1975: sozialistische Revolution in der Udssr

Valery Sablin galt bei seinen Freunden und Kollegen als klug, einsichtig und völlig überzeugt von der sozialistischen Ideologie. Nikolay Cherkashin etwa beschrieb ihn als „geborenen Politiker“ und meinte das keineswegs als Beleidigung.

Sablin sollte in die Geschichte eingehen als sozialistischer Revolutionär in der sozialistischen Udssr. Das ist seine Geschichte.

Sablin, geboren 1939 in Leningrad, absolvierte die Militärpolitische Lenin-Akademie und begann seine Karriere 1973 als politischer Offizier in der Marine.

Sablin erkannte nach dem er die Akademie verließ, dass die sozialistische Realität nicht so wirklich mit der Theorie im Einklang war und schlussfolgerte, wie so viele vor und nach ihm, dass die Sowjetunion kein echter Sozialismus wäre und der Grund dafür nicht in der Praxisuntauglichkeit der Ideologie lag, sondern in der Führung. Wäre er hingegen am Ruder, würde alle klappen. Er würde das sozialistische Utopia schaffen und alles was ihm im Weg war, war eine korrupte Führung, denn wenn er zur echten Revolution aufrufen würde, würden sich Soldaten, Bauern und Arbeiter als Einheitsfront hinter sich manifestieren, die korrupte Führung wegschieben, ein echtes sozialistisches System implementieren und dann würden plötzlich genügend Wohnungen, genügend Brot und genügend Waffen materialisieren um der Welt ein für alle Mal zu zeigen dass der Sozialismus die überlegene Ideologie sei. Soblin schmiedete also einen Plan.

Aber Halt: Warum kennen wir Soblins Namen und Geschichte? Woher wissen wir dass das keine antisozialistische Propaganda ist?

Im wesentlichen weil Schritt eins seines Plans das Entführen des Kriegschiffs Storozhevoy war. Blöderweise endet damit die Geschichte aber auch schon wieder, weil er damit nur für wenigen Stunden erfolgreich war.

Der Vorgang selber diente später als Vorlage für das Buch „Jagd nach roten Oktober“ von Tom Clancy und erhielt damit etwas mehr Bekanntheit.

Deswegen ist Sablin nicht vergessen.

War Valery Sablin aber ein Einzelfall, der Einzige der sich in der Sowjetunion dachte, dass die Versprechungen aus der Schule nicht so wirklich mit der Realität zusammenpassten? War der Einzige der ideologisch überzeugt war aber von der Umsetzung ernüchtert war?

Natürlich nicht.

Als man Sablin fing setzte sich niemand mit ihm zusammen und debattierte die Interpretation des kommunistischen Manifests. Er wurde eingesperrt, gefoltert, verurteilt, erniedrigt und dann nach langem Leiden am 3 August 1976 erschossen. Und er war an dem Tag mit Sicherheit nicht der Einzige der zum Wohle des Staates an dem Tag hingerichtet wurde. Mit ihm gingen Hunderte andere und es ist anzunehmen, dass viele davon, genau wie er, überzeugte Kommunisten waren die bereit waren ihr Leben zu geben um eine „echte Revolution“ vom Zaun zu brechen.

Aber hätte Sablin etwas bewirkt? Ich denke nicht.

Wie hätte er sollen? Als Nikita Khrushchev von Stalin übernahm ruderte er gewaltig den Terror Stalins zurück und versuchte zu überzeugen. Das Resultat war ernüchternd und in sehr kurzer Zeit zog er die Daumenschrauben wieder an. Warum? Weil die Bevölkerung nicht kommunistische leben will.

Der Bauer und der Arbeiter mögen Kommunismus nicht. Kommunismus ist ein wenig wie My little Pony: für kleine Kinder gemacht aber die Hardcorefans sind Nerds in ihren 20igern.

Kommunismus ist für die Menschen des kleinen Wortes gemacht, seine Fans sind aber Menschen der großen Worte.

Menschen die ein einfaches Leben führen erkennen, dass der Kommunismus in der Welt der großen Worte funktioniert, weil er funktionieren sollte. In der Praxis aber versagt er. Der Bauer und der Arbeiter wollen ihn daher nicht reformieren, sondern loswerden und durch etwas ersetzen das funktioniert.

Akademiker überzeugt man mit Worten, Arbeiter mit Fakten. Kommunismus ist gut im Bereich der Worte aber schlecht mit Fakten.

Menschen wie Valery Sablin hingegen sind so verblendet von den bombastischen großen Worten, von den Versprechungen, von der Idee was alles sein könnte, dass sie ihr und das Leben aller um sich aufs Spiel setzen um ihre Vision umzusetzen nur um in ihren letzten Minuten zu erkennen, dass der Sozialismus immer genau eine Hinrichtung vom Paradies entfernt ist.

Diesem Mantra folgte Sablin genauso wie Alexei Kosygin, nur unterschrieb eben Kosygin den Erschießungsbefehl für Sablin. Hätte Sablin Erfolg gehabt, hätte er Kosygin hinrichten lassen.

Hätte Soblin die Sowjetunion tatsächlich zum Utopia gemacht das man ihm versprochen hatte? Ich denke nicht. Nicht weil er nicht hätte wollen, sondern weil die Ideologie schlicht nicht praxistauglich ist, auch wenn sie am Papier wirklich toll klingen mag.

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Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 08.11.2023 23:24:15

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