Der Duden definiert Religion als eine „verehrende Anerkennung einer alles Sein bestimmenden göttlichen Macht oder Weltanschauung“. Eine Religion braucht also keinen Gott. Religion ist einfach eine „zentrale Wahrheit“ die als unbestreitbar von ihren Gläubigen angesehen wird. Es ist der Teil in unserem Weltbild über den wir nicht debattieren, der nicht veränderbar ist.

Atheisten gehen üblicherweise an die Decke, wenn man diese spezifische Weltsicht als Religion beschreibt, obwohl es der oben genannten Definition durchaus entspricht. Atheisten sind der festen Überzeugung, dass es keinen Gott gibt. Alle Weltbilder des Atheisten sind irgendwie mit dieser Idee verbunden, genau wie für den Theisten alle Dinge in der Welt irgendwie mit Gott verbunden sind.

Es gilt dabei zu verstehen, dass die Frage ob es einen Gott gibt (oder eben nicht) sowohl für den Religiösen als auch den Nichtreligiösen wichtig ist. Dem Agnostiker kann die Frage egal sein, für ihn ist eine Welt in dem Gott existiert gleichwertig mit einer Welt in der er nicht existiert, die Frage ist für den Agnostiker damit nicht bedeutend, was oftmals weder für den Religiösen noch für den Nichtreligiösen verständlich ist, denn wie kann die Basis des eigenen Denkens für den anderen absolut keine Relevanz haben?

Von diesem einfachen Zusammenhang stolpern wir in die komplexere Welt der atheistischen Weltbilder, der Weltbilder die ebenso fundamentale, nicht verhandelbare Wahrheiten als Basis haben aber ohne offensichtlichen Mystizismus auskommen.

Wir sprechen im Wesentlichen von den Ideologien, die alle von gewissen Grundannahmen ausgehen. Geht man etwa davon aus, dass alle Menschen von Natur aus gut sind kommt man zu einem anderen Weltbild als wenn man vermutet, dass alle Menschen von Natur aus schlecht sind.

Im ersten Fall wird man zu einem Weltbild gelangen indem man allen Menschen so viel Freiheit wie möglich geben muss damit jeder die Welt bestmöglich verbessern kann, im zweiten Fall muss man die Freiheit beschränken, weil sonst alle Amok laufen.

Ein anderes Beispiel ist die Frage ob wir alle mit dem gleichen Potential geboren sind. Wenn wir es sind dann ist der Umstand, dass wir nicht alle das Gleiche haben ungerecht, wenn man aber glaubt, dass wir alle unterschiedliche Potentiale haben dann ist das gerecht.

Wenn man denkt, dass die eigene Gruppe besser ist als alle anderen, man aber wenig hat als die anderen, dann muss jemand her der den „gerechten Zustand“ herstellt und so weiter und so fort.

All diese Ideen, all diese Wahrheiten sind „Sein bestimmend“ weil sie beeinflussen wie man sein Leben lebt und spätestens wenn die eigene Philosophie „verehrt“ wird, also als offen als besonders gut angepriesen wird, ist die Definition der Religion erfüllt.

Ideologie hat den Platz der Religion eingenommen. Wo früher Menschen dachten sie wären „besser“ weil sie ein religiöses Symbol um den Hals trugen, schmückt man sich heute mit den Symbolen der Ideologien. Jede Ideologie mit einem Symbol erfüllt damit die Definition und je öfter man die Symbole sieht, desto religiöser verhalten sich üblicherweise ihre Anhänger.

Religion ist etwas das für viele Menschen wichtig ist. Nicht nur im hier und jetzt, sondern überall und in zu jeder Zeit.

Der Grund dafür ist vermutlich schlicht und ergreifend die Notwendigkeit einer fundamentalen Wahrheit eben als Fundament der Weltsicht. Ohne diesem (pseudomystischen) Fundament kann das eigene Weltbild nicht funktionieren.

Die Frage ist nun ob Menschen mit unterschiedlichen Wahrheiten friedlich miteinander leben können.

Die Geschichte gibt hier eine eher ernüchternde Antwort.

Zu verstehen warum wir aber in all unseren Debatten nicht weiterkommen wäre aber der Schlüssel zu Frieden. Der Grund ist eben nicht, dass die anderen „die Wahrheit nicht begreifen können“ sondern dann das Gegenüber eine andere Wahrheit hat, die so fundamental mit seiner Identität verknüpft und so völlig unverhandelbar ist dass sich nie etwas ändern kann.

Die Frage ist also nun wie man damit umgehen kann und will und aus der Antwort resultiert ob wir Krieg oder Frieden mit unseren Mitmenschen haben werden.

Der erste Schritt ist aber eben den Zusammenhang zu verstehen.

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A. M. Berger

A. M. Berger bewertete diesen Eintrag 16.06.2023 11:23:57

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