Wenn der Iran zur Sprache kommt, dann denken die meisten Menschen im Westen eher nicht an das Christentum, sondern mehr an Moscheen und graubärtige Ayatollahs. Jedoch sind und waren Christen immer schon ein Bestandteil des „Landes der Arier“. Und sie besitzen ein weitaus größeres Ausmaß an Religionsfreiheit, als viele denken. Zwei Gruppen sind hier von Relevanz: Armenier und Assyrer.

Die Präsenz der Assyrer im Iran ist alt, da bereits die antiken Assyrer im heutigen Dreiländereck Türkei-Irak-Iran siedelten. Heute bezeichnet man vor allem die Angehörigen der „Assyrischen Kirche des Ostens“ und der mit Rom unierten „Chaldäischen Kirche“ als Assyrer.

Die Ursprünge der modernen assyrischen Christen liegen allerdings im damaligen Mesopotamien, im heutigen Irak, welcher damals unter persisch-saßanidischer Herrschaft stand. Die Kirche führt ihre Geschichte auf die Missionsarbeit der Aposteln Thomas und Thaddäus zurück, historisch greifbar ist sie ca. ab dem 3. Jahrhundert. Vom römisch-saßanidischen Grenzgebiet aus, begann die Kirche ihrerseits die Missionsarbeit und so gelangte ihre Liturgie in den Iran und sogar bis nach Zentralasien. Sitz des Patriarchen war bald die alte persische Hauptstadt Seleukia-Ktesiphon, deren Ruinen sich heute nahe Bagdad befinden.

Heute werden die Assyrer im Iran auf ca. 25.000-50.000 geschätzt, die meisten davon leben in Teheran und Urmia, einer Stadt im Nordwesten des Landes. Sie können ihre Religion weitestgehend frei ausüben, nur Missionierung ist ihnen untersagt, weswegen sie in ihren Gottesdiensten das Persische nicht verwenden dürfen und auf Aramäisch gepredigt werden muß. Weiters ist für sie ein Sitz im iranischen Parlament reserviert, derzeitiger Vertreter ist Yonathan Bet Kolia.

Die andere große christliche Minderheit, besser gesagt die größte und die bedeutenste, sind die Armenier. Bedingt durch die Nähe des Irans zum Kaukasus, sind die Interaktionen zwischen beiden Völkern und Kulturkreisen alt und gehen bis in die Antike zurück. Speziell der Nordwest Iran, die Region wird auch als das „Iranische Aserbaidschan“ bezeichnet, stand in seiner Historie oft in Kontakt mit Armenien und unter armenischem Einfluß.

Eine wesentliche Rolle für die Armenier im Iran spielte Schah Abbas I, ein Angehöriger der turkstämmigen Safawiden-Dynastie. Anfang des 17. Jahrhunderts ließ er eine halbe Million Armenier in sein Reich umsiedeln bzw. deportieren. Er galt als Förderer der alten Hauptstadt Isfahan, wo er die Armenier einen eigenen Stadtteil gründen ließ, Neu-Dschulfa (Benannt nach der Stadt am Araxas im heutigen Aserbaidschan). Schon bald nahmen die Armenier eine wichtige Position im wirtschaftlichen und kulturrellen Leben Persiens ein, vor allem für ihre handwerklichen Fähigkeiten waren sie berühmt.

Heute genießen die Armenier in der „Islamischen Republik Iran“ eine hohe Autonomie und ein vergleichsweise hohes Maß an Religionsfreiheit. So gibt es im Iran armenische Schulen, armenischsprachige Medien und eigene Sportvereine. Sogar ein Sportfest, welches nur Armeniern zugänglich ist, gibt es, bei dem weibliche Athleten und Zuschauer ohne Kopftuch teilnehmen dürfen. Das wohl kontroverseste Thema, der Genozid an den Armeniern, ist im Iran kein Tabuthema, in Teheran und Isfahan existieren Denkmäler. Anerkannt hat die Regierung den Genozid allerdings bis heute nicht. Wohl, um die Beziehungen zur Türkei nicht zu sehr auf die Probe zu stellen. Politisch sind sie durch zwei reservierte Sitze im Parlament vertreten.

Beschränkt wird die Religionsfreiheit dann, wenn es um Missionierung geht. Armenier müssen, wie Assyrer, in ihrer Sprache predigen, die Verwendung des Persischen ist ihnen wegen des Verbots zur Missionierung untersagt.

Autoritär geht der Iran fast ausschließlich gegen den Protestantismus und die sogenannte „Missionierung“ vor. Die beiden Faktoren lösen beim Regime eine paranoide Furcht vor einem Einfall westlicher Ideologien aus, man sieht darin ein Instrument imperalistischer Einflußnahme seitens der USA.

Alles in allem kann man dem Iran ein besseres Zeugnis in Sachen Religionsfreiheit ausstellen, als vielen westlichen Verbündeten und vielen sunnitischen Ländern. Während in Ägypten Christen schwer bewacht ihre Feste feiern müssen, stehen vor iranischen Kirchen keine bewaffneten Sicherheitskräfte.

pixabay/jplenio

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