Wie uns das Schießpulver die Demokratie (zurück) brachte

Wie zuvor besprochen definiert die Technologie die Gesellschaft. Dabei gilt es insbesondere das militärische Gerät zu beobachten.

Politische Macht stütz sich immer auf militärische Macht. Wenn eine Führung es sich mit den Jungs mit den spitzen Stöcken zu lange verscherzt wird sie recht rasch von einem General als Führer ersetzt. Es kommt nicht von ungefähr, dass autoritäre Anführer sich so gern in Uniformen kleiden und die Generäle bei jeder Party dabei sind.

Die militärische Realität ändert sich aber eben mit der technologischen. Grob betrachtet können wir zwei Extreme unterschieden: Phasen in denen Massenheere aus relativ schlecht ausgebildeten Truppen überlegen sind und Phasen in denen kleine Elitegruppen das Schlachtfeld dominieren.

In Phasen der Eliteformationen ist ein Machtgewinn dieser Elitekrieger zu beobachten. In Zeiten in denen eine Gruppe von nur 10 Kämpfern eine Gruppe von 100 Bauern in Schach halten kann sehen wir eine Machtverlagerung hin zu diesen Elitekriegern. Das ist die Zeit der Kriegerfürsten, Ritter, die Zeit der Shogun und so weiter.

Wenn besagte 100 Bauern aber plötzlich Musketen haben und ein Bauer mit einem Schuss einen Krieger, der 20 Jahre lang ausgebildet werden musste, vom Pferd ballert, ändert sich die Machtdynamik. Plötzlich macht es für den Herrscher mehr Sinn sich auf ein Massenheer zu stützen und nur noch die Koordination von ausgebildeten Profis erledigen zu lassen. Der Krieger mit seiner langjährigen Ausbildung gibt es dann zwar noch immer, aber er steht nicht mehr an vorderster Front sondern dirigiert die kämpfenden Massen aus einer sicheren Distanz.

Dieser Prozess ist aber eben nicht linear und nicht bewusst gesteuert. Was passiert passiert nicht weil eine Kabale es plant, sondern weil es nicht anders passieren kann.

Das führt zu interessanten hisorischen Ähnlichkeiten.

In vielen Dingen gleichen etwa das griechische Hoplitenheer, also bewaffnete Bürger, eher unserem Militär als den Rittern des Mittelalters. Gleichzeitig sehen wir auch politisch mehr Ähnlichkeiten zwischen uns und den alten Griechen als wir beide mit dem feudalen Europa.

Wenn das Volk die Soldaten stellt kann der Anführer das Volk bei weitem nicht so unterdrücken wie im Falle des überlegenen Supersoldaten der es im Alleingang mit einem ganzen Dorf aufnehmen kann. Das Schießpulver hat diese Form von Supersoldat, für den Moment, unmöglich gemacht.

Ein einfacher Bürger mit einer Schusswaffe ist eine reale Bedrohung für selbst die besten Kämpfer auf der Welt, wie wir etwa am zweifelhaften Erfolg der russischen Spetsnaz in der Ukraine sehen konnten: bewaffnete Zivilisten schalten Profikämpfer auf die sich Jahre auf den Krieg vorbereitet haben.

Das Argument, dass es eine Korrelation zwischen Wehrpflicht, Waffenrecht und Demokratie gibt ist daher durchaus bestechend. Dort wo der Staat sich auf das Volk als Soldaten stützt und den Bürgern gestattet gefährlich zu sein finden sich eher Demokratien als dort wo nur der jene Waffen haben dürfen die der politischen Führung Treue geschworen haben.

Ein Führer der sich auf das Volk als Soldaten stützt fördert üblicherweise eine Kultur der Stärke, umgekehrt fördert ein Führer der sich auf eine Elite stützt tendetiell eher Schwäche und Unterwürfigkeit. Nicht weil er will, sondern weil der Führer der es tut sich evolutionär durchsetzt.

Kann sich unser Status Quo ändern?

Natürlich.

Vor allem Dronen zeigen erhebliches Potential diese Machtdynamik wieder zu kippen.

Wenn das Schlachtfeld von halbautonomen Dronen dominiert wird sind wir wieder in der Situation in der es ein einziger Kämpfer, sicher in seinem Bunker sitzend, mit einem ganzen Dorf aufnehmen kann. In so einem Szenario ist es absehbar, dass die Anzahl der Krieger drastisch kleiner wird und gleichzeitig die Macht dieser Leute massiv ansteigen kann.

Diese Änderungen passieren nicht sofort, sondern gehen mit der schleichenden Erkenntnis der veränderten Situation einher. Die erfolgreichen Revolutionäre tun nicht viel mehr als diese neue Realität auszusprechen.

Regierungsformen sind wie Pflanzen, wenn die Bedingungen richtig sind, vermehren sie sich. Wenn nicht werden sie ersetzt und warten in einer Nische auf ihr Comeback. Diese Änderungen brauchen Zeit und sind nicht garantiert aber es gilt wenigstens die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Regierungsformen nicht wirklich eine Wahl sind, sondern von äußeren Umständen praktisch erzwungen werden.

Die Welt der Ritter konnte nicht Demokratisch sein und die Chance, dass die Welt der Kampfdronen eine Demokratie ist erscheint eher zweifelhaft.

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Matt Elger

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