Ein Antisemit weniger. Ein Holocaustleugner weniger. Ein Rechtsstaatsverächter weniger, der den Paragrafenapparat einst als Spielfeld und später als Feind betrachtete – so wie ein Pyromane das Streichholz hasst, das zu früh erlischt.
Er war kein Dummkopf, sondern Schlimmeres: ein kluger Mann mit moralischer Abrissbirne. Einer, der Bildung für eine Lizenz zur Barbarei hielt. Der Kant zitierte und Auschwitz leugnete. Der mit Pathos gegen „die Lüge“ wetterte, während er selbst zu einer wurde. Und der nie gestürzt wurde – sondern sich freiwillig in die Tiefe warf, mit dem Triumphgefühl des Erleuchteten, den man nicht mehr retten muss.
Jetzt ist er also tot. Nein, das macht nichts gut. Nein, das verjährt nichts. Nein, das beendet nichts, außer einen Körper. Die Gedanken, die er verströmte, sind längst sedimentiert in den Kommentarspalten, auf Hetzplattformen, in AfD-Podcasts und Geschichts-YouTube-Kanälen. Mahler ist nicht der Sonderfall, er ist der Prototyp: der Intellektuelle, der lieber in den Abgrund blickt als in den Spiegel.
Sein Leben war ein einziger Verrat – an der Vernunft, an der Würde, an der Sprache. Von der linken Revolte zur völkischen Raserei, vom RAF-Anwalt zum „systemkritischen“ Rechtsradikalen mit juristischem Zwirn. Ein deutscher Weg, wie ihn nur dieses Land hervorbringen kann: tragisch in der Pose, verkommen in der Ausführung.
Und jetzt kommt das Unvermeidliche: Die Stimmen, die mahnen, man solle „auch den Tod eines Feindes mit Anstand behandeln“. Nein. Muss man nicht. Man muss die Würde des Anderen nicht achten, wenn er sein Leben der Entwürdigung anderer gewidmet hat. Man muss nicht vergeben, wenn kein einziger Satz Reue blieb. Man muss nicht schweigen, wenn das Schweigen zum Erbe gehören soll.
Mahler war kein Irrläufer. Er war der Beweis, dass man mit akademischer Schärfe und juristischer Rhetorik die Menschenwürde zersägen kann, ohne je das Werkzeug zu wechseln. Er war kein Mann, der sich verirrt hat – sondern einer, der sehr genau wusste, wohin er wollte. Und warum.
Jetzt ist er still. Die Aufgabe bleibt: nicht verharmlosen, nicht verklären, nicht psychologisieren. Sondern benennen, entlarven, erinnern. Damit sein Grab nicht zum Fundament für neue Märtyrerträume wird. Und sein Name nicht als Opferhalluzination durch die Kanäle zieht.
Horst Mahler ist tot. Das ist keine gute Nachricht. Aber eine nützliche.