befreit zu haben. Er wird - wenn er Glück hat - in einer Auffangstation der besseren Art betreut - bekommt dort Futter und erlebt vielleicht zum ersten Mal so etwas wie Resozialisierung.... aber was dann? Unsere Tierheime sind überschwemmt mit Hunden aus Serbien, Griechenland, Spanien, Bulgarien, Ungarn, Rumänien....und alle erzählen dieselbe Geschichte - wurde gerettet aus der Tötung, wartete lange in einer Auffangstation/Tierasyl/Quarantäne, etc.... Mittlerweile hat jeder zweite Kunde von mir einen Hund aus der Nothilfe, die genau aus solchen Ländern kommen und nur in jedem 5. Fall ist der Hund familientauglich - soll heißen, er macht keine "Probleme". Aber viele dieser Hunde SIND eben sehr wohl Problemhunde, zum einen, weil sie oft schwer traumatisiert gefunden wurden, zum anderen, weil der Hundefreund aus dem Westen oft auch ein zu verklärtes Bild vom "armen" Hund hat, den er da bei sich aufnimmt. Vor allem denken sich einige, das der Hund einfach nur "dankbar" ist (oder zu sein hat), weil er ja jetzt einen guten Platz erwischt hat.

Das Gegenteil ist aber sehr viel öfter Fakt: Viele Hunde aus der Nothilfe können sich gar nicht ins Familienleben einfügen - teils durch die Traumatisierung und teils aber auch deswegen, weil der Hundehalter nicht im Stande ist, dem geretteten Hund eine konsequente Resozialisierung zukommen zu lassen. Meine Kritik gilt aber sehr wohl auch den Tierheimen und Tierschutzorganisationen, die in erster Linie bestrebt sind, so viele Hunde wie möglich an Hundefreunde zu vergeben, die im besten Wissen und Gewissen einer armen Hundeseele einen Lebensplatz ermöglichen wollen, dies aber eigentlich gar nicht könnten, weil die Hunde noch gar nicht bereit sind, ein integriertes Leben zu führen. Wenn ich mir die Präsententationstexte der zu vergebenden Hunde von diversen Tierheimen, Vereinen und Tierschutzorganisationen durchlese, kann ich eigentlich nur den Kopf schütteln, ob der Naivität, mit der die Hunde zu vermitteln versucht werden. Die meisten Texte basieren nämlich eigentlich nur darauf, unser Herz zu berühren, sind voll mitleiderregender Worte, die eher dazu bewegen sollen, einen Hund zu nehmen, als tatsächliche Fakten zu bieten.

Ich als Profi würde mir keinen dieser Hunde ins Haus holen, denn ich erlese oft schon aus den Texten, das der Hund Probleme machen könnte.

Nun käme natürlich die berechtigte Frage: Wenn ich schon so harte Worte gegen die jetzige Form des Rettens von Hunden finde - hätte ich dann auch eine Alternative bereit? Und ich sage dazu: JA, die hätte ich!

Die effizientere Form der Hilfe wäre nicht, so viele Hunde wie möglich in den Westen zu karren, sondern Aufklärungsarbeit vor Ort zu leisten. Dem Menschen des jeweiligen Landes den Hund wieder näher zu bringen, für den er nichts übrig hat, weil er für ihn einfach nur ein Ding ist. Ist er da, ist gut, wenn nicht - auch gut. Man sollte den Menschen wieder den Wert des Hundes nahebringen und das tut man nicht, indem man sie in den Westen schafft. Straßenhunde gehören kastriert, das tun jetzt schon viele Tierschutzorganisationen, man sollte gratis tierärtztliche Versorgung anbieten und vor allem sollten Hundetrainer engagiert werden, die den Menschen zeigen, das ein Hund nützlich sein kann. Viele dieser Menschen, die ihre Hunde einfach "wegschmeißen", wissen nämlich gar nicht, was sie an diesen Tieren eigentlich hätten, das habe ich in Ungarn selbst erlebt.

Ich zeigte ihnen am Beispiel meines eigenen Rudels, was ein ausgebildeter Hund zu leisten vermag und viele kamen danach zu mir, um deren Hunde auszubilden. Innerhalb von nur zwei Jahren veringerte sich in meinem Dorf die Zahl der Kettenhunde um über die Hälfte, man sah weniger Streuner auf den Straßen, die Tiere sahen generell besser aus und die Menschen hatten ein anderes Bild von ihren Hunden. DAS ist die Alternative, die es anzustreben gilt!

Ein Hundeleben zu retten bedeutet auch, präventive Maßnahmen zu setzen, damit sich das Schicksal dieser Tiere erst gar nicht so entwickelt, wie wir es zur Zeit erleben.

Auch das ist Tierschutzgedanke. Er ist es wert, umgesetzt werden....

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