Polizei Wien: primär Touristen vom Burkaverbot betroffen

Die ÖVP bzw. die Liste Kurz, bzw. wie sie halt gerade im Moment heisst, ist ja angeblich die große Wirtschaftspartei.

Umso erstaunlicher, als das von von ÖVP, FPÖ und SPÖ beschlossene Burkaverbot laut Bericht der Polizei-Landespolizeidirektion Wien hauptsächlich Touristen trifft. In diesem Fall wird mit einer sogenannten "Abmahnung" reagiert. Es stellt sich die Frage, welchen Sinn eine derartige Abmahnung hat, wenn Polizist (bzw. Polizistin) und Burkaträgerin (aus z.B. Saudi-Arabien oder Afghanistan) überhaupt keine gemeinsame Sprache sprechen.

Und langfristig stellt sich natürlich die Frage, ob Österreich mit dieser Maßnahme nicht Touristen vertreibt und sich selbst als Wirtschaftsstandort massiv schadet.

http://www.polizei.gv.at/wien/presse/aussendungen/presse.aspx?prid=7A525366543345464776733D&pro=0

Ich verstehe ja einerseits den Hintergrund, dass hinter dem kurios formulierten Burkaverbot ebenso wie hinter dem ebenso kurios formulierten Schweizer Minarettverbot ebenso wie hinter der früheren kuriosen Kärntner Bauordnung (damals unter LH Haider), die Moscheebauten einschränkte, etwas ganz anderes steckt, nämlich Islamkritik, oder umgekehrt: eine einigermassen mißglückte, aber auch einigermassen berechtigte Art und Weise, mit Islamkritik umzugehen.

Natürlich ist die Sache heikler, weil alle Alternativen die grundsätzliche Einstufung des Islam als Religion beeinhalten müßten.

Gerade im Falle Österreich ist das komplex: im Zuge der Annexion von Bosnien-Herzegowina (mit hohem Muslim-Anteil) wurde (so ca. um 1910) der Islam zu einer der öffentlich anerkannten Religionen gemacht, was aber hätte heissen müssen, dass die Anerkennung des Islam als öffentliche Religion mit der Kriegsniederlage 1918 und mit dem Verlust Bosnien-Herzegowinas wieder hätte rückgängig gemacht werden müssen.

Ich persönlich habe zum Burkaverbot andere Gedanken, die ich früher schon bloggte:

einerseits ist die Burka vielleicht sogar positiv, weil sie Verkehrsunfälle zu verhindern beiträgt, weil Männer nicht durch weibliche Reize am Strassenrand abgelenkt sind.

zweitens ist die Burka vielleicht sogar zumindest in Teilaspekten positiv, weil sie hoffnungslose Beziehungen zwischen muslimischen frauen und nicht-muslimischen Männern verhindert, die aufgrund des Koran, der ein derartiges Asymmetrisches Beziehungs- und Eheverbot enthält, gar nicht existieren dürfen, und die oft zu innerfamiliärer Gewalt und zu den sogenannnten "Ehrenmorden" führen.

Allerdings ist insbesondere die dunkle Burka (schwarz oder dunkelblau) problematisch, weil sie in der Sommerhitze zu Hitzestau und Kreislaufkollaps führen kann.

Ich habe in der Vergangenheit zu derartigen Themen bereits gebloggt.

Was auch im Zusammenhang mit dem Verschleierungsverbot auffällt, ist, dass es vielfach gar keine Burkaträgerinnen trifft, sondern Maskottchen, Maskenträger, etc.

Das heisst: ein eigentlich nur gegen die Burka gemeintes Verbot, das wegen der Religionsfreiheit umformuliert werden mußte in ein allgemeines Verschleierungsverbot, führt in der Praxis zu Anwendungsproblemen, die mit der Burka gar nichts zu tun haben.

Verschleierungsverbote können prinzipiell schon sinnvoll sein:

z.B. auf Gewaltdemonstrationen,

z.B. auf Verkehrsknoten mit hoher Frequenz, wo Verbrechen wahrscheinlich sind, auch in Zusammenhang mit Drogenhandel und damit in Zusammenhang stehender Beschaffungskriminalität.

Ich persönlich wurde oft in meinem Leben Opfer von Kriminalität bzw. Gewalt, aber bisher nie von Gewalt bzw. Kriminalität durch Burkaträgerinnen.

Und es geht vielleicht auch gar nicht um die Burka und die religiöse Bekleidung, sondern um alle die religiösen Vorschiften, die mit Burka und verwandten Bekleidungen zusammenhängen, darunter auch die (laut Koran bzw. den meisten seiner Interpretationen) untergeordnete Rolle der Frau, die sich vielfach aufs Kindergebären und Kindererziehen beschränkt, bzw. beschränken muss.

Aber Burka und andere islamische Kleidungsstücke (Tschador) unterscheiden sich in dieser Funktion nicht:

Wenn mit dem Burkaverbot eigentlich der mit der Religion zusammenhangende Geburtendschihad gemeint ist, wieso ist dann nur die Burka verboten, aber der Tschador erlaubt, bei dem es denselben Geburtendschihad-Zusammenhang gibt ?

Und warum wurden alle diese vorhersehbaren Probleme nicht vor der Wahl und offen und ehrlich diskutiert, sondern von Allem mit der Affäre rund um eine kaum gelesene Silberstein-Homepage abgelenkt, die noch dazu nicht besonders anders im Vergleich zu vielen Internet-Dirty-Campaignings der letzten Jahrzehnte war ?

Irgendwie hat das Burkaverbot eine Art Zeigegesetz-Charakter: Zeigegesetze sind im Unterschied zu Anwendungsgesetzen gar nicht dazu gedacht, angewandt zu werden, sondern nur dazu, hergezeigt zu werden.

Ich habe auch nach Inkrafttretung des Burkaverbots bzw. Verhüllungsverbots Burkaträgerinnen gesehen, ohne dass irgendjemand eingeschritten wäre, was den Glauben an die Gültigkeit von Gesetzen gefährden kann.

Inflationierung von Gestzen (das heisst: das Beschliessen zu vieler Gesetze) kann wie bei den Banknoten zu einer Entwertung führen, d.h. dazu, dass die Gesetze wertlos werden.

Weniger, präzisere, eingeschränktere und leicht anwendbare Gesetze sind oft besser als maximalistische, überzogene Gesetze, die die Behörden, insbesondere die Polizeibehörden sowieso nicht umsetzen können.

Und für die Polizisten und -innen gilt ähnliches wie für die Gerichte (Richter und -innen): sie sind teuer, und haben oft Besseres zu tun.

Effizienter könnte ein etwaiges Verschleierungsverbot umgesetzt werden durch Überwachungskameras des öffentlichen Raums, die auch zu anderen Zwecken eingesetzt werden könnten, z.B. Beweislieferung bei Raub- und Diebstahlsfällen.

Alles in allem: weiß der Gesetzgeber eigentlich, was er tut, oder geht es im Zeitalter des Populismus und der "Infantilisierung der Demokratie", wie der ehemalige ORF-Generaldirektor Gerd Bacher das nannte, nur mehr darum, Pseudogesetze in Hinblick auf Wahlen zu beschliessen, von denen sich dann nach der Wahl herausstellt, dass sie erstens fast nix vom Beabsichtigen bringen, zweitens hohe Kosten verursachen, drittens Ressourcen binden, die man anderweitig viel besser gebrauchen könnte ?

Vielleicht hat Österreich doch mehr von einem Schildbürgerstaat, als einem lieb ist.

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Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 20.10.2017 19:24:10

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