In einer angeregten Debatte, hier auf der Plattform, kam gestern die Frage auf wo Kulturen überhaupt herkommen. Lässt man die Gründungsmythen außen vor bleiben im Grunde zwei Theorien: sie entstehen evolutionär oder sie wurden gemacht. Genau diese Frage werden wir heute näher beleuchten.

Zuerst müssen wir verstehen was eine Kultur ist. Eine Kultur ist im Wesentlichen was eine Gruppe, die Kultur, tut. Die eine Kultur etwa opfert der Sonne alle 50 Tage ein Schnitzel, eine andere betrachtet alle Menschen als gleichwertig und die nächste spricht Menschen denen die Haare am Kopf ausgehen die Daseinsberechtigung ab.

Kulturen machen unterschiedliche Dinge und nicht immer macht alles was sie tun Sinn. Aber warum tun sie was sie tun?

Eine gängige Theorie ist dass irgendwann alte Männer sich hingesetzt haben, eine Reihe von Regeln geschrieben haben und dann ihre Soldaten ausgesandt haben um diese Regeln durchzusetzen. Der Mythos lautet in etwa so:

Einst lebten wir in Harmonie mit der Natur und allen Menschen. Dann erfanden die alten Männer den Kapitalismus, Sexismus, Rassismus und so weiter und zwangen die Frauen in der Küche zu stehen und die Männer auf die Schlachtfelder ihrer Kriege

Die Idee ist hierbei, dass unsere Kultur ein Fehler, eine Perversion sei und man zu einem Ideal zurückfinden müsse und diese Idee hat erstaunlich viele Anhänger.

Das Problem an der Sache ist, dass wir dieses Ideal auch in real existierenden Urvölkern nicht finden konnten. Die Idee, dass früher mal Wasser, Weide und Wiese allen gehörte ist nicht haltbar. Selbst Kulturen die so eine Praxis (oberflächlich betrachtet) betrieben teilen nicht mit dem anderen Dorf hinter dem Hügel.

Unsere Kultur dürften, jedenfalls grundlegend, nicht am Papier erdacht worden sein. Hier kommt die Evolution ins Spiel.

Evolution bedeutet dass Dinge sich mit Situationen verändern. Was funktioniert wird gemacht und was nicht funktioniert wird, irgendwann, vergessen.

Vertreter der evolutionären Entwicklung gehen davon aus dass die Praxis vor der Regel war. Menschen taten irgendetwas bevor es ein Gesetz gab. Wenn jemand beim stehlen erwischt wurde dann wurde er von der Gesellschaft bestraft. Der Richter kam später. Die Idee war hierbei die Strafen auf einen Nenner zu bringen beziehungsweise in Streitfällen eine neutrale Stimme als Schiedsrichter ins Feld zu bekommen.

Der Richter entschied also was getan wurde und irgendwann schrieben die Richter eben nieder was man tun darf und was nicht, inklusive Strafen, wie etwa der Codex Hammurapi. Mit so einem Codex konnte man sich als Richter gegen den Vorwurf der Willkür verteidigen. Die Regeln dachte sich aber nicht der Richter aus, die Regeln sind älter. Viel älter.

Dinge wie „das Geld“ hat also tatsächlich irgendwer erfunden aber es war niemals ein König, sondern es waren wohl stets Menschen die dieses Ding brauchten und verwendeten. Die Nachfrage nach Geld war etwa vor dem Geld da. Niemand hat sich das Konzept von Angebot und Nachfrage ausgedacht, wir sind darüber gestolpert und haben das Prinzip eben angewandt. Gelehrte beschreiben dann die Mechanismen üblicherweise viel später nieder. Adam Smith hat den Kapitalismus nicht erfunden, er hat ihm nur beschreiben.

Die Fundamente sind also mit Sicherheit gewachsen, der Prunk oben drauf ist aber zum Teil konstruiert.

Praktisch jeden Tag schreibt irgendjemand ein Manifest das beschreibt wie Menschen leben sollten und wir ignorieren die meisten dieser Bücher. Zum Glück. Manche setzen sich aber durch.

Beispiele sind die Bibel, das kommunistische Manifest oder die US amerikanische Verfassung. Diese Werke kodifizierten nicht einen Istzustand sondern definierten einen Sollzustand. Alle drei wurden, mit variierendem Grad an Freiwilligkeit, durchgesetzt und die entsprechenden Kulturen wuchsen rund um die definierten Regeln. Die Regeln waren quasi die Knochen um die sich das Fleisch der Kultur dann spannten. Wo aber etwa das kommunistische Manifest primär definiert was das Volk alles zu tun habe, definiert die US-Verfassung vorwiegend in wie weit man dem Volk, als Volksvertreter, sagen dürfe was es tun und lassen kann. Die US-Verfassung versucht also eine gewisse Wildheit zu bewahren, wohingegen sozialistische Staaten versuchen den Menschen von der Wildheit wegzuführen.

Wir können also zusammenfassen, dass ein Teil einer jeden Kultur gewachsen ist und aus Notwendigkeiten stammt, ein anderer Teil aber erfunden, konstruiert und aufgezwungen wurde. Viele der Dinge die wir tun mögen einmal Sinn gemacht haben, sind aber heute eher sinnlos, andere Dinge sollten wir tun, werden aber durch fiktive Regeln und damit verbundenen kulturellen Sensibilitäten davon abgehalten.

Betrachtet man die Lebensqualität, so stellt sich heraus, dass für den durchschnittlichen Bürger ein System mit wenigen Einschränkungen, ein System das sehr nahe an den gewachsenen, natürlichen, Verhaltensweisen angesiedelt ist, sehr angenehm und produktiv ist.

Systeme in denen Völker tun was Bücher, die witzigerweise meistens tatsächlich von alten bärtigen Männern geschrieben wurden, zeigen aber oft erhebliche Schwächen auf, Case and Point: die Kulturen die dem kommunistischen Manifest, Koran oder Bibel folgen.

Der Grund liegt vermutlich darin, dass die Verfasser dieser Bücher eben nicht klüger sind als die Natur, auch wenn sie stets davon überzeugt waren, dass es so sei.

Was bleibt ist ein Apell sich von Schriften die versprechen, dass alles viel besser wird, wenn man nur alles tut was sie sagen, zu distanzieren. Keine dieser erfundenen Kulturen hat jemals funktioniert und keine Kultur die sich Menschen ausdenken können wird jemals besser funktionieren als das was Menschen eben tun.

Der Schlüssel zu einer besseren Gesellschaft liegt nicht darin auf das Fundement mehr erfundene Regeln zu packen sondern eher das funktionierende Fundament von allem zu befreien das Wohlstand und Frieden verspricht aber im Grunde immer nur Not und Krieg bringt.

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