systematische Statuenzerstörung in den USA

Vor 20 Jahren sprengten die Taliban in Afghanistan Buddhastatuen. Im Westen wurde das als schwere Sünde verstanden. Was tun denn Statuen Böses? Sie tun doch keinem weh und erzählen ein Stück Geschichte. Die Taliban aber erwiderten, dass genau das das Problem sei: sie wollen an diese Geschichte nicht erinnert werden! Und wenn sie endlich über die Welt herrschen, dann gibt es nur noch den Koran und der Koran sagt, dass es niemals mehr als den Koran gab.

Jetzt reißt der Mob in den USA Statuen nieder. Und ich bin geneigt, das Gleiche noch einmal zu sagen, mit dem Wissen die exakt gleiche Antwort zu bekommen.

In genau solchen Debatten mit amerikanischen Linken hat sich aber eine Sache als zentral herausgestellt: die Frage was eine Statue ist.

Für denjenigen der sie vernichten will, ist es eine Erinnerung an eine schmerzliche Sache und diese Sache will er gleichzeitig vergessen und ewig anklagen. Vor allem will er nicht, dass jemand der von dieser schmerzlichen Sache auch noch profitiert und auch nur einen Funken Anerkennung erhält.

Menschen, die diese Statuen erhalten wollen, pochen auf den historischen Wert. Es mag zwar stimmen, dass man von Statuen nichts lernen kann, aber sie geben uns einen Anhaltspunkt, um etwas nachzuschlagen. Die Pestsäulen in Mitteleuropa geben uns etwa ein Stichwort und eine Zeitspanne, die uns dann zu verstaubten Büchern führen, oder aber Wikipediaartikeln. Und dort kann man dann lernen, Lektionen die für die Zukunft nützlich wären, wie etwa einen Plan für eine Pandemie vor der Pandemie auszuarbeiten und nicht mitten drin.

Das Problem an der Sache ist das Vergessen. Wenn man seine Geschichte vergisst, ist man am besten Weg dahin den gleichen Fehler zu widerholen. Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich. Das Studium der Geschichte ist nicht das Studium von Namen und Zeitpunkten, sondern von Mustern. Es ist völlig egal in welchem Setup und zu welcher Zeit unter welcher Regierungsform eine Elite beginnt das machtlose Volk zu verachten und das offen kundzutun, das Resultat ist immer eine Emanzipationsbewegung die dann in einem nächsten Schritt versucht einen „gerechten Herrscher“ oder eine „gerechte Gruppe“ an die Macht zu bringen.

Das führt zwar meistens zu Unterdrückung, wesentlicher ist aber dass es zu einer Regierung führt die das Volk recht effizient vom Rebellieren abhält. Entweder durch Terror oder aber (seltener) durch Anerkennung des Volkes als Souverän. Letzteres zeigt sich als recht stabil und fällt wenn die Elite wieder übermütig wird.

Geschichte ist Muster. Die Pestsäule ist eng mit Covid19 verbunden, auch wenn die Pest eine völlig andere Sache war. Die Muster ähneln sich aber, so wie auch ein Elefant einer Maus ähnelt, vor allem dann wenn man das Trio Maus, Elefant, Kieselstein vergleicht.

Statuen, Mahnmale und dergleichen erinnern uns an Dinge die schon einmal waren und zeigen uns dass wir frühere Herausforderungen nicht nur bewältigt haben sondern oftmals sogar stärker aus ihnen hervorgegangen sind. Vor allem Statuen von Menschen zeigen uns wen wir idealisiert haben und sie zeigen uns wie oft wir aufs falsche Pferd gesetzt haben, wie oft jene die vor ihrer Machtergreifung für glorreich, rein, gerecht und so weiter galten, nur wenige Jahre brauchten um sich als Monster herauszustellen.

Es zeigt uns auch das Dinge die wir heute ablehnen zu diesen Zeiten so normal waren dass Helden sie taten.

Geschichte hält uns vor Augen wie einfach wir uns täuschen, wie oft wir Fehler machen, wie oft gute Intentionen zu schlechten Resultaten führten und wie markelbefleckt unsere Helden sind. Weil auch sie eben nur Menschen waren.

Für den Fanatiker ist diese Wahrheit aber unerträglich, denn ohne seine Überzeugung absolut und völlig zweifelslos mit allem im Recht zu sein, kann er nicht sein was er ist.

Für den Fanatiker ist die Geschichte daher immer ein rotes Tuch, denn die Geschichte zeigt uns wie fehlbar wir sind und dass eine Gesellschaft die seit Jahrtausenden sucht ein Utopia zu erschaffen, seit Jahrtausenden darin versagt es zu tun.

Die Geschichte lehrt uns dass wir uns ewig im Kreis drehen. Für jene die das akzeptieren gleicht diese Bewegung einem Tanz durch Raum und Zeit. Nur der Fanatiker sieht darin Versagen.

Wir sollten Statuen nicht vernichten, wir sollten mehr davon errichten, uns mehr erinnern, nicht weniger. Und wir sollten uns dessen klar werden bevor bei uns der gleiche Unsinn beginnt.

https://therayfield.com/ https://therayfield.com/thomas-jefferson-statue-toppled-as-monument-rampage-continues

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